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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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22. Heft
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Ozzòla, Leandro: Salvator Rosa auf dem Lande
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0720

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692

Der Cicerone

Heft 22

einem Steinblock die Worte: „Hic aevi mihi prima dies“, während sein Begleiter auf
einer entfalteten Papierrolle den Brief an den „Ritter von der Feder“ verfaßt.1) Der
Maler ist auch als satirischer Dichter charakterisiert durch den Band Juvenal, den er
in der Hand hält, während sein Freund Plato und Seneca neben sich liegen hat.2)
Die Zeichnung bietet uns also nicht nur ein Selbstbildnis Rosas, sondern ist geradezu
ein graphisches Zeugnis seiner Vorliebe für das Landleben, seiner schwärmerischen
Liebe zur Natur, seiner Äbneigung gegen die Bürgerunruhen der Städte, und endlich
seiner „philosophischen Laune“ bzw. Denkerpose in der Vernachlässigung des
Äußeren („pare un Ilarione“) und im Äufsuchen der Einsamkeit.

Diese Skizze bildet also den wirksamsten Beweis der Überlieferungen, die wir
aus Baldinucci und den Briefen des Künstlers selbst besitzen, und gewinnt dadurch
die Bedeutung eines außergewöhnlichen biographischen — map möchte fast sagen
photographischen — Dokumentes.3) Wann sie entstanden ist, läßt sich nicht
bestimmt sagen, weil in dem Briefe das Datum fehlt. Rosa war wiederholt bei den
Maffei, bisweilen Jahre lang. Auch die Anspielung auf seine Abreise nach Rom,
wegen geschäftlicher Angelegenheiten, nützt uns wenig, weil seine Reisen dahin
sicherlich häufig waren, auch noch, als er im Dienste des toskanischen Hofes stand.
Den einzigen Anhaltspunkt bietet seine eigene Physiognomie auf dem Bilde, nach der
er etwa dreißig Jahre alt sein mag, so daß Skizze und Brief ungefähr ums Jahr 1645
anzusetzen wären.

Das Schreiben auf der Rückseite der Zeichnung lautet: „. . . . rori dei boschi
e dei dirupi scrivendo ne’ tronchi e nei massi: —• Care selve beate — E voi solinghi
e taciturni horrori — Di riposo e di pace alberghi veri —

Eccovi, Sig.r Cav.e in due parole et in pochi tratti di penna accennata la
vita che da otto giorni in qua passo nella Villa delli Ss.ri Maffei con il nostro
dilettissimo e virtuosissimo Rosa. Qui lontani dalle citta ciö e dai vitii viviamo a noi
medesimi qui fra la Pittura e la Poesia si guadagnano e non si consumano i giorni.
Qui insomma astratti da ogni pensiero molesto doniamo le höre al genio, che hora
ci trasporta a leggere qualche autore morale fra l’acque e l’ombre dei fossati, hora
sopra qualche monte rilevato a far satire dei mondo. Si che con ragione possiamo
imprimere in questo luogo quella vaga sentenza di Statio: hic aevi mihi prima dies.
A. V. S. ne do parte perche so quanto gradisca gli avvisi della buona salute dei *)

*) Man erkennt die Worte: „Ä1 Sigr. Cav. della Penna salute. La solitudine ...Liceo per
gli animi.che la fortuna non —“.

-) Die Übereinstimmung mit dem Briefe ist vollkommen: die Lektüre Platos und die Moral
Senecas, und die Anregung zur Satire durch Juvenal; dazu die Worte „Hic aevi mihi prima dies“
nach Statius.

“) Die Echtheit der Zeichnung kann nicht bezweifelt werden. Sie wird nicht nur bezeugt
durch die Erklärungen des Briefes, sondern auch durch die Ausführung selbst. Das Profil des
Rosa, mit der Adlernase, dem schwachen Schnurrbart und dem starken Kinn, stimmt vollkommen
mit dem bekannten Jugendbildnis überein, das Bonacina gestochen hat. Die stilistischen Eigen-
tümlichkeiten, die schnelle, ungenaue Zeichnung, die gewundenen Umrisse und die fleckigen
Schatten, entsprechen ganz denen seiner zuverlässigsten Arbeiten.
 
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