Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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22. Heft
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714
Der Cicerone
Heft 22
Der Titel lautet: Les chefs-d’ceuvre de ia
Galerie de tableaux de l’Eremitage im-
perial ä St. Petersburg. Das französische
Vorwort schrieb Baron Nicolas Wrangell, der
in einer kurzgefaßten Übersicht die Geschichte
der Galerie und ihre wichtigsten Bestandteile
erörtert. Folgen dann 239 Tafeln von jener
vortrefflichen Qualität und Schärfe der Re-
produktion, die auch diesen Band wie alle Bücher
dieser ausgezeichneten Serie zu einem hervor-
ragenden Hilfsmittel des kunstgeschichtlichen
Studiums machen. Der mit außergewöhnlicher
Sorgfalt zusammengestellte Index ist in seinen
Angaben zuverlässig und verzeichnet — soweit
als möglich —bei jedem Stücke die Provenienz,
so daß man an Hand desselben bequem auch
das allmähliche Werden der köstlichen Sammlung
verfolgen kann. Das Hanfstaenglsche Unter-
nehmen ist längst jedem Kunsthistoriker unent-
behrlich geworden und bedarf deshalb weiterer
Empfehlung nicht.
Farbige Reproduktionen nach alten Meistern.
Die Firma F. Bruckmann, Ä.-G., München haf
kürzlich die Vertretung der bekannten Medici-
Society in London übernommen, die es s'ch
schon seit einigen Jahren zur Aufgabe gemacht
hat, Meisterwerke der alten Kunst so muster-
gültig als möglich zu reproduzieren und wo
irgend angängig — in der Größe des Originales.
Die Londoner Gesellschaft hat sich im Verlauf
ihrer Tätigkeit unzweifelhafte Verdienste er-
worben, zumal die Blätter mäßig im Preise sind
(15—30 M.) und an Schärfe und Schmiegsamkeit
in der Wiedergabe das erreichbar Mögliche dar-
stellen. Sind die Blätter — zumal ihre Anzahl
heute noch beschränkt ist — zu Studienzwecken
für den Fachmann direkt kaum zu verwerten,
so dürften sie doch für den kunstgeschichtlichen
Unterricht nicht zu unterschätzende Hilfsmittel
darstellen und vor allem dazu berufen sein,
gegenüber den vielen minderwertigen Nach-
bildungen ähnlicher Art, geschmackfördernd zu
wirken. Der Kunsthandel im besonderen sollte
sich ausgiebig dieser Blätter bemächtigen, von
denen einzelne (es seien hier vor allem die
Wiedergaben nach Vermeer, Rubens, Hals, Gior-
gione, de Predis, Raffael, besonders auch die
Engländer Hoppner und Romney genannt) den
Originalen bis ins kleinste Detail, bis in die
feinsten farbigen Nuancen zu folgen vermochten.
Ich habe es persönlich z. B. nie für möglich ge-
halten, daß man technisch je bei einer Repro-
duktion den ganzen Zauber des Vermeerschen
Lichtes würde herausbringen können. Die Bruck-
mannschen Blätter — die deutsche Anstalt hat
an dem Gelingen dieser Reproduktionen einen
wesentlichen Anteil — beweisen schlagend das
Gegenteil. Der Verlag hat für Interessenten
einen kleinen illustrierten Katalog herausge-
bracht, der allen Freunden alter Kunst besonders
warm empfohlen sei. b—
Muthers Geschichte der Malerei. Eben ist
das Vermächtnis des viel bewunderten und viel
befeindeten Gelehrten im Verlag von Konrad
Grethlein, Leipzig, erschienen. Drei umfang-
reiche, ausgezeichnet illustrierte und in der tech-
nischen Herstellung einwandfreie Bände legen
zum letztenmal von der rastlosen Tätigkeit
Richard Muthers Zeugnis ab. Noch ehe sich die
Wissenschaft zu diesem Werke äußert — wozu
an dieser Stelle nicht der Platz ist — mag doch
gesagt sein, daß Muthers Hinterlassenschaft das
Bekenntnis einer reich begabten Persönlichkeit
darstellt. Seine Geschichte der Malerei ist das
letzte große Dokument seines starken künst-
lerischen Wollens und seiner hervorragenden
kulturhistorischen Gestaltungskraft. Schon beim
flüchtigen Durchblätrern fühlt man deutlich den
Drang dieses gewaltigen Temperamentes, die
Teile einer vielhundertjährigen Entwicklung zu
einer umspannenden Harmonie zu einen. War
Muther vielleicht weniger der Mann exakter
Forschung, seine Bücher haben — wofür allein
die Zukunft Zeugnis ablegen kann — dennoch
die Kunstgeschichte um viele Jahrzehnte vor-
wärtsgebracht und mehr als einmal zur Revision
unserer Urteile genötigt. Seine Geschichie der
Malerei aber wird fortan in keiner Kunstbiblio-
thek fehlen. . b —
* *
*
Bei Karl Curtius in Berlin erscheint dem-
nächst eine reich illustrierte Geschichte Ägyptens
von J. H. Breasted, deren deutsche Über-
tragung Dr. Hermann Ranke besorgt hat.
Der Verfasser ist seit langem Professor für
Ägyptologie an der Universität Chicago, und
wird aller Voraussicht nach das Thema nach
dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft er-
schöpfend behandeln. Da es sich bei dem Buch
außerdem um die erste zusammenhängende Ge-
schichte des dritten großen Kulturlandes des
Altertums handelt (Hellas ist durch die Geschichte
von Ernst Curtius gewürdigt, Rom durch Theo-
dor Mommsen) so wird die Wissenschaft dem-
selben hervorragendes Interesse entgegen-
bringen dürfen.
* *
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Der Cicerone
Heft 22
Der Titel lautet: Les chefs-d’ceuvre de ia
Galerie de tableaux de l’Eremitage im-
perial ä St. Petersburg. Das französische
Vorwort schrieb Baron Nicolas Wrangell, der
in einer kurzgefaßten Übersicht die Geschichte
der Galerie und ihre wichtigsten Bestandteile
erörtert. Folgen dann 239 Tafeln von jener
vortrefflichen Qualität und Schärfe der Re-
produktion, die auch diesen Band wie alle Bücher
dieser ausgezeichneten Serie zu einem hervor-
ragenden Hilfsmittel des kunstgeschichtlichen
Studiums machen. Der mit außergewöhnlicher
Sorgfalt zusammengestellte Index ist in seinen
Angaben zuverlässig und verzeichnet — soweit
als möglich —bei jedem Stücke die Provenienz,
so daß man an Hand desselben bequem auch
das allmähliche Werden der köstlichen Sammlung
verfolgen kann. Das Hanfstaenglsche Unter-
nehmen ist längst jedem Kunsthistoriker unent-
behrlich geworden und bedarf deshalb weiterer
Empfehlung nicht.
Farbige Reproduktionen nach alten Meistern.
Die Firma F. Bruckmann, Ä.-G., München haf
kürzlich die Vertretung der bekannten Medici-
Society in London übernommen, die es s'ch
schon seit einigen Jahren zur Aufgabe gemacht
hat, Meisterwerke der alten Kunst so muster-
gültig als möglich zu reproduzieren und wo
irgend angängig — in der Größe des Originales.
Die Londoner Gesellschaft hat sich im Verlauf
ihrer Tätigkeit unzweifelhafte Verdienste er-
worben, zumal die Blätter mäßig im Preise sind
(15—30 M.) und an Schärfe und Schmiegsamkeit
in der Wiedergabe das erreichbar Mögliche dar-
stellen. Sind die Blätter — zumal ihre Anzahl
heute noch beschränkt ist — zu Studienzwecken
für den Fachmann direkt kaum zu verwerten,
so dürften sie doch für den kunstgeschichtlichen
Unterricht nicht zu unterschätzende Hilfsmittel
darstellen und vor allem dazu berufen sein,
gegenüber den vielen minderwertigen Nach-
bildungen ähnlicher Art, geschmackfördernd zu
wirken. Der Kunsthandel im besonderen sollte
sich ausgiebig dieser Blätter bemächtigen, von
denen einzelne (es seien hier vor allem die
Wiedergaben nach Vermeer, Rubens, Hals, Gior-
gione, de Predis, Raffael, besonders auch die
Engländer Hoppner und Romney genannt) den
Originalen bis ins kleinste Detail, bis in die
feinsten farbigen Nuancen zu folgen vermochten.
Ich habe es persönlich z. B. nie für möglich ge-
halten, daß man technisch je bei einer Repro-
duktion den ganzen Zauber des Vermeerschen
Lichtes würde herausbringen können. Die Bruck-
mannschen Blätter — die deutsche Anstalt hat
an dem Gelingen dieser Reproduktionen einen
wesentlichen Anteil — beweisen schlagend das
Gegenteil. Der Verlag hat für Interessenten
einen kleinen illustrierten Katalog herausge-
bracht, der allen Freunden alter Kunst besonders
warm empfohlen sei. b—
Muthers Geschichte der Malerei. Eben ist
das Vermächtnis des viel bewunderten und viel
befeindeten Gelehrten im Verlag von Konrad
Grethlein, Leipzig, erschienen. Drei umfang-
reiche, ausgezeichnet illustrierte und in der tech-
nischen Herstellung einwandfreie Bände legen
zum letztenmal von der rastlosen Tätigkeit
Richard Muthers Zeugnis ab. Noch ehe sich die
Wissenschaft zu diesem Werke äußert — wozu
an dieser Stelle nicht der Platz ist — mag doch
gesagt sein, daß Muthers Hinterlassenschaft das
Bekenntnis einer reich begabten Persönlichkeit
darstellt. Seine Geschichte der Malerei ist das
letzte große Dokument seines starken künst-
lerischen Wollens und seiner hervorragenden
kulturhistorischen Gestaltungskraft. Schon beim
flüchtigen Durchblätrern fühlt man deutlich den
Drang dieses gewaltigen Temperamentes, die
Teile einer vielhundertjährigen Entwicklung zu
einer umspannenden Harmonie zu einen. War
Muther vielleicht weniger der Mann exakter
Forschung, seine Bücher haben — wofür allein
die Zukunft Zeugnis ablegen kann — dennoch
die Kunstgeschichte um viele Jahrzehnte vor-
wärtsgebracht und mehr als einmal zur Revision
unserer Urteile genötigt. Seine Geschichie der
Malerei aber wird fortan in keiner Kunstbiblio-
thek fehlen. . b —
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Bei Karl Curtius in Berlin erscheint dem-
nächst eine reich illustrierte Geschichte Ägyptens
von J. H. Breasted, deren deutsche Über-
tragung Dr. Hermann Ranke besorgt hat.
Der Verfasser ist seit langem Professor für
Ägyptologie an der Universität Chicago, und
wird aller Voraussicht nach das Thema nach
dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft er-
schöpfend behandeln. Da es sich bei dem Buch
außerdem um die erste zusammenhängende Ge-
schichte des dritten großen Kulturlandes des
Altertums handelt (Hellas ist durch die Geschichte
von Ernst Curtius gewürdigt, Rom durch Theo-
dor Mommsen) so wird die Wissenschaft dem-
selben hervorragendes Interesse entgegen-
bringen dürfen.
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