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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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23. Heft
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Reiche, Richart: Das Rheinische Provinzial-Museum zu Bonn
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0754

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726

Der Cicerone

Heft 23

leider nur selten eine ausgesprochene Farbe gönnte. Das durchgehends mattierte
helle Eichenholz der Türen, Rahmen und Leisten, das nur mit den helleren Rupfen
gut zusammengeht, könnte in manchen Sälen schon eine kräftige Beize vertragen.
Im Übrigen entspricht nicht nur die Innendekoration allen Anforderungen, die man an
ein modernes Museum stellen kann, auch die Verteilung und Lagerung der Räume,
die Heizungsanlage und die Lichtzufuhr zeigen, daß der Architekt sich alle Erfahrungen
der letzten Museumsbauten zunutze gemacht hat. Das eine wird jeder Besucher aufs
angenehmste empfinden und dankbar anerkennen, daß an Stelle der antiquierten
Nüchternheit im alten Bau ein moderner künstlerischer Geschmack in diese Räume ein-
gezogen ist, die jetzt den Eintretenden festlicher empfangen und ihn gerne länger
werden verweilen lassen. Derselbe künstlerische Geschmack beherrscht auch das
Arrangement der Sammlungen selbst, deren Bedeutung erst diese neue Aufstellung
voll erkennen läßt.

Der Plan des Museums, mit dem die örtliche Anordnung der einzelnen Abteilungen
aus Gründen äußerer Notwendigkeit leider nicht immer zusammengeht, folgt genau dem
geschichtlichen Gange der Entwicklung. Die beiden ersten Säle enthalten — wie
überall in der archäologischen Abteilung in etwas altertümlichen schwarz gestrichenen
mit grünen Rupfen ausgelegten Vitrinen — die Prähistorischen Altertümer, der
Steinzeit mit dem Neandertaler Schädel, der Bronzezeit mit gegossenen Werkzeugen,
Waffen und Schmucksachen, der Eisenzeit mit den rechts- und linksrheinisch ge-
ordneten Grabfunden der Hallstatt- und La Tene-Periode, unter deren düsteren Sachen
der gallische Goldschmuck aus Waldalgesheim hervorleuchtet. In Saal 3, 4 und 5
folgen in sgstematischer Ordnung römische Kleinaltertümer: die Keramik der
Kaiserzeiten, importierte und einheimische terra sigillata mit einer Serie chronologisch
geordneter Tonlampen, dann Metallarbeiten, Gefäße, Gewandnadeln und eine Reihe
wertvoller provinzialer Kleinbronzen, die auf dem grauen Künstlerleinen vorzüg-
lich stehen, ferner rheinische Terracottafabrikate, tönerne Trinkgeschirre und vor
allem eine Sammlung importierter und rheinischer Gläser, nächst der des Wallraf-
Richartz-Museums und der Sammlung Niessen-Cöln die bedeutendste des Westens.
Die nächsten drei Säle beherbergen die bei den römischen Ausgrabungen des
Museums gemachten Funde in geographischer Folge: Brand- und Skelettgräber aus
Urmitz und Andernach, dann in dem vornehm ruhig gehaltenen Oberlichtsaal 7, der
den Übergang zum Neubau bildet, Porträtbüsten aus Bonn und Schwarzrheindorf,
goldene Ringe, Ohrgehänge und Fibeln, die prachtvollen Silbergefäße und den Gold-
schmuck aus Niederbiber, ferner gehäufte, nur archäologisch interessante Funde der
Ausgrabungen von Cöln, Neuß und Xanten. Von den römischen Grabdenkmälern
sind die der Soldaten in Saal 9 untergebracht, der durch feste Scherwände in ein
Dutzend kleiner Kabinette eingeteilt wird. Damit ist einerseits eine topographische An-
ordnung ermöglicht, andererseits die Masse aller dieser farblosen Grabsteine aufgeteilt
und durch die Isolierung dem Interesse näher gebracht worden. Einige Denkmäler
interessieren auch kunstarchäologisch durch Aufbau und Reliefschmuck.

Aus diesem Saal tritt der Besucher in den Lichthof, in dessen Umgang die Grab-
steine römischer Zivilpersonen und die romanischen Skulpturen stehen, deren Posta-
 
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