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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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23. Heft
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Reiche, Richart: Das Rheinische Provinzial-Museum zu Bonn
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0758

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730

Der Cicerone

Heft 23

Heiligen, verehrt von der Familie des Stifters (Hans von Breisach), ferner Christus und
Maria vom Meister der heiligen Sippe. In einer weiteren Koje die Oberdeutsche
Malerei: von Cranach eins der frühesten datierten Bilder (1515), ein prachtvoll er-
haltener heiliger Hieronymus aus der Frühzeit Schäufeleins, die drei Marien am Grabe
von Adam Elsheimer und ein schönes weibliches Porträt von 1534. Saal 20 ist den
rheinischen Malern gewidmet: Aus einer versprengten Folge von 20 Bildern
4 Darstellungen aus der Ursula-Legende vom Meister von S. Severin und das hoch-
interessante Ältarwerk von Bornhofen: eine Kreuzgruppe mit Stifterpaar und die
Dornenkrönung zusammen mit der Kreuztragung, dazu auf 8 Einzeltafeln hl. Jung-
frauen in goldblondem Haar, die in den langfließenden Gewändern mit den zarten
gebrochenen Farben und in der monumentalen Haltung einen ganz anderen Stil
zeigen, mit den Darmstädter hl. Frauen des Berthold von Nördlingen verwandt sind
und stark an Stephan Lochner anklingen. Im 21. Saale Vlamen, Franzosen und
Engländer des XVII. und XVIII. Jahrhunderts: Im Mittelpunkt die „Geometrie“,
früher „Van Dgck“, von Cohen einem tüchtigen Nachfolger des Rubens gegeben, dann
von Reynolds, ein sehr delikates weibliches Bildnis. In den beiden folgenden Sälen
Italiener und Spanier. Hier ergänzt die Universitätssammlung, reich an guten
Lehrbeispielen desTrecento, aufs glücklichste die Slg. Wesendonk mit ihren Renaissance-
bildern. Getrennt hängen hier die Florentiner und Sienesen des XIV. und frühen
XV. Jahrhunderts mit einem Lorenzo Monaco und einer Madonna aus der Schule
Lorenzettis, die Florentiner und Umbrer des XV. und XVI. Jahrhunderts, treffliche
kleinere Gemälde der Schule von Venedig, die Italiener des XVI. und XVII. Jahr-
hunderts, vornehmlich der römischen Schule unter Raffaels Einfluß, so eine Land-
schaft von Domenichino und eine schöne Madonna von Bugiardini. Im großen
Oberlichtsaal 23, der Italiener der Renaissauce und Spanier des XVII.
Jahrhunderts enthält, ist die Hauptwand mit dem Marmorrelief des Stifterpaares
Otto und Mathilde Wesendonk geschmückt, daneben Madonnen des Giovanni Bellini
und des Moretto. Von den großen Altargemälden an den Seitenwänden’ sind zu
erwähnen: Lorenzo Luzzi, Madonna mit Heiligen, von einem Lombardischen Meister
eine Heimsuchung Mariä, Bonifacio Veneziano, Madonna mit Heiligen. Als bestes
Stück der anderen Schmalwand ein hl. Franciscus von Zurbaran, prachtvoll in seinem
Helldunkel und zwei Jagdszenen aus der Schule des Velasquez.

Die vier letzten Säle bringen die Glanzstücke der Wesendonk-Sammlung, die
Holländer des XVII. Jahrhunderts. In einem achteckigen Raume, der im Ton
alter holländischer Zimmer mit naturfarbenem Kochelleinen bespannt ist, sind die 13
besten Werke vereinigt: von Jan van Goijen der große Valkhof in Nymegen mit präch-
tiger Silhouette und drohenden Gewitterwolken, von Terborch ein feines männliches
Porträt, von Boursse ein interessantes Interieur, und unter Ostadeschem Einfluß ent-
standen ein lustig tanzendes Paar auf der Dorfstraße von Jan Miense Molenaer. Es
folgen in Saal 25 von Salomon Köninck ein Judas mit den Silberlingen, ein schönes
Bild, das die Rembrandtschule veranschaulicht, von Brekelenkam der koloristisch ex-
quisite Gemüsemann, von Terborch eine Familiengruppe und der von sechs allein übrig
gebliebene echte Ruisdael der Wesendonk-Sammlung, eine gute Landschaft. In
 
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