Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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18. Heft
DOI article:Sammlungen
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576
Der Cicerone
Heft 18
von Soest empfangen hat. Diese Orgelfassade,
1608 datiert, hat sich der Bischof von Verden
und Osnabrück für die Kirche seiner Sommer-
residenz Rotenburg machen lassen. Bei dem
Umbau des Gotteshauses 1860 wurde das Stück
veräußert und ging in Privatbesitz über, wo
Dr. Schaefer es jetzt fand, teils als Bücherschrank,
teils als Spiegelrahmen. Es ist ein Frühwerk
des Meisters, von großer Feinheit im Äufbau
und mit sehr schönen Details, reiner im Stil als
die Hauptwerke des Künstlers, die etwas Ver-
wildertes haben — reiner und edler übrigens
auch, als die berühmten Lüneburger Werke des
Ä. von Soest. Eine Publikation über dieses
Prachtstück und über das ganze Schaffen Münster-
manns bereitet Herr Dr. K. Schaefer vor.
FRANKFURT a. M. -.-
ln diesem Sommer waren es zwölf Jahre,
seitdem in Frankfurt a. M. das Goethe-
Museum im Anschluß an das Goethehaus ins
Leben getreten ist. Nahezu 40000 Bände um-
faßt bereits die Goethebibliothek, sehr reich-
haltig ist auch die Handschriften und Gemälde-
sammlung aus Goethes Zeit. Seit langem sind
sich die maßgebenden Kreise darüber klar, daß
ein Neubau für das Goethe-Museum geschaffen
werden muß, und nun soll es, wie man hört,
in absehbarer Zeit damit tatsächlich Ernst wer-
den. Schon vor längerer Zeit hat die Frank-
furter Stadtverwaltung die beiden dem Goethe-
hause benachbarten Gebäude am großen Hirsch-
graben und am Salzhaus käuflich erworben.
Man wird sie in in absehbarer Zeit niederreißen
und an ihrer Stelle einen imposanten Neubau
für das Museum errichten. Man plant einen
Eckbau im Stile von 1790, ähnlich dem alten
Goethehaus.
8
LÄNDSHUT (Niederbayern) ====-
Hier wird mit Unterstützung der Stadt ein
eigenes städtisches Museum errichtet, das
zunächst im sog. Pfarrstadel untergebracht
werden soll.
8
MÜNCHEN ■ -
Die feierliche Eröffnung der Schackgalerie
hat am 19. September stattgefunden. Die
Galerie ist seit dem 22. September wieder für
den allgemeinen Besuch zugänglich. Über die
Neuordnung und Aufstellung wird im nächsten
Heft ausführlich berichtet werden.
REIMS -
Das Museum zu Reims gehört mit in die
Reihe der bedeutenderen, französischen Provinz-
müseen. Sein Besitzstand hat sich seit dem
Jahre 1881 von 338 Bildern auf 773 Ölgemälden
gehoben. Der Zuwachs des Museums im Laufe
des XIX. Jahrhunderts setzt sich fast ausschließ-
lich aus Geschenken und Vermächtnissen zu-
sammen. Seit dem Jahre 1828 zählt das Museum
zu Reims gegen 130 Stifter, darunter haupt-
sächlich Bürger der Stadt, die einzelne Kunst-
werke, ganze Sammlungen oder auch ihren
gesamten Besitz dem Museüm vermachten. Im
Jahre 1886 vermachte der Reimser Großkauf-
mann Pierre Lundy aine dem Museum seiner
Vaterstadt seine Kollektion von hundert Bildern,
1891 schenkte Alfred Varnier mehrere hundert
kunstgewerbliche Gegenstände, 1899 stiftete
Wasnier-David etwa 30 Bilder bester Qualität
der französischen Schule von 1830 und Herr
Sube seine ungleichwertige Galerie und 100000
Frank. Im Jahre 1907 hinterließ der Gründer
und Mitinhaber der bekannten Sektkellerei von
Pommery, Herr Henry Vasnier, seine Gemälde-
galerie von 362 Bildern dem Museum mit der
Bedingung, daß die Stadt ein neues Museums-
gebäude errichte und seine Stiftung ungetrennt
zur Aufstellung bringe. Da die Stadt dieses
Museumsgebäude bis heute noch nicht errichtet
hat, so befindet sich diese Sammlung jetzt
noch in dem Privathause des verstorbenen
Herrn Vasnier. Sie umfaßt neben einer Reihe
moderner Bilder zweiten Ranges Gericault, Zwei
Offiziere zu Pferd, Delacroix, Desdemona (1850),
Daumier, le peintre embarrasse, Corot, Avig-
non (erste Periode); ferner 6 Corot, 5 Boudin,
8 Harpignies, 2 Jongkind, 2 Courbet, 4 Chin-
treuil, Troyon, Millet, Ziem, Diaz, Renoir, Ia
repetition du röle, Rousseau, la lisiere du foret,
Daubigny, Monet, Pissaro, Lepine, Cottet,
Thaulow usw.
Bis vor kurzem existierte vom Museum zu
Reims nur ein sehr unvollkommer Katalog, den
1881 der Konservator Henri Jadart zusammen-
gestellt hat. Er enthielt ein trockenes Verzeich-
nis der Bilder. Neuerdings hat Frau Godbillon-
Sartor einen räsonnierenden Katalog der Ge-
mälde, Pastelle, Gouachen, Aquarelle und Minia-
turen des Reimser Museums herausgegeben, zu
dem Henri Jadart ein Vorwort und Professor
Jacquemot in Reims eine historische Einleitung
geschrieben hat (Paris, Georges Petit 1909,
3 Frank). Erscheint es uns Deutschen einer-
seits befremdend, daß die Stadt Reims nicht
selbst für die Herausgabe eines Kataloges ihres
Museums, dem soviele Bürger Stiftungen zuge-
Der Cicerone
Heft 18
von Soest empfangen hat. Diese Orgelfassade,
1608 datiert, hat sich der Bischof von Verden
und Osnabrück für die Kirche seiner Sommer-
residenz Rotenburg machen lassen. Bei dem
Umbau des Gotteshauses 1860 wurde das Stück
veräußert und ging in Privatbesitz über, wo
Dr. Schaefer es jetzt fand, teils als Bücherschrank,
teils als Spiegelrahmen. Es ist ein Frühwerk
des Meisters, von großer Feinheit im Äufbau
und mit sehr schönen Details, reiner im Stil als
die Hauptwerke des Künstlers, die etwas Ver-
wildertes haben — reiner und edler übrigens
auch, als die berühmten Lüneburger Werke des
Ä. von Soest. Eine Publikation über dieses
Prachtstück und über das ganze Schaffen Münster-
manns bereitet Herr Dr. K. Schaefer vor.
FRANKFURT a. M. -.-
ln diesem Sommer waren es zwölf Jahre,
seitdem in Frankfurt a. M. das Goethe-
Museum im Anschluß an das Goethehaus ins
Leben getreten ist. Nahezu 40000 Bände um-
faßt bereits die Goethebibliothek, sehr reich-
haltig ist auch die Handschriften und Gemälde-
sammlung aus Goethes Zeit. Seit langem sind
sich die maßgebenden Kreise darüber klar, daß
ein Neubau für das Goethe-Museum geschaffen
werden muß, und nun soll es, wie man hört,
in absehbarer Zeit damit tatsächlich Ernst wer-
den. Schon vor längerer Zeit hat die Frank-
furter Stadtverwaltung die beiden dem Goethe-
hause benachbarten Gebäude am großen Hirsch-
graben und am Salzhaus käuflich erworben.
Man wird sie in in absehbarer Zeit niederreißen
und an ihrer Stelle einen imposanten Neubau
für das Museum errichten. Man plant einen
Eckbau im Stile von 1790, ähnlich dem alten
Goethehaus.
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LÄNDSHUT (Niederbayern) ====-
Hier wird mit Unterstützung der Stadt ein
eigenes städtisches Museum errichtet, das
zunächst im sog. Pfarrstadel untergebracht
werden soll.
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MÜNCHEN ■ -
Die feierliche Eröffnung der Schackgalerie
hat am 19. September stattgefunden. Die
Galerie ist seit dem 22. September wieder für
den allgemeinen Besuch zugänglich. Über die
Neuordnung und Aufstellung wird im nächsten
Heft ausführlich berichtet werden.
REIMS -
Das Museum zu Reims gehört mit in die
Reihe der bedeutenderen, französischen Provinz-
müseen. Sein Besitzstand hat sich seit dem
Jahre 1881 von 338 Bildern auf 773 Ölgemälden
gehoben. Der Zuwachs des Museums im Laufe
des XIX. Jahrhunderts setzt sich fast ausschließ-
lich aus Geschenken und Vermächtnissen zu-
sammen. Seit dem Jahre 1828 zählt das Museum
zu Reims gegen 130 Stifter, darunter haupt-
sächlich Bürger der Stadt, die einzelne Kunst-
werke, ganze Sammlungen oder auch ihren
gesamten Besitz dem Museüm vermachten. Im
Jahre 1886 vermachte der Reimser Großkauf-
mann Pierre Lundy aine dem Museum seiner
Vaterstadt seine Kollektion von hundert Bildern,
1891 schenkte Alfred Varnier mehrere hundert
kunstgewerbliche Gegenstände, 1899 stiftete
Wasnier-David etwa 30 Bilder bester Qualität
der französischen Schule von 1830 und Herr
Sube seine ungleichwertige Galerie und 100000
Frank. Im Jahre 1907 hinterließ der Gründer
und Mitinhaber der bekannten Sektkellerei von
Pommery, Herr Henry Vasnier, seine Gemälde-
galerie von 362 Bildern dem Museum mit der
Bedingung, daß die Stadt ein neues Museums-
gebäude errichte und seine Stiftung ungetrennt
zur Aufstellung bringe. Da die Stadt dieses
Museumsgebäude bis heute noch nicht errichtet
hat, so befindet sich diese Sammlung jetzt
noch in dem Privathause des verstorbenen
Herrn Vasnier. Sie umfaßt neben einer Reihe
moderner Bilder zweiten Ranges Gericault, Zwei
Offiziere zu Pferd, Delacroix, Desdemona (1850),
Daumier, le peintre embarrasse, Corot, Avig-
non (erste Periode); ferner 6 Corot, 5 Boudin,
8 Harpignies, 2 Jongkind, 2 Courbet, 4 Chin-
treuil, Troyon, Millet, Ziem, Diaz, Renoir, Ia
repetition du röle, Rousseau, la lisiere du foret,
Daubigny, Monet, Pissaro, Lepine, Cottet,
Thaulow usw.
Bis vor kurzem existierte vom Museum zu
Reims nur ein sehr unvollkommer Katalog, den
1881 der Konservator Henri Jadart zusammen-
gestellt hat. Er enthielt ein trockenes Verzeich-
nis der Bilder. Neuerdings hat Frau Godbillon-
Sartor einen räsonnierenden Katalog der Ge-
mälde, Pastelle, Gouachen, Aquarelle und Minia-
turen des Reimser Museums herausgegeben, zu
dem Henri Jadart ein Vorwort und Professor
Jacquemot in Reims eine historische Einleitung
geschrieben hat (Paris, Georges Petit 1909,
3 Frank). Erscheint es uns Deutschen einer-
seits befremdend, daß die Stadt Reims nicht
selbst für die Herausgabe eines Kataloges ihres
Museums, dem soviele Bürger Stiftungen zuge-