die erlauchten Alteften des Salon, wie Matiffe, unter den Jüngften keine Nachfolge
finden, und daß andere namhafte Künftler, wie Friesz keine gelehrigen Schüler haben,
daß Lßote nur von einigen fcßwedifcßen jungen Damen bewundert wird, denen er
in feiner Akademie die Malerei beibringt, und daß der Manierismus eines eleganten
Illustrators, wie Gimmi, den biedern Ärmlichkeiten eines Simon Levy Geltung ver-
fcßafft, ebenfo wie den Landfcßaften eines Jüngeren, Guizet, der gleich aufrichtig ift.
Gerade die Neigung zur Offenheit, das Über wiegen eines tiefen Naturfinnes erfreut
mich an den Bildern gewiffer Maler, die diefes Jahr ausftellen, wie Kay [er, Verger
Sarrat, Gromaire, Guindet, Lewitska, Dubreuil, Loliron, einem ganz jungen
Maler, der zu den größten Hoffnungen berechtigt durch feine Geftaltung fcßöner For-
men: dem Sohn des großen Bildhauers Maillol, Lucien Maillol, Chabaud, Kars,
der auf leichte Erfolge verzichtet, um das Natürliche zu Juchen — was freilich die
fcßwierigere Aufgabe ift.
Ich beftreite die Begabung eines Gernez, eines Bissiere, auch eines Lhote nicht
— er ift ein intelligenter Verallgemeinerer vermöge feiner Fjandfcßrift und der Dar-
ftellung aktueller Probleme in der Kunft — noch verkenne id) die zahlreichen be-
gabten Maler, die ihr wahres Ualent unter einem Aufwand von beftecßender Virtuo-
fität verbergen. Aber ich ziehe ihnen folche vor, die wie Utrillo eine natürliche,
ungekünftelte Kunft hervorbringen. Und gerade das Ungekünftelte ift, wie ich bereits
in meinen früheren Berichten auszufprechen Gelegenheit hatte, fo feiten in der modernen
Kunft. Auch ift es bedauerlich, feftzuftellen, daß die feltenen merke, die diefe wefent-
licße Qualität haben, den verdorbenen Gefchmack der Kritiker und des kunftlieben-
den Publikums weniger für fid) gewinnen als der fcßmeicßlerifche Manierismus der
Virtuofen.
Die Gegenwart von Segonzac oder March and, deffen leßte merke einen neuen
3uftand in feiner Entwicklung zeigen, eines Picaffo und befonders Derain, der
immer auf den großen Ausheilungen fehlt, würde den gegenwärtigen Stand der
Malerei noch beffer haben erkennen laffen.
Der berühmtefte, am meiften befprocßene Maler der jungen Generation ift ohne
3weifel Derain. Seine Malerei, die die eines großen Kenners ift, wird augenblicklich
am meiften verehrt. Derain aber ift ein großer Gelehrter, und die miffenfcßaft, mit
der er fich befaßt, ift gewiffermaßen efoterifcß. Er fießt ein Geheimnis in der Malerei
der großen Meifter und in der Kunft überhaupt. (Uie Derain feine einzige Auslegung
der Malerei in die Cat umfetjt, liegt vielleicht am Rande deffen, was wir gewohnt find,
in der Kunft zu fucßen. Aber er rührt an die großen Geßeimniffe der Kunft, wenn
er mit Proportionen und Ließt fcßaltet, und die Formen in den Raum ßüllt. Seine
Bauptftärke liegt in der Ausgewogenheit des gemalten tUerkes. Ulie follte es auch
verwundern, daß er, der feine Laufbahn nur mit dem Studium der Antike, der roma-
nifeßen und gotifeßen Bildner, großer Maler, wie der Primitiven, Rembrandts, Raphaels,
bis zu den Modernen: Courbet, Corot, Renoir — verbracht hatte, daß er gerade im
Laufe folcßer Studien eine Fjandfcßrift großen Stils erwarb! Von immer wacher Neu-
gier, wird er feine fieberhaften Forfcßungen fortfefeen und von den einen verßößnt
werden, die in feinen merken nur die Nachahmung großer Meifter feßen möchten, be-
wundert aber von den andern wegen der natürlichen Kraft, der großen Anmut, die
feine Bilder haben. Sie find keineswegs trübe, wie feine Neider behaupten, vielmehr
von einer bezaubernden Schwere. Seine umficßtig abgeftimmte Palette gibt feinen
merken einen fonnigen Klang. 3ugleicß find fie erfüllt von tiefem Ernft und Gefühl.
So verfeßiedenartig zufammengefe^t die Perfönlicßkeit Derains feßeint, fie ftellt doch
etwas Gefcßloffenes vor. Die Mannigfaltigkeit feines Calents, feine unerfättlicße Sucht
naeß Neuem, dem er in den verfeßiedenen Arten feiner Malerei Ausdruck gibt, laffen
mieß in der Literatur an einen feßr verwandten Geift denken: Remy de Gourmont.
Myftifcß, finnenfreudig, geiftig, raffiniert zugleich, ßat diefer Geift alle menfcßlicßen
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finden, und daß andere namhafte Künftler, wie Friesz keine gelehrigen Schüler haben,
daß Lßote nur von einigen fcßwedifcßen jungen Damen bewundert wird, denen er
in feiner Akademie die Malerei beibringt, und daß der Manierismus eines eleganten
Illustrators, wie Gimmi, den biedern Ärmlichkeiten eines Simon Levy Geltung ver-
fcßafft, ebenfo wie den Landfcßaften eines Jüngeren, Guizet, der gleich aufrichtig ift.
Gerade die Neigung zur Offenheit, das Über wiegen eines tiefen Naturfinnes erfreut
mich an den Bildern gewiffer Maler, die diefes Jahr ausftellen, wie Kay [er, Verger
Sarrat, Gromaire, Guindet, Lewitska, Dubreuil, Loliron, einem ganz jungen
Maler, der zu den größten Hoffnungen berechtigt durch feine Geftaltung fcßöner For-
men: dem Sohn des großen Bildhauers Maillol, Lucien Maillol, Chabaud, Kars,
der auf leichte Erfolge verzichtet, um das Natürliche zu Juchen — was freilich die
fcßwierigere Aufgabe ift.
Ich beftreite die Begabung eines Gernez, eines Bissiere, auch eines Lhote nicht
— er ift ein intelligenter Verallgemeinerer vermöge feiner Fjandfcßrift und der Dar-
ftellung aktueller Probleme in der Kunft — noch verkenne id) die zahlreichen be-
gabten Maler, die ihr wahres Ualent unter einem Aufwand von beftecßender Virtuo-
fität verbergen. Aber ich ziehe ihnen folche vor, die wie Utrillo eine natürliche,
ungekünftelte Kunft hervorbringen. Und gerade das Ungekünftelte ift, wie ich bereits
in meinen früheren Berichten auszufprechen Gelegenheit hatte, fo feiten in der modernen
Kunft. Auch ift es bedauerlich, feftzuftellen, daß die feltenen merke, die diefe wefent-
licße Qualität haben, den verdorbenen Gefchmack der Kritiker und des kunftlieben-
den Publikums weniger für fid) gewinnen als der fcßmeicßlerifche Manierismus der
Virtuofen.
Die Gegenwart von Segonzac oder March and, deffen leßte merke einen neuen
3uftand in feiner Entwicklung zeigen, eines Picaffo und befonders Derain, der
immer auf den großen Ausheilungen fehlt, würde den gegenwärtigen Stand der
Malerei noch beffer haben erkennen laffen.
Der berühmtefte, am meiften befprocßene Maler der jungen Generation ift ohne
3weifel Derain. Seine Malerei, die die eines großen Kenners ift, wird augenblicklich
am meiften verehrt. Derain aber ift ein großer Gelehrter, und die miffenfcßaft, mit
der er fich befaßt, ift gewiffermaßen efoterifcß. Er fießt ein Geheimnis in der Malerei
der großen Meifter und in der Kunft überhaupt. (Uie Derain feine einzige Auslegung
der Malerei in die Cat umfetjt, liegt vielleicht am Rande deffen, was wir gewohnt find,
in der Kunft zu fucßen. Aber er rührt an die großen Geßeimniffe der Kunft, wenn
er mit Proportionen und Ließt fcßaltet, und die Formen in den Raum ßüllt. Seine
Bauptftärke liegt in der Ausgewogenheit des gemalten tUerkes. Ulie follte es auch
verwundern, daß er, der feine Laufbahn nur mit dem Studium der Antike, der roma-
nifeßen und gotifeßen Bildner, großer Maler, wie der Primitiven, Rembrandts, Raphaels,
bis zu den Modernen: Courbet, Corot, Renoir — verbracht hatte, daß er gerade im
Laufe folcßer Studien eine Fjandfcßrift großen Stils erwarb! Von immer wacher Neu-
gier, wird er feine fieberhaften Forfcßungen fortfefeen und von den einen verßößnt
werden, die in feinen merken nur die Nachahmung großer Meifter feßen möchten, be-
wundert aber von den andern wegen der natürlichen Kraft, der großen Anmut, die
feine Bilder haben. Sie find keineswegs trübe, wie feine Neider behaupten, vielmehr
von einer bezaubernden Schwere. Seine umficßtig abgeftimmte Palette gibt feinen
merken einen fonnigen Klang. 3ugleicß find fie erfüllt von tiefem Ernft und Gefühl.
So verfeßiedenartig zufammengefe^t die Perfönlicßkeit Derains feßeint, fie ftellt doch
etwas Gefcßloffenes vor. Die Mannigfaltigkeit feines Calents, feine unerfättlicße Sucht
naeß Neuem, dem er in den verfeßiedenen Arten feiner Malerei Ausdruck gibt, laffen
mieß in der Literatur an einen feßr verwandten Geift denken: Remy de Gourmont.
Myftifcß, finnenfreudig, geiftig, raffiniert zugleich, ßat diefer Geift alle menfcßlicßen
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