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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0071

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Sammlungen

wähnt, daß die bis je^t im italienifchen Cinque-
centofaal untergebrachten Florentiner (Bacchiaca,
Bronzino, Vasari und das bis jetjt nid)t ausge-
stellt gewefene Sankt Annafelbdrittbild, welches
nach der Beftimmung von F). Voss von dem
Florentiner Girolamo Macd)ietti herrührt) mit den
im zweiten Stock befindlichen Coskanern des
17. Jahrhunderts vereinigt wurden, fo daß auf
diefe Kleife ein befonderer toskanifcher Saal
gefcßaffen wurde. In dem Ciepolo-Saal wurde
die von Mr L. Ä. Nicholfon (London) gefchenkte
prächtige Santa Cecilia von Andrea Vaccaro
und die in Kompofition und Farben wirkungs-
volle Anbetung der heiligen Dreikönige, welches
Bild unter der Einwirkung von Paolo Veroneses
gleichnamigem Gemälde in der National Gallery
zu London entftanden ift, gehängt. Es ift ein
Gefchenk von Eugen Boroß.
Der große italienifche Cinquecentofaal enthält
jetzt nach Entfernung der toskanifchen Bilder
ausschließlich ülerke norditalienifcher und vene-
zianifcher Maler, darunter das von Karl v. Pulszky
1894 erworbene fchöne Ältarblatt mit den I)ei-
lägen Georg, Laurentius und Johannes dem
Cäufer von Califto Piazza da Lodi (erwähnt von
Berenfon, North Italian Painters of the Renais-
sance), welches bis jetzt wegen Mangels an Platz
im Vorrat des Mufeums auf bewahrt wurde, fo-
rmt zum erften Male zur Aufteilung gelangt.
Daneben hängt auch Andrea Schiavones Chriftus
auf dem öüege nad) Golgatha. Als Bereicherung
des italienifchen Crecento-Raumes fei erwähnt
Don Lorenzo Monacos „Szenen aus dem Leben
der Eremiten“, welches Bild in der ehemaligen
National Galerie (Budapeft) als toskanifche Arbeit
des 14.—15. Jahrhunderts ausgeftellt war und von
CI. Suida als Lorenzo Monaco beftimmt wurde
(Monatshefte für Kunftwiffenfchaft VII. S. 5,
Caf. 3). Ferner gelangte hier zur Aufteilung ein
ftattliches Criptychon von 1426 mit der thronenden
Madonna, Kind, mupzierenden Engeln und vier
männlichen Fjeiligen, erworben 1891 von Karl
v. Pulszky und im Inventar als Clerk Neri di
Biccis verzeichnet. Diefes zum erften Male in der
Galerie ausgeteilte Altarwerk dürfte von Lorenzo
di Niccolö herrühren, dem ein verwandtes Cripty-
chon mit der Krönung Mariae in Chantilly zuge-
wiefen wird (abg?b. in F. Ä. Gruyer, La pein-
ture au chäteau de Chantilly. Paris 1896) Bei
diefer Gelegenheit fei auch erwähnt, daß eine
aus der Sammlung des Grafen Johann Pälffy
pammende Pieta (Nr. 85) als djarakteriftifches
Clerk des feltenen ligurifchen Malers Gian Mar-
tino Spanzotti (nachweisbar von 1481—1524),
des Lehrers von Sodoma, feftgeftellt werden
konnte.
In dem ßämifchen Oberlichtfaal wurde das
große, von einem Schüler oder Nachfolger
van Dycks (vielleicht in England) gemalte
Reiterbildnis, in dem englifcben Kabinett 3offanys
David Garrick und Mrs. Cibber in der Rolle von

Jaffaer und Belvidere in „Venice Preserved“
(Mezzotintoftich von Mac Ardell, London 1764)
untergebracht. (Diefe zwei letztgenannten Bilder
und der Schiavone find gleichfalls Gefchenke
von Eugen Boroß.) Die Arbeiten Fjaager Kürzer
pnd in einem befonderen Kabinett vereinigt
worden. Fjier gelangte zur Aufteilung das präch-
tige Fifchftück von Abraham von Beyeren, welches
der Kgl. Rat Marzeil von Nemes 1921 dem
Mufeum fchenkte. (Ausgeftellt mit den Bildern der
Sammlung Nemes in der alten Pinakothek in
München 1911, Nr 1, und dn Düffeldorf 1912,
Nr. 53.) Ein hochintereffantes Bild des fjaager
Kabinetts, eine Landfchaft mit drei Bauern im
Gefpräd), weiche bis jetzt mit dem Namen Jan
van Goyens in Verbindung gebracht wurde,
konnte als eine Arbeit von Pieter de Molyn,
dem 3eitgenoffen van Goyens, feftgeftellt werden.
Die Figuren beherrfchen ihres großen Formats
wegen das Bild und kehren analog auf einem
Gemälde der Sammlung Johann Biehn in Buda-
peft wieder, welches höchftwahrfcheinlid) auch
von Molyn h^rrührt.
Durch ein hochherziges Vermächtnis ausder ehe-
maligen Sammlung Lucas Enyedi (Budapeß) wur-
den durch die Schenkung der verftorbenen Gräpn
Andreas Ladänyi'Ni^ky der Galerie alter Meifter
neun Gemälde zugeführt. Fjerr urcj prau Philipp
Cleiss (Budapeft) fchenkten der Galerie „Das
Martyrium des heiligen Andreas“ von iMartin
Fjohenberg gen. Altomonte, FrauÄttila v.Beniczky
vermachte ihr eine Landfchaft mit Clafferfall, ge-
malt von Chriftian Clilhelm Ernft Dietrich. Als
neuepe Erwerbung fei erwähnt ein Interieur mit
Dame, welche einen Brief lieft, von Pieter
de Fjood) (Fjofftede de Groot, Nr. 177). Über
diefe zuletzt genannten Bilder, welche z. 3- in
der Galerie noch nicht ausgehängt find, foll
demnächft hier Näheres mätgeteilt werden.
Das Güiener Barock-Mufeum
Über diefe — wie fcheinen will — gerade
für tüien außerordentlich glückliche mufeale
Neugründung im unteren Belvedere, in dem „von
1903 an die moderne Galerie (Dörnhöffers) die
tüände mit Scherwänden verbarrikadierte“, ift
kürzlich eine von F. M. Fjaberditzl beforgte,
mit 190 Bildertafeln verfehene Veröffentlichung
im Kunftverlag Anton Schroll & Co. in tüien
erfchienen, die nicht nur als zuverläfpger Kata-
log ihre bleibende Bedeutung hat, fondern ge-
rade dem Nichtwiener einen tiefen Einb'ick in
d n Inhalt und den programmatifchen Aufbau
der neuen Sammlung gewährt. — Über diefe
für ttliens mufeales Programm ungewöhnlich
wichtige Catfache ift an diefer Stelle bereits
eingehend berichtet worden. Crotjdem erfd)ließt
pch dem Außenftehenden erft auf Grund der
hier angezeigten Publikation die richtige Vor-
ftellung, die im befonderen dem Organifator
der Darmftädter Jahrhundertauspellung von 1914

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