Ausheilungen
Valeurgenüffe. Nicht eigenfte Findungen laffen
hier aufmeikfam, fondern die freie Geratenl)eit
einer in der Akkordik wie in der räumlichen
Eerraffierung, in Stimmung und Reim ungewöhn-
lich glücklichen und keineswegs einfcbicbtigen
Malerei. —
Eugen Spiros Landfdjaften in derKleinen
Galerie, Ausbeute einer dalmatifcben Reife,
machen vom Licht mehr her. als daß pe es in
feiner den Raum füllenden, ihn gruppierenden
Energie oder auch nur als leuchtenden Schimmer
aufzeigten. So bleibt hier Vieles kalkig und
kalt, die Geländeform oft zerftreut. Spiros
Malerei ift nicht ohne gute Eradition und ftellen-
weife nicht reizlos. Aber Ragufa und Spalato
vermochten nicht, pe über ihre paffablen Ge-
wohnheiten hinaus zu begeiftern. —
Bei Gurlitt letzte Gemälde von BrunoKraus-
k opf, diefes bis zur Einbuße ftiliftifcber Pbyfio-
gnomie CUandelbaren. Er hatte vordem eine
altmeifterliche, eine fpiritiftifche, eine wohlig
koloriftifcße und noch manche andere Manier
und gibt pch jetjt mehr als dämonifch erregter
Imprefponift. Intereffant ift ermeift, zumal jetjt
aber gerade im fatalen Sinne: Krauskopf macht
immer was vor. Seine Diktion liebt teils ein
munkelndes Verwifcben, teils faloppe Bravour.
Sein Können gefällt pch in Verfcbleiern, Fiebern
oder Auftrumpfen, ftets mit einer gewiffen
Schnoddrigkeit der Allüren, tdiderwärtig wird
die diffufe Schmerzlichkeit mimifcben Ausdrucks
wenn Krauskopf fich ohne jeden Einfatj künftle-
rifch-gläubiger Fjingebung an Ehemen wie
Chriftus oder die Madonna macht. Das pikante
Schwefellicht mancherLandfchaften, die fcharmu-
zierende Fluktuation darin ift bloßer Effekt, der
pch rafch aufbraucht. Dabei ift die Malerei im
farbigen Detail fehr amüfant und von einer
nicht alltäglichen Komplikation prickelnder Eöne.
Ein Stück wie z. B. der „Uleibnacbtsbaum“ ift
keineswegs unanfehnlich im Ornament noch in
der koloriftifchen Inftrumentation. Aber man
muß diefen Krauskopf, der fo fkrupellos arbeitet,
mit ftrengen Augen betrachten. —
Recht freundliche, anfprecbendkoloriertefjarm-
lopgkeiten des Ungarn Bela Kädär brachte
der „Sturm“ und überfchä^t damit die inter-
nationale Geltung diefer Eier und Stern, Reiter
und Bäuerin oval zufammenfchaukelnden Vignet-
ten, die trot> Anleihen bei Chagall keine tiefere
Ppantaftik des Einfalls aufweifen. —
Das Graphifche Kabinett J. B. Neumann
(jetjt von Karl Nierendorf geleitet) zeigte,
außer zum Eeil doch bedenklich bengalifcben
Nolde-Aquarellen, Blätter von O. Dix, deffen
tolle Kraft und Vielfeitigkeit neuerdings be-
tätigend. Oft, zumal im Fjinblick auf die farbigen
Lithos, kann man ihn den Erneuerer Eouloufe-
Lautrecs nennen, — aber das ift nur eine
feiner Möglichkeiten. Sehr wichtig die Litho-
Publikation „Zeitgenoffen 1923“. — Bei Flecht-
heim in bunter Reihe charmante kleine Lüftern-
heiten von 0. Sch off, proviforifch wirkende
Dinge von Genin, etwas Vlaminck und mehrere
Sachen von Bondy, den neben Renoir felbft
zu hängen doch beißt, das Qualitätsgefühl des
Betrachters geradezu provokatorifcb zu reizen. —
Im Kupferftichkabinett konnte man verfucben,
die fpezififcbe Note der Bildhauerzeichnung an
der Graphik neuerer Plaftiker zu erkennen.
Die Reihe fetjte ein mit den edlen, klafpfch-
facblicben Bildnislithos Scbadows und feinen
Radierungen des Eänzerpaars Vigano, ging über
Carpeaux und Barye zu Rodin, der mit feinen
Bildnisradierungen und jenen in Art von Marees
fcbrafperten Aktkompofitionen in Kaltnadeltechnik
erfcbien. GCIeiter Gaul mit reliefftreng radierten
Eiergruppen und neuen lithographierten Skizzen-
blättern, Lehmbruck, de Fiori und befonders
köftlicb mit geiftreicb gravierten Umriffen Frau
Sintenis.Vigeland ferner,Kogan,Stephani,
Guftav (Xlolff, mit einem feinen Akt Engel-
mann, Scharff, Barlach und in breiterer Vor-
führung Juffuf Abbo in charaktervoll fkizzie-
render Fjandfcbrift. Eindeutig wird fich die
Frage nach dem Spezipkum der Bildhauerzeich-
nung fcbon deshalb nicht beantworten laffen,
weil die beabficbtigte graphifche Selbftändigkeit
immer eine andere ift, und ein Plaftiker eben
gar kein vereidigter Plaßiker, fondern Künftler
fcblecbtbin ift, deffen Skulptur vielleicht nur fein
Bekannteftes ift. Allenfalls eine befondere Be-
tonung des reinen Konturs, eine gewiffe Relief-
dispofition wäre feflftellbar. —
Vorzügliche, weil Sachlichkeit mit fuggeftiver
Kraft vereinende Aufnahmen exotifcber Skulp-
turen, Masken, Geräte ufw. aus dem Folkwang-
Verlag fab man in den Räumen der ftaatl.
Bildftelle. tüilli Ulolfradt.
Kliener Ausheilungen
Neuerwerbungen der Albertina in der
UlienerSezeffion / Egon Schiele in der
„Neuen Galerie“ / G. v. Pojedajeffs
Figurinen in der „NeuenGalerie“ / Deut-
fcbe Kleinplaftik imEhefeustempel des
üliener Volksgartens.
Die Räume der Sezeffion gewähren dem Eeil
der reichen Neuerwerbungen der Albertina Gaft-
freundfcbaft, welcher zur Vervollftändigung ihrer
grapbifcben Sammlung des 19. Jahrhunderts er-
ftanden wurde.
Im Mittelpunkt der Ausftellung ftebt, nicht nur
was die räumliche Aufmachung und die quan-
titative Auswahl anlangt, Adolf Menzel. Bei-
nahe fein ganzes grapbifcbes Lebenswerk wird
in Proben aus allen Stadien der überreichen
Eätigkeit vorgeführt. Die größeren Jugend-
arbeiten „Des Künftlers Erdenwallen“ und das
„Kinderbuch“, die gelegentlich nebenher entwor-
fenen 3ierleiften zu Gefcbäftskarten, Feftbilleten,
Urkunden und Diplomen, Büchervignetten und
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Valeurgenüffe. Nicht eigenfte Findungen laffen
hier aufmeikfam, fondern die freie Geratenl)eit
einer in der Akkordik wie in der räumlichen
Eerraffierung, in Stimmung und Reim ungewöhn-
lich glücklichen und keineswegs einfcbicbtigen
Malerei. —
Eugen Spiros Landfdjaften in derKleinen
Galerie, Ausbeute einer dalmatifcben Reife,
machen vom Licht mehr her. als daß pe es in
feiner den Raum füllenden, ihn gruppierenden
Energie oder auch nur als leuchtenden Schimmer
aufzeigten. So bleibt hier Vieles kalkig und
kalt, die Geländeform oft zerftreut. Spiros
Malerei ift nicht ohne gute Eradition und ftellen-
weife nicht reizlos. Aber Ragufa und Spalato
vermochten nicht, pe über ihre paffablen Ge-
wohnheiten hinaus zu begeiftern. —
Bei Gurlitt letzte Gemälde von BrunoKraus-
k opf, diefes bis zur Einbuße ftiliftifcber Pbyfio-
gnomie CUandelbaren. Er hatte vordem eine
altmeifterliche, eine fpiritiftifche, eine wohlig
koloriftifcße und noch manche andere Manier
und gibt pch jetjt mehr als dämonifch erregter
Imprefponift. Intereffant ift ermeift, zumal jetjt
aber gerade im fatalen Sinne: Krauskopf macht
immer was vor. Seine Diktion liebt teils ein
munkelndes Verwifcben, teils faloppe Bravour.
Sein Können gefällt pch in Verfcbleiern, Fiebern
oder Auftrumpfen, ftets mit einer gewiffen
Schnoddrigkeit der Allüren, tdiderwärtig wird
die diffufe Schmerzlichkeit mimifcben Ausdrucks
wenn Krauskopf fich ohne jeden Einfatj künftle-
rifch-gläubiger Fjingebung an Ehemen wie
Chriftus oder die Madonna macht. Das pikante
Schwefellicht mancherLandfchaften, die fcharmu-
zierende Fluktuation darin ift bloßer Effekt, der
pch rafch aufbraucht. Dabei ift die Malerei im
farbigen Detail fehr amüfant und von einer
nicht alltäglichen Komplikation prickelnder Eöne.
Ein Stück wie z. B. der „Uleibnacbtsbaum“ ift
keineswegs unanfehnlich im Ornament noch in
der koloriftifchen Inftrumentation. Aber man
muß diefen Krauskopf, der fo fkrupellos arbeitet,
mit ftrengen Augen betrachten. —
Recht freundliche, anfprecbendkoloriertefjarm-
lopgkeiten des Ungarn Bela Kädär brachte
der „Sturm“ und überfchä^t damit die inter-
nationale Geltung diefer Eier und Stern, Reiter
und Bäuerin oval zufammenfchaukelnden Vignet-
ten, die trot> Anleihen bei Chagall keine tiefere
Ppantaftik des Einfalls aufweifen. —
Das Graphifche Kabinett J. B. Neumann
(jetjt von Karl Nierendorf geleitet) zeigte,
außer zum Eeil doch bedenklich bengalifcben
Nolde-Aquarellen, Blätter von O. Dix, deffen
tolle Kraft und Vielfeitigkeit neuerdings be-
tätigend. Oft, zumal im Fjinblick auf die farbigen
Lithos, kann man ihn den Erneuerer Eouloufe-
Lautrecs nennen, — aber das ift nur eine
feiner Möglichkeiten. Sehr wichtig die Litho-
Publikation „Zeitgenoffen 1923“. — Bei Flecht-
heim in bunter Reihe charmante kleine Lüftern-
heiten von 0. Sch off, proviforifch wirkende
Dinge von Genin, etwas Vlaminck und mehrere
Sachen von Bondy, den neben Renoir felbft
zu hängen doch beißt, das Qualitätsgefühl des
Betrachters geradezu provokatorifcb zu reizen. —
Im Kupferftichkabinett konnte man verfucben,
die fpezififcbe Note der Bildhauerzeichnung an
der Graphik neuerer Plaftiker zu erkennen.
Die Reihe fetjte ein mit den edlen, klafpfch-
facblicben Bildnislithos Scbadows und feinen
Radierungen des Eänzerpaars Vigano, ging über
Carpeaux und Barye zu Rodin, der mit feinen
Bildnisradierungen und jenen in Art von Marees
fcbrafperten Aktkompofitionen in Kaltnadeltechnik
erfcbien. GCIeiter Gaul mit reliefftreng radierten
Eiergruppen und neuen lithographierten Skizzen-
blättern, Lehmbruck, de Fiori und befonders
köftlicb mit geiftreicb gravierten Umriffen Frau
Sintenis.Vigeland ferner,Kogan,Stephani,
Guftav (Xlolff, mit einem feinen Akt Engel-
mann, Scharff, Barlach und in breiterer Vor-
führung Juffuf Abbo in charaktervoll fkizzie-
render Fjandfcbrift. Eindeutig wird fich die
Frage nach dem Spezipkum der Bildhauerzeich-
nung fcbon deshalb nicht beantworten laffen,
weil die beabficbtigte graphifche Selbftändigkeit
immer eine andere ift, und ein Plaftiker eben
gar kein vereidigter Plaßiker, fondern Künftler
fcblecbtbin ift, deffen Skulptur vielleicht nur fein
Bekannteftes ift. Allenfalls eine befondere Be-
tonung des reinen Konturs, eine gewiffe Relief-
dispofition wäre feflftellbar. —
Vorzügliche, weil Sachlichkeit mit fuggeftiver
Kraft vereinende Aufnahmen exotifcber Skulp-
turen, Masken, Geräte ufw. aus dem Folkwang-
Verlag fab man in den Räumen der ftaatl.
Bildftelle. tüilli Ulolfradt.
Kliener Ausheilungen
Neuerwerbungen der Albertina in der
UlienerSezeffion / Egon Schiele in der
„Neuen Galerie“ / G. v. Pojedajeffs
Figurinen in der „NeuenGalerie“ / Deut-
fcbe Kleinplaftik imEhefeustempel des
üliener Volksgartens.
Die Räume der Sezeffion gewähren dem Eeil
der reichen Neuerwerbungen der Albertina Gaft-
freundfcbaft, welcher zur Vervollftändigung ihrer
grapbifcben Sammlung des 19. Jahrhunderts er-
ftanden wurde.
Im Mittelpunkt der Ausftellung ftebt, nicht nur
was die räumliche Aufmachung und die quan-
titative Auswahl anlangt, Adolf Menzel. Bei-
nahe fein ganzes grapbifcbes Lebenswerk wird
in Proben aus allen Stadien der überreichen
Eätigkeit vorgeführt. Die größeren Jugend-
arbeiten „Des Künftlers Erdenwallen“ und das
„Kinderbuch“, die gelegentlich nebenher entwor-
fenen 3ierleiften zu Gefcbäftskarten, Feftbilleten,
Urkunden und Diplomen, Büchervignetten und
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