1800 dankbar fein. Dabei kamen Meder die
künftlerifcben Gefcbicklicbkeiten, über die er ver-
fügt, wobl zu ftatten. Sie ermöglichten ihm
alte vergeffene Verfahren und Rezepte forgfältig
nachzuprüfen, und fo konnte er eine Menge Irr-
tümer berichtigen, die bis heute im kunßgefcbicbt-
licben Schrifttum umlaufen. Eine reiche Illuftra-
tion unterftüßt diefe önterfucbungen. ttlenn diefe
auch, wie das Vorwort fagt, nicht fo koftbar in
den Mitteln des Fakfiimilierens ausgefallen ift
wie beabficbtigt gewefen ift — es füllten viel
mehr Lichtdrucke nachHandzeicbnungen gebracht
werden — fo genügt fie doch. Denn auch das
vollkommen fcbeinende, mit allen Mitteln mo-
derner Reproduktionskunft bergeftellte Fakfimile
wird verfagen, wenn es ficb um die ünterfucbung
der feinften kritifcben Slilunterfcbiede handelt.
Der zweite Hauptteil des Klerkes behandelt
den „tüerdegang des Künftlers und der Kunft-
werke“. 3unächft wird die Laufbahn des Künft-
lers vom Lehrling bis zum Meifter durchgegangen
und Auskunft gegeben über 3unftwefen, Stu-
dienweife, Akademie und dgl. Der Verfaffer
ftüßt fid) hier vornehmlich auf die Praxis der
Renaiffance, die uns eine reichliche Überlieferung
hinterlaffen hat, und er macht fiel) auch gewiffe
Grundanfchauungen der Renai]Janceäfthetik zu
eigen, die er als Maßftäbe für die Bewertung
der Fjandzeichnungskunft anwendet und denen
er auch für die Beurteilung des akademifchen
Naturalismus des pebzebnten und achtzehnten
Jahrhunderts eine normative Bedeutung ein-
räumt. Aber auch in diefem umfänglichen Ceil
des ttlerkes ftreut der Verfaffer eine Fülle An-
regungen zur technifcben und äftbetifchen
Cüertung der Kunftwerke aus.
Im dritten Hauptteil fuebt Meder „dieKörper-
und Raumgeftaltung“ in der Segnung an Bei-
fpielen aus allen Kunftepochen klar zu machen,
behandelt unter den Rubriken Schattierung, Be-
lichtung und Losgehen vom Hintergrund die
Körperplaftik und die Raumplaftik (Raum, Kon-
ßruktion und Licbtplaftik im Raum). So viel
wertvolle Einzelheiten auch iu diefem Ceile
mitgeteilt werden, die Art der Problemftellung
ift willkürlich und daher nicht geeignet, die ver-
wickelten Fragen des linearen und malerifcben
Stils zu löfen.
Ganz vorzüglich fchlieBt das ttlerk mit dem
IV. Hauptteil, der „vom Sammeln“ handelt. Hier
ift der Verfaffer wieder ganz in feinem Ele-
ment und fpendet Belehrung aus vollen Hän-
den. lüas er von den alten Sammlern, vom
Kunftbandel, von den Nachahmungen und Kopien
alter Handzeichnungen und von den Fälfcbungen
erzählt, was er von der Erhaltung und Pflege
der Handzeichnungen mitteilt — das alles verrät
in jeder Zeile den kunfterfabrenen Konfervator
und begeifterten Schäfer der ihm anvertrauten
Kunftwerke.
Alles in allem bedeutet Medersttlerk als wiffen-
Der Graphikfammler
fcbaftlicbe Leiftung und in feiner vornehmen Aus-
ftattung einen Markftein in unferer kunftwiffen-
fcbaftlichen Literatur, ein ftandart work, dem
weder Franzofen noch Engländer ein ähnliches
an die Seite zu ftellen haben, Und aus dem
Buch fpricht deutlich die liebenswürdige Perfön-
lichkeit des Verfaffers, dem fo viele, die in der
Albertina gearbeitet haben, zu Danke verpflichtet
find, denn feine Arbeit ift ein Bekenntnis lebens-
langer Liebe zur Sache, nimmermüden ttliffens-
dranaes und ehrlichfter Bemühungen um fchwie-
rige Fragen der Kunfterkenntnis. Meders „Hand-
zeichnung“ ift ein ebenfo unentbehrliches Buch
in den Händen der Sammler und Forfcher, wie
es die Kataloge feines Vorgängers, Adam Bartfeh,
vor mehr als hundert Jahren geblieben pnd.
Richard Graul.
Meister der Graphik. Verlag Klinkhardt &
Biermann. Leipzig 1923.
Bd. VIII. Richard Graul: Rembrandt.
I. Teil. Die Radierungen. II. Aufl.
Bd. XI. Goesta Ecke: Charles Meryon.
Der „Rembrandt“ ift eine Neuauflage, aber
der erften gegenüber auf eine Höhe gebracht,
daß fie nun das Abbildungswerk über den Ra-
dierer Rembrandt darftellt. CUiedergeqeben pnd
alle Blätter, die der kritifebe Verfaffer für autben-
tifch hält, viele davon in mehreren 3uftänden
und originalgroßen Ausfchnitten, fo daß an
charakterißifcben Beifpielen, wie dem „großen
Coppenol“ oder „Rembrandt im Hute, zeichnend“
(B. 22) des Künftlers Arbeit „in der Werkpatt“
deutlich wird. Hinzu kommen Abbildungen
einer Anzahl von Blättern, die ganz oder teil-
weife von Schülerhand pnd oder von manchen
Forfchern angezweifelt werden, Graul aber für
die Abrundung des Bildes wichtig fcheinen. So
wuchs die 3ahl der tüiedergaben auf 341. Ge-
wiß ift damit Rovinfkis umfaffende Publikation
vor allem für den Spezialiften nicht abgetan,
aber an Güte der Reproduktion ftellt der Rem-
brandt von Graul bei weitem das Befte bisher
Erreichte dar. Diefe zweite Auflage ift rafeber
erfebienen, als der fchon zur erften verfproebene
Band „Rembrandt als 3eichner“. Und gerade
diefen wird man pch bald wünfehen, da er nicht
nur des Verfaffers kritifebe Stellungnahme zum
graphifchen Ulerk Rembrandts, fondern auch
das über den Radierer febr auffcblußreicbe
3eicbnungenmaterial und weitere Detailauf-
nahmen von Radierungen zu vergleichendem
und ergänzendem Studium bieten foll.
Der Meryon von Ecke ift ein Buch, daß man
in Deutfcbland längft hätte erwarten können.
Denn kaum anderswo, am wenigßen in Frank-
reich, hat man pch in den lebten Jahren fo ernft-
baft mit den fyftematifchen 3ufammenbängen
zwifeben „Genie und ttlabnpnn“ befaßt: mit
dem erßaunlicb poptiven, kaum mehr beftrittenen
Refultat, daß eine nicht geringe Anzahl großer,
echter Kunftwerke von Künftlern gefebaffen
97
künftlerifcben Gefcbicklicbkeiten, über die er ver-
fügt, wobl zu ftatten. Sie ermöglichten ihm
alte vergeffene Verfahren und Rezepte forgfältig
nachzuprüfen, und fo konnte er eine Menge Irr-
tümer berichtigen, die bis heute im kunßgefcbicbt-
licben Schrifttum umlaufen. Eine reiche Illuftra-
tion unterftüßt diefe önterfucbungen. ttlenn diefe
auch, wie das Vorwort fagt, nicht fo koftbar in
den Mitteln des Fakfiimilierens ausgefallen ift
wie beabficbtigt gewefen ift — es füllten viel
mehr Lichtdrucke nachHandzeicbnungen gebracht
werden — fo genügt fie doch. Denn auch das
vollkommen fcbeinende, mit allen Mitteln mo-
derner Reproduktionskunft bergeftellte Fakfimile
wird verfagen, wenn es ficb um die ünterfucbung
der feinften kritifcben Slilunterfcbiede handelt.
Der zweite Hauptteil des Klerkes behandelt
den „tüerdegang des Künftlers und der Kunft-
werke“. 3unächft wird die Laufbahn des Künft-
lers vom Lehrling bis zum Meifter durchgegangen
und Auskunft gegeben über 3unftwefen, Stu-
dienweife, Akademie und dgl. Der Verfaffer
ftüßt fid) hier vornehmlich auf die Praxis der
Renaiffance, die uns eine reichliche Überlieferung
hinterlaffen hat, und er macht fiel) auch gewiffe
Grundanfchauungen der Renai]Janceäfthetik zu
eigen, die er als Maßftäbe für die Bewertung
der Fjandzeichnungskunft anwendet und denen
er auch für die Beurteilung des akademifchen
Naturalismus des pebzebnten und achtzehnten
Jahrhunderts eine normative Bedeutung ein-
räumt. Aber auch in diefem umfänglichen Ceil
des ttlerkes ftreut der Verfaffer eine Fülle An-
regungen zur technifcben und äftbetifchen
Cüertung der Kunftwerke aus.
Im dritten Hauptteil fuebt Meder „dieKörper-
und Raumgeftaltung“ in der Segnung an Bei-
fpielen aus allen Kunftepochen klar zu machen,
behandelt unter den Rubriken Schattierung, Be-
lichtung und Losgehen vom Hintergrund die
Körperplaftik und die Raumplaftik (Raum, Kon-
ßruktion und Licbtplaftik im Raum). So viel
wertvolle Einzelheiten auch iu diefem Ceile
mitgeteilt werden, die Art der Problemftellung
ift willkürlich und daher nicht geeignet, die ver-
wickelten Fragen des linearen und malerifcben
Stils zu löfen.
Ganz vorzüglich fchlieBt das ttlerk mit dem
IV. Hauptteil, der „vom Sammeln“ handelt. Hier
ift der Verfaffer wieder ganz in feinem Ele-
ment und fpendet Belehrung aus vollen Hän-
den. lüas er von den alten Sammlern, vom
Kunftbandel, von den Nachahmungen und Kopien
alter Handzeichnungen und von den Fälfcbungen
erzählt, was er von der Erhaltung und Pflege
der Handzeichnungen mitteilt — das alles verrät
in jeder Zeile den kunfterfabrenen Konfervator
und begeifterten Schäfer der ihm anvertrauten
Kunftwerke.
Alles in allem bedeutet Medersttlerk als wiffen-
Der Graphikfammler
fcbaftlicbe Leiftung und in feiner vornehmen Aus-
ftattung einen Markftein in unferer kunftwiffen-
fcbaftlichen Literatur, ein ftandart work, dem
weder Franzofen noch Engländer ein ähnliches
an die Seite zu ftellen haben, Und aus dem
Buch fpricht deutlich die liebenswürdige Perfön-
lichkeit des Verfaffers, dem fo viele, die in der
Albertina gearbeitet haben, zu Danke verpflichtet
find, denn feine Arbeit ift ein Bekenntnis lebens-
langer Liebe zur Sache, nimmermüden ttliffens-
dranaes und ehrlichfter Bemühungen um fchwie-
rige Fragen der Kunfterkenntnis. Meders „Hand-
zeichnung“ ift ein ebenfo unentbehrliches Buch
in den Händen der Sammler und Forfcher, wie
es die Kataloge feines Vorgängers, Adam Bartfeh,
vor mehr als hundert Jahren geblieben pnd.
Richard Graul.
Meister der Graphik. Verlag Klinkhardt &
Biermann. Leipzig 1923.
Bd. VIII. Richard Graul: Rembrandt.
I. Teil. Die Radierungen. II. Aufl.
Bd. XI. Goesta Ecke: Charles Meryon.
Der „Rembrandt“ ift eine Neuauflage, aber
der erften gegenüber auf eine Höhe gebracht,
daß fie nun das Abbildungswerk über den Ra-
dierer Rembrandt darftellt. CUiedergeqeben pnd
alle Blätter, die der kritifebe Verfaffer für autben-
tifch hält, viele davon in mehreren 3uftänden
und originalgroßen Ausfchnitten, fo daß an
charakterißifcben Beifpielen, wie dem „großen
Coppenol“ oder „Rembrandt im Hute, zeichnend“
(B. 22) des Künftlers Arbeit „in der Werkpatt“
deutlich wird. Hinzu kommen Abbildungen
einer Anzahl von Blättern, die ganz oder teil-
weife von Schülerhand pnd oder von manchen
Forfchern angezweifelt werden, Graul aber für
die Abrundung des Bildes wichtig fcheinen. So
wuchs die 3ahl der tüiedergaben auf 341. Ge-
wiß ift damit Rovinfkis umfaffende Publikation
vor allem für den Spezialiften nicht abgetan,
aber an Güte der Reproduktion ftellt der Rem-
brandt von Graul bei weitem das Befte bisher
Erreichte dar. Diefe zweite Auflage ift rafeber
erfebienen, als der fchon zur erften verfproebene
Band „Rembrandt als 3eichner“. Und gerade
diefen wird man pch bald wünfehen, da er nicht
nur des Verfaffers kritifebe Stellungnahme zum
graphifchen Ulerk Rembrandts, fondern auch
das über den Radierer febr auffcblußreicbe
3eicbnungenmaterial und weitere Detailauf-
nahmen von Radierungen zu vergleichendem
und ergänzendem Studium bieten foll.
Der Meryon von Ecke ift ein Buch, daß man
in Deutfcbland längft hätte erwarten können.
Denn kaum anderswo, am wenigßen in Frank-
reich, hat man pch in den lebten Jahren fo ernft-
baft mit den fyftematifchen 3ufammenbängen
zwifeben „Genie und ttlabnpnn“ befaßt: mit
dem erßaunlicb poptiven, kaum mehr beftrittenen
Refultat, daß eine nicht geringe Anzahl großer,
echter Kunftwerke von Künftlern gefebaffen
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