Der Grapfyikfammler
mit! Es ipt kein 3weifel, wir haben in Kubin
einen der prägnanteren Bud)zeid)ner unfrer
Cage zu [eben1. Und Smetfe gehört nicht zu
feinen fd)led)teften Leitungen. Die Ausftattung
auch diefes Bandes ipt von erlefener Gediegen-
heit. Die Übertragung der 3eid>nungen durch
den Fjolzfcbneider ptatt durch den 3mkäber, die
Liebermann bereits mehrfad) neu in Anwen-
dung brachte, hat den großen Vorteil, die 3eich"
nung ohne Fjärten, alfo aud) in den 3wifchen"
tönen, wiederzugeben. GQiefe.
F. Dostojewski, Weiße Nächte. Übersetzt
von A. Eliasberg. Mit Holzschnitten von
Karl Rössing.
M. Ssaltykow-Stschedrin: Anfissa Por-
firjewna. Übertragen von A. Eliasberg.
Mit zwölf Illustrationen von Boris Grigorjew.
Beide im Orchis-Verlag. München 1923.
Der Ord)is-Verlag führt die Neu-Ausgaben
befter ruffifeßer Literatur aufs glücklichfte weiter.
Doftojewfkis Gefd)id)te von den Liebenden mit
der großen Fjerzenseinfalt ift von Röffing fo
zart und ftimmungsftark in den Fjolzfcbnitt über-
tragen worden, wie es das Cbema fordert. In
den Nacßtfzenen vor allem befeßwört er mit
feinen differenzierten Sd)raffuren das ganze
magifebe Leuchten liebedurdjzitterter Nächte,
önd diefer heimlich-unheimlichen Freiheit unter
offenem IJimmel fe§t er mit ebenfo zwingender
Geftaltung des ünerfaßbaren feine fparfam aus-
geftatteten Innenräume entgegen: als ob das
Schwirren eines Falters die Spannung in ihnen
brechen müffe. — Daß Boris Grigorjew den Dich-
tern feines Volkes innerlich fehr nahe ftände,
ift aus feinen Illuftrationen zu Sfaltikows grau-
fam-wahrhafter Gutsgefd)id)te (aus den noch
nicht fernen 3eiten der ruffifd)en Leibeigenfchaft)
ebenfowenig zu fd)ließen, wie aus den frühen
an diefer Stelle befprochenen Lithographien zu
Curgenjews „Erfte Liebe“. Ja, diesmal bleibt
felbft das Räumliche oft, und äugenfcbeinlid)
ungewollt, peinlich im Unklaren. Daneben ge-
lingt ihm etwas, wie das Doppelbildnis der
Anfiffa und ihres „Seligen“ fo überzeugend, daß
man noch immer glauben will, es fehle Grigorjew
zu zwingender, lückenlofer Geftaltung manchmal
nur an der nötigen Konzentration auf den Stoff.
ÜLIiefe.
Mefecks Märdjenillu ftrationen
Clemens Brentano, DieMärchen vomRhein.
Mit Bildern von Felix Meseck. Verlegt bei
Erich Re iss, Berlin.
In deutfeher Fraktur bei Spamer gedruckt und
von Felix Mefeck mit wohl zwanzig und mehr
ganzfeitigen 3ßid)nungen verfehen, hat das
Brentanofche „Märchen von dem Rhein und dem
Müller Radlauf“ (denn um diefes allein handelt
1 Über Kubin als llluftrator wird demnädjft an diefer
Stelle ausführlich gehandelt werden.
es pich, das allerdings in einem großen Strauß
an hundert bunte Märchenblüten zufammenbindet)
eine köftliche Äuferftehung erfahren. Mefecks
weicher, oft klaffifd) leicht binfließender Stift
holte aus der Fülle von Bildern die zur tllirklicb-
keit herauf, die offenbar feiner Phantafiebefonders
entgegenkamen. Aber diefe 3eid)nungen deuten
erneut auf einen llluftrator hin, der unferer3eit
unendlich viel näher fteht als die berühmten
Fingervirtuofen des Imprefßionismus. Die Blätter
haben Einfachheit des Stils, aber von innen her
eine Fülle der Gefid)te, die feltfam betroffen
macht. Dies wäre ficber der Künftler der ein-
mal das fchönfte Märchenbuch illuftrieren könnte,
das ich kenne: Jene von tüilhelm Schmidtbonn
beforgte Auswahl von Märchen aller Völker,
die der Dichter vor einigen Jahren unter dem
Eitel „Der Garten der Erde“ bei Cal in Leipzig
herausgebracht hat. B.
Zwölf Lithographien für Chr. Morgensterns
Grotesken. Von Hans Reyersbach. Verlag
Dr. Kurt Enoch, Hamburg.
Ein in Leinen gebundenes Buch, leider keine
Mappe. Vor jeder Lithographie ein weißes
Blatt mit der betreffenden Stelle, die das Chema
kündet, etwa wie:
-Das Mondfcßaf rupft pich einen PJalm
und geht dann heim auf feine Alm-
Der Künftler febafft in zwölf meifterbaften
Bildern eine groteske Parapbrafe um die kraufe
Pbantaftik Morgenfterns mit einem ftarken 3ug
ins Dämonifcbe hin. Seinen Dichter faft immer
überfteigernd, ohne das Groteske ans Ironifcbe
ftreifen zu laffen. Irgendwie hat dablverwandt-
febaft das Ergebnis beftimmt. Man foll pich den
Namen Reyersbad) merken. B.
David Bergeisohn: Erzählungen (Maaße
Bichl). Mit acht ganzseit. Lith. und Initial-
holzschnitten von Lasar Segall. Verlag
Wostock (Der Osten), Berlin C 2.
Bergelfobn gehört zu den bekannteften Dich-
tern jüdifcher 3unge von heut. In feinem Maaße
Bichl handelt es pich um zwei Knaben verfd)ie-
denen Standes, die eine gleiche Sebnfucbt aus
der Enge des Ghettos nach einer freieren Kielt
in Freundfcbaft und zu gemeinfamem traum-
haften Erleben zufammengefübrt. ttler Lafar
Segall kennt, weiß, daß ihm kein Vorwurf beffer
liegen könnte, als diefer. Und fo darf die
Selbftverftändlicbkeit künftlerifcber Geftaltung,
die aus feinen Lithographien zu dem Buch
fpriebt, nicht verwundern. Fjier wurde eine
magifebe Sphäre lebendig, aber diefes Leben
ift nicht vom Alltag; es entfaltet feine Begeben-
heiten in einem aftralen Äther, der feine eignen
Gefetje zu haben febeint. Unter ihm beftimmt
das Individuum nicht, es wird von feinem
Scbickfal beftimmt, dem Scbickfal eines Volkes.
— Proben der Fjolzfcbnitte enthält das „Jahr-
buch der jungen Kunft“, 1923. KL
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mit! Es ipt kein 3weifel, wir haben in Kubin
einen der prägnanteren Bud)zeid)ner unfrer
Cage zu [eben1. Und Smetfe gehört nicht zu
feinen fd)led)teften Leitungen. Die Ausftattung
auch diefes Bandes ipt von erlefener Gediegen-
heit. Die Übertragung der 3eid>nungen durch
den Fjolzfcbneider ptatt durch den 3mkäber, die
Liebermann bereits mehrfad) neu in Anwen-
dung brachte, hat den großen Vorteil, die 3eich"
nung ohne Fjärten, alfo aud) in den 3wifchen"
tönen, wiederzugeben. GQiefe.
F. Dostojewski, Weiße Nächte. Übersetzt
von A. Eliasberg. Mit Holzschnitten von
Karl Rössing.
M. Ssaltykow-Stschedrin: Anfissa Por-
firjewna. Übertragen von A. Eliasberg.
Mit zwölf Illustrationen von Boris Grigorjew.
Beide im Orchis-Verlag. München 1923.
Der Ord)is-Verlag führt die Neu-Ausgaben
befter ruffifeßer Literatur aufs glücklichfte weiter.
Doftojewfkis Gefd)id)te von den Liebenden mit
der großen Fjerzenseinfalt ift von Röffing fo
zart und ftimmungsftark in den Fjolzfcbnitt über-
tragen worden, wie es das Cbema fordert. In
den Nacßtfzenen vor allem befeßwört er mit
feinen differenzierten Sd)raffuren das ganze
magifebe Leuchten liebedurdjzitterter Nächte,
önd diefer heimlich-unheimlichen Freiheit unter
offenem IJimmel fe§t er mit ebenfo zwingender
Geftaltung des ünerfaßbaren feine fparfam aus-
geftatteten Innenräume entgegen: als ob das
Schwirren eines Falters die Spannung in ihnen
brechen müffe. — Daß Boris Grigorjew den Dich-
tern feines Volkes innerlich fehr nahe ftände,
ift aus feinen Illuftrationen zu Sfaltikows grau-
fam-wahrhafter Gutsgefd)id)te (aus den noch
nicht fernen 3eiten der ruffifd)en Leibeigenfchaft)
ebenfowenig zu fd)ließen, wie aus den frühen
an diefer Stelle befprochenen Lithographien zu
Curgenjews „Erfte Liebe“. Ja, diesmal bleibt
felbft das Räumliche oft, und äugenfcbeinlid)
ungewollt, peinlich im Unklaren. Daneben ge-
lingt ihm etwas, wie das Doppelbildnis der
Anfiffa und ihres „Seligen“ fo überzeugend, daß
man noch immer glauben will, es fehle Grigorjew
zu zwingender, lückenlofer Geftaltung manchmal
nur an der nötigen Konzentration auf den Stoff.
ÜLIiefe.
Mefecks Märdjenillu ftrationen
Clemens Brentano, DieMärchen vomRhein.
Mit Bildern von Felix Meseck. Verlegt bei
Erich Re iss, Berlin.
In deutfeher Fraktur bei Spamer gedruckt und
von Felix Mefeck mit wohl zwanzig und mehr
ganzfeitigen 3ßid)nungen verfehen, hat das
Brentanofche „Märchen von dem Rhein und dem
Müller Radlauf“ (denn um diefes allein handelt
1 Über Kubin als llluftrator wird demnädjft an diefer
Stelle ausführlich gehandelt werden.
es pich, das allerdings in einem großen Strauß
an hundert bunte Märchenblüten zufammenbindet)
eine köftliche Äuferftehung erfahren. Mefecks
weicher, oft klaffifd) leicht binfließender Stift
holte aus der Fülle von Bildern die zur tllirklicb-
keit herauf, die offenbar feiner Phantafiebefonders
entgegenkamen. Aber diefe 3eid)nungen deuten
erneut auf einen llluftrator hin, der unferer3eit
unendlich viel näher fteht als die berühmten
Fingervirtuofen des Imprefßionismus. Die Blätter
haben Einfachheit des Stils, aber von innen her
eine Fülle der Gefid)te, die feltfam betroffen
macht. Dies wäre ficber der Künftler der ein-
mal das fchönfte Märchenbuch illuftrieren könnte,
das ich kenne: Jene von tüilhelm Schmidtbonn
beforgte Auswahl von Märchen aller Völker,
die der Dichter vor einigen Jahren unter dem
Eitel „Der Garten der Erde“ bei Cal in Leipzig
herausgebracht hat. B.
Zwölf Lithographien für Chr. Morgensterns
Grotesken. Von Hans Reyersbach. Verlag
Dr. Kurt Enoch, Hamburg.
Ein in Leinen gebundenes Buch, leider keine
Mappe. Vor jeder Lithographie ein weißes
Blatt mit der betreffenden Stelle, die das Chema
kündet, etwa wie:
-Das Mondfcßaf rupft pich einen PJalm
und geht dann heim auf feine Alm-
Der Künftler febafft in zwölf meifterbaften
Bildern eine groteske Parapbrafe um die kraufe
Pbantaftik Morgenfterns mit einem ftarken 3ug
ins Dämonifcbe hin. Seinen Dichter faft immer
überfteigernd, ohne das Groteske ans Ironifcbe
ftreifen zu laffen. Irgendwie hat dablverwandt-
febaft das Ergebnis beftimmt. Man foll pich den
Namen Reyersbad) merken. B.
David Bergeisohn: Erzählungen (Maaße
Bichl). Mit acht ganzseit. Lith. und Initial-
holzschnitten von Lasar Segall. Verlag
Wostock (Der Osten), Berlin C 2.
Bergelfobn gehört zu den bekannteften Dich-
tern jüdifcher 3unge von heut. In feinem Maaße
Bichl handelt es pich um zwei Knaben verfd)ie-
denen Standes, die eine gleiche Sebnfucbt aus
der Enge des Ghettos nach einer freieren Kielt
in Freundfcbaft und zu gemeinfamem traum-
haften Erleben zufammengefübrt. ttler Lafar
Segall kennt, weiß, daß ihm kein Vorwurf beffer
liegen könnte, als diefer. Und fo darf die
Selbftverftändlicbkeit künftlerifcber Geftaltung,
die aus feinen Lithographien zu dem Buch
fpriebt, nicht verwundern. Fjier wurde eine
magifebe Sphäre lebendig, aber diefes Leben
ift nicht vom Alltag; es entfaltet feine Begeben-
heiten in einem aftralen Äther, der feine eignen
Gefetje zu haben febeint. Unter ihm beftimmt
das Individuum nicht, es wird von feinem
Scbickfal beftimmt, dem Scbickfal eines Volkes.
— Proben der Fjolzfcbnitte enthält das „Jahr-
buch der jungen Kunft“, 1923. KL
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