Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924
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Mayer, August Liebmann: Die Kathedrale von Leon
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der Kathedrale hat bereits Berxtaux1 und auch der Verfaffer hiagewiefen2. fjier fei
weniger auf die köftlichen Reliefs aufmerkfam gemacht, die fo lebhaft an den Stil der
entfprechenden Arbeiten von Bourges erinnern als vielmehr auf eine Reihe von Statuen,
die nicht weniger deutlich den 3u[ammenhang mit Schöpfungen auf franzöfifchem
Boden verraten. So erinnert die zweite Figur von rechts auf unferer Abbildung an
den „Guten Fjirten“ von Beauvais und die dritte vor allem im Kopf an Geftalten, wie
wir fie bei der Kathedrale von Reims und Bamberg wiederfinden. Die Tätigkeit der
Bildhauer erftreckte fiel) ficher bis ins zweite Viertel des 14. Jahrhunderts. Die beften
Stücke zeichnen fiel) durch lehr reiche Faltengebung aus und auffallend ftarke Be-
tonung der Konturen, im Gegenfab zu den ein wenig damit verwandten von Laon.
Viel enger find — für Spanien fehr begreiflich — die Beziehungen zu füdfran-
zöfifchen Arbeiten, wie denen von Carcafonne. Die Qualität der Arbeiten ift höchft
unterfd)iedlid).
Von den drei Figuren des Marienportals rechts, ift der König nächft der Cüre von
einem etwas unbeholfenen zurückgebliebenen Meifter etwas reichlich ard)aifiert. Die
„Juftitia“ gehörte fid)er nicht tyertyzr; diefe reichlich plumpe Figur bildete offenbar
den Schmuck des Gerichtspfeilers fchräg gegenüber an der Außenfeite der Vorhalle.
Der andere König neben ihr ift eine derbe, offenbar verhauene Figur.
(Die das Äußere, fo enthält aud) das Innere der Kathedrale eine Fülle plaftifcher
Arbeiten. Y)ier foll das Grabmal des Königs Ordono II. kurz befprochen fein, das im
Chorumgang die Rückfeite des Altarhaufes fchmückt. (Die fchon bemerkt, erhebt fleh ja
die Kathedrale an der Stelle des Palaftes diefes 933 verftorbenen Königs. Das Grabmal
ftammt offenkundig aus dem frühen 14. Jahrhundert und \)&l im 15. erhebliche Be-
reicherungen erfahren, möglicherweife aus Anlaß einer Übertragung von der älteren
Stätte zum jetzigen Aufftellungsort. Der Dauptteil des Monumentes trägt vollkommen
franzöfifeßen Charakter, allein die Szenen des Lanzenfticl)es und der Kreuzabnahme
wie der Verklärung Chrifti mit den knienden Engeln, fowie die drei Abfchlußfiguren
der Fialen fd)einen mir durchaus auf einen fpanifchen Bildhauer hinzuweifen, der von
den franzöfifcl)en Gotikern gelernt \)at Er ift etwas unbeholfener, fteifer, in der Pro-
portionierung nicht ganz ficher, ein Künftler, der fein Spaniertum auch in den Kopftypen
verrät. Am reinften franzöfifd) wirkt die liegende Figur des Königs. Die beiden
Figuren des hk Petrus und Paulus in den Gehäufen machen einen etwas burgundifchen
Eindrude. Sie fd)einen einem nordifchen Künftler anzugehören, der etwa 1440 bis
1450 tätig war. Für noch fpäter muß man die beiden Engel mit den Schriftbändern
sowie die Fmlbfiguren des Mönches und des Fjeroldes erklären, fowie das Relief mit
dem Klappen, dem Krieger und den fliehenden Mauren (?), wohl fchwerlich vor 1480
von einem Bildhauer geschaffen, deffen Fjeimat man in den Niederlanden fuchen
möchte. Das Ganze macht einen faft überreichen, um nicht zu fagen überladenen Ein-
drude und wirkt fo in jenem fd)led)ten Sinn „Spanifch“ wie gar manche andere
Denkmäler aus fpäterer 3eit.
1 In Fjistoire de l’art ed. Ä. Michel II. 1 p. 281 ff. — 2 H. L. Mayer, Mittelalterliche Plaftik in Spanien. Caf. 17 und 20.
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weniger auf die köftlichen Reliefs aufmerkfam gemacht, die fo lebhaft an den Stil der
entfprechenden Arbeiten von Bourges erinnern als vielmehr auf eine Reihe von Statuen,
die nicht weniger deutlich den 3u[ammenhang mit Schöpfungen auf franzöfifchem
Boden verraten. So erinnert die zweite Figur von rechts auf unferer Abbildung an
den „Guten Fjirten“ von Beauvais und die dritte vor allem im Kopf an Geftalten, wie
wir fie bei der Kathedrale von Reims und Bamberg wiederfinden. Die Tätigkeit der
Bildhauer erftreckte fiel) ficher bis ins zweite Viertel des 14. Jahrhunderts. Die beften
Stücke zeichnen fiel) durch lehr reiche Faltengebung aus und auffallend ftarke Be-
tonung der Konturen, im Gegenfab zu den ein wenig damit verwandten von Laon.
Viel enger find — für Spanien fehr begreiflich — die Beziehungen zu füdfran-
zöfifchen Arbeiten, wie denen von Carcafonne. Die Qualität der Arbeiten ift höchft
unterfd)iedlid).
Von den drei Figuren des Marienportals rechts, ift der König nächft der Cüre von
einem etwas unbeholfenen zurückgebliebenen Meifter etwas reichlich ard)aifiert. Die
„Juftitia“ gehörte fid)er nicht tyertyzr; diefe reichlich plumpe Figur bildete offenbar
den Schmuck des Gerichtspfeilers fchräg gegenüber an der Außenfeite der Vorhalle.
Der andere König neben ihr ift eine derbe, offenbar verhauene Figur.
(Die das Äußere, fo enthält aud) das Innere der Kathedrale eine Fülle plaftifcher
Arbeiten. Y)ier foll das Grabmal des Königs Ordono II. kurz befprochen fein, das im
Chorumgang die Rückfeite des Altarhaufes fchmückt. (Die fchon bemerkt, erhebt fleh ja
die Kathedrale an der Stelle des Palaftes diefes 933 verftorbenen Königs. Das Grabmal
ftammt offenkundig aus dem frühen 14. Jahrhundert und \)&l im 15. erhebliche Be-
reicherungen erfahren, möglicherweife aus Anlaß einer Übertragung von der älteren
Stätte zum jetzigen Aufftellungsort. Der Dauptteil des Monumentes trägt vollkommen
franzöfifeßen Charakter, allein die Szenen des Lanzenfticl)es und der Kreuzabnahme
wie der Verklärung Chrifti mit den knienden Engeln, fowie die drei Abfchlußfiguren
der Fialen fd)einen mir durchaus auf einen fpanifchen Bildhauer hinzuweifen, der von
den franzöfifcl)en Gotikern gelernt \)at Er ift etwas unbeholfener, fteifer, in der Pro-
portionierung nicht ganz ficher, ein Künftler, der fein Spaniertum auch in den Kopftypen
verrät. Am reinften franzöfifd) wirkt die liegende Figur des Königs. Die beiden
Figuren des hk Petrus und Paulus in den Gehäufen machen einen etwas burgundifchen
Eindrude. Sie fd)einen einem nordifchen Künftler anzugehören, der etwa 1440 bis
1450 tätig war. Für noch fpäter muß man die beiden Engel mit den Schriftbändern
sowie die Fmlbfiguren des Mönches und des Fjeroldes erklären, fowie das Relief mit
dem Klappen, dem Krieger und den fliehenden Mauren (?), wohl fchwerlich vor 1480
von einem Bildhauer geschaffen, deffen Fjeimat man in den Niederlanden fuchen
möchte. Das Ganze macht einen faft überreichen, um nicht zu fagen überladenen Ein-
drude und wirkt fo in jenem fd)led)ten Sinn „Spanifch“ wie gar manche andere
Denkmäler aus fpäterer 3eit.
1 In Fjistoire de l’art ed. Ä. Michel II. 1 p. 281 ff. — 2 H. L. Mayer, Mittelalterliche Plaftik in Spanien. Caf. 17 und 20.
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