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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Riesebieter, Martha: Die Sandsteinfigur einer Herkules von Ludwig Münsterman im Bremer Gewerbemuseum
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Glück, Heinrich: Die Stellung Wiens in der neueren Kunst, 2. Teil
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0202

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als Beweisgrund genügen würde. — Die djarakteriftifcfye Bildung der Beine, vornehm-
lich der Unterfchenkel, wiederholt [ich in ähnlicher Äusformung u. a. bei der Figur
Johannes des Täufers von der Atenfer Kanzel (Bremen, Privatbefiß) und noch fid)tbarer
bei der liegenden Gruppe von Adam und Eva eines Tauffteindeckels im Oldenburger
Landesmufeum. Die eigenwillige Bildung der übertrieben kräftigen Beine mit ihren
Ab- und Umbiegungen ift unverkennbar. — So überaus perfönliche, gemeinfame 3üge
verbinden die Geftalt des Fjerkules mit Münftermans Arbeiten, daß man auf Eigen-
händigkeit des Meifters fchiießen muß.
Aus der Umgebung herausgeriffen, in die fie hineingeboren ift, jeden 3weckes bar,
fteht die mit Spannung gefättigte Figur jeßt frei im Raume, von allen Seiten fici)tbar.
Allein durch ihre Ausmaße — fie ift die größte Skulptur, die Münfterman gefcßaffen —
beanfprucßt die Fjerkulesftatue ein befonderes Intereffe. Unter den Arbeiten diefes riieder-
deutfcßen Frühbarockplaftikers möchte ich ihr in erfter Linie das Vermögen zuerkennen,
eine Ahnung von der Größe und Urgewalt micßelangelesken Geiftes zu geben.
Die 3eit ihrer Entftehung ift ebenfo unbekannt, wie ihre urfprüngliche Beftimmung.
Es fcßeint wegen ihres inneren 3ufammenhanges mit den Vareler Figuren nötig, ihren
Urfprung in das zweite Jahrzehnt des 17.Jahrhunderts zu fetjen, denn fie gehört in
ihrer äußeren und inneren fjaltung, mit ihrer großzügigen, fließenden Linienführung
und ihrer ftarken Ausdruckskraft der erften Phafe Münftermanfchen Schaffens an, der
die Arbeiten des erften und zweiten Jahrzehntes des 17. Jahrhunderts zuzurechnen find.

Die Stellung (Uiens in der neueren Kunft

Von HEINRICH GLÜCK

Mit sechs Abbildungen auf vier Tafeln

II. ceil

ie die Gotik, fo hat auch die zweite große Kunftblüte (Uiens in der Barockzeit ißr


eigentümliches Gepräge, demzufolge man von einem ddiener Barock im befom

” " deren fpricht. tUorin diej'es Befondere befteht, ift freilich kaum noch näher unter-
fud)t worden. Auch hier müffen nur Andeutungen genügen. Es handelt [ich dabei
nicht um jene italianifierenden Kirchenbauten des 17. Jahrhunderts, die einer in den
füddeutfchen Gebieten allgemeiner verbreiteten Schichte entfprechen, noch auch um die
im Barock auch anderorts üblichen Einzellöfungen, deren Befonderl)eit doch nur die
individuelle Abwandlung beftimmter Stilprinzipien bedeutet. Die Blüte der Barockzeit
Uliens fällt damit zufammen, daß mit dem 18. Jahrhundert die italienifdjen Kiinftler,
die bisher vorzugsweife das Feld beftritten haben, vor den einheimifchen öfterreichifchen
Künftiern zurücktreten. Und wie überhaupt erft mit dem Erftarken des Volkstumes
der Länder der Boden für die Leitungen der Stadt felbft vorbereitet wird, fo ift die
Bewegung zunäd)ft eine öfterreichifcpe, und aus den Ländern erwachfen die Künftler,
die auch an und in den großen und in ihrer Art fchon vielfach eigentümlichen Klofter-
anlagen ihre Betätigung finden. Aber erft der Uiener Boden mit feiner Vielfeitigkeit
bringt das Exzeptionelle in der großen Einzelperfönlichkeit, die das lokal Öjterreicßifche
in das Internationale einzuftellen vermag, das in der 3e^ der Tdeltpläne Karls VI. und
des regften Verkehres mit der tiirkifchen Großmacht in Ödien feinen befondereri Brenn-
punkt hat.
Fifcher von Erlachs Karlskirche (Abb. 3): Ein Einfall, alleinftehend in der europäifchen
Barockkunft. Das Denkmal eines zeitlich und räumlich univerfellen Bewußifeins. Alles
repräfentativ Große der Vergangenheit und der Fremde, das damals erfaßbar war: die
Idee der Triumphbogen und der bildgefcl)mückten Ehrenfäulen der Römer, die Vorhalle

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