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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0223

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zofen (oder zu Franzofen gewordenen Oft- und
Südeuropäer) Derain, O. Coubine (als Maler und
Graphiker gefondert behandelt), G. Kars, ütrillo;
der neokubiftifdje Hmerikaner L. Lozowik, des
Norwegers Mund) grapt)ifd)es Werk; die Bild-
hauer de Fiori, R. Focacci und Rrchipenko
(deffen Graphik ebenfalls ein befonderer Ruffah
gilt).
Von theoretifd)en Äbhandlungen ift nur der
über den Kubismus von Blümner hervorzuheben;
aber man darf geftehen: wüßte man nicht vor-
her Befcheid um diefes Formproblem rein fran-
zöfifcher Rrtung, aus diefem recht gut ge[d)rie-
benen Effay könnte man fein Wefen nicht er-
gründen. Reich illuftrierte Kunftberid)te über die
modernen Bilder in den Sammlungen von Erfurt,
Bremen und Frankfurt, über die gegenwärtige
Kunft in Frankreich, München und Dresden
fchließen fid) an und vollenden das reiche und
abwechfiungsvolle Bild eines Querfchnittes durch
das Jahr 1923 und feine künftlerifchen Ergebniffe
und Intereffen.
Die Namen der Mitarbeiter find jedem Lefer
des Cicerone und der Bändchen „Junge Kunft“
geläufig; man kann pe nicht aufzählen: in einem
folchen Sammelbande überwiegt naturgemäß
das Intereffe am Dargeftellten und Rbgebildeten
weitaus. Selbftverftändlich aber ift, daß fie in
beftem Sinne unterrichtend und wohlorientiert find,
daß fie auf der fjöhe der gegenwärtigen Kritik
ftehen und derartig zufammengeftimmt erfdjei-
nen, daß ihr Stimmenchor wohl als der fort-
gefchrittenfte und maßgebende erfcheint. Wie
die genannten Künftler zu den widptigften Er-
fcheinungen der heutigen Kunft und ihres Inter-
effenkreifes zählen, fo geben audh die Ruffähe
der Biermann, Roh, Wiefe, Graf, Wolfradt, With,
Raynal, Basler ufw. den Con an, in dem die
Beften heute lebende und ältere Kunft fehen.
In diefem Sinne ift das Jahrbuch kein Konglo-
merat von Ruffähen, fondern Niederfchlag der
Produktion und der Wertungen des Jahres, mit
Gefchick und Feinfühligkeit zufammengebracht
von dem Herausgeber Georg Biermann (der
graphifche Ceil mit E. Wiefes Hilfe) und vom
Verlage in der fchon angedeuteten Weife aufs
glücklichfte ausgeftattet. Das Befte, was im
„Cicerone“ hin und her zerftreut anzutreffen war,
komprimiert pd) hier vielfach erweitert, in Form
eines ftattlichen und handlichen Sammelbandes
zu einem dauernden Nachfchlagewerk.
Paul F. Schmidt.
Roland Schacht, Henri Matisse. Rudolf
Kaemmerer, Verlag. Dresden 1922.
Die ftäikften Wirkungen diefes Malers, der
weit über Paris und Frankreich hinaus Vorbild
und Rusdruck der Moderne geworden ift, beruht
vielleicht auf einem erhöhten und differenzierten
Farbenbewußtfein, wie es nur in unferer3eit als
Ergebnis der impreffioniftifchen Erfahrung und

der expreffioniftifchen Empßndungsfteigerung ent-
ftehen konnte.
Roland Schacht vermittelt das Erlebnis der
Kunft von Matiffe. Schacht erkennt richtig, daß
MatiPe wohl die Bewegung der reinen Farbe
zum Bildinhalt macht, dabei aber nicht nach nur
formalen Gefe^en, wie z. B. Kandinfky, Farbe
gegen Farbe fetjt, fondern feine Farberfcheinung
immer noch an Gegenftändliches gebunden gibt.
„Diefes Gegenftändliche wirkt wie auf einer Rkt-
zeichnung der auch nicht direkt dargeftellte, aber
doch fupponierte Knochenbau und gibt der Farbe,
indem es fie ein Hindernis überwinden läßt, noch
ftärkere Rktivität.“ Dabei fucht und erreicht
Matiffe die äußerfte Vollendung der Form, fo
daß auch die bewegteften Bildausfchnitte (und
jeder Strich Matiffens ift gefchwellt von leben-
diger Energie) ein notwendiges Ganze bilden.
Die Rrbeit Schachts ift bei einer etwas hilflos
wirkenden Weitläufigkeit fruchtbar durch die
Selbftändigkeit und Originalität ihrer Ideen und
künftlerifchen Ruffaffung. S. Sch.
Paul Westheim, Für und Wider. Kritische
Anmerkungen zur Kunst der Gegenwart. Kie-
penheuer. Potsdam 1923.
Weftheim hat 25 Ruffälje aus feinem „Kunft-
blatt“ und einigen anderen Blättern zufammen-
geftellt zu einem Buch, das er als Fortfeljung
feiner „Welt als Vorßellung“ bezeichnet. Es ift
eine Fortfetjung im addierenden, nicht im kon-
ftruktiven Sinn, was aber dem Buch feine Brauch-
barkeit und Rktualität nicht nimmt. Die Einheit
darin ftammt ebenfofehr von dem Stoff, der die
wichtigften Künftler der deutfehen Gegenwart
von Choma bis zu Grosz und Beding umfaßt,
wie von der Rnfchauung des Kritikers, es ift eine
mild bejahende, an äußerften Problemen aber
vorßehtig vorübergehende Ruffaffung der wild
bewegten Mannigfaltigkeit gegenwärtiger Kunft
(wobei die Rblehnung von Fragwürdigkeiten wie
Jaeckel, C. Klein, Eberz feinem pcheren Inftinkt
gutzufchreiben ift). Man lieft mit Vergnügen
einige unbekannte Ruffähe aus der Prager Preffe
ufw. und wird pch im übrigen in demfelben Maße
angezogen finden, als man den Kritiker und Her-
ausgeber des Kunftblattes einfehäht. Die Rus-
ftattung mit 92 Rbbildungen rundet das Buch
angenehm ab. Paul F. Schmidt.
Verlagsalmanadje
In einem ftattlichen, reich durch Bildtafeln aus-
geftatteten Oktav-Band berichtet der Verlag von
R. Piper & Co. über eine zwanzigjährige Rrbeit
(1904—1924). Was diefer vorbildliche Münchner
Verlag gerade auf dem Gebiet der Kunft- und
Kunpgefchichte im Verlauf von zwei Jahrzehnten
geleiftet, ift an diefer Stelle gegenüber den
Werken felbft mehr als einmal gewürdigt wor-
den. Dennoch zwingt diefer Gefamtüberblick
erneut zur Rchtung vor der 3ielpd)erheit des
199
 
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