Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

DOI Artikel:
Schneider, Arthur von: Die Monatsbilder Joachim von Sandrarts: im Schleißheimer Schloß und ihr Verhältnis zu der Teppichfolge gleichen Inhalts von Hans van der Biest im National- und Residenzmuseum in München
DOI Artikel:
Passarge, Walter: Der Kruzifixus aus Heinrichs
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0255

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
porträtierte aber Sandrart nach eigener Angabe den Kurfürften1. Klurzbad} nimmt
[ogar an, daß Sandrart nur bis 1641 in Holland verblieb, fo daß dann and) die 1642
datierten Monate (Januar, März, Juni und Juli) in Bayern entftanden wären2. In diefem
Falle ift es aber feßr waljrJcßeinlid), daß der Künftler [einem füiftiidjen Auftraggeber
von Stockau aus [eine Aufwartung machte und bei Gelegenheit der Beficßtigung [einer
Kunftkammer, von der er erzählt, auch) un[ere Teppichfolge [tudieren konnte3. Für
ihre Kenntnis [pridjt aud} die Stelle in der „Teutfd)en Akademie“, an der er die
„Invenjion Peter Candids zu den Tapezereien in Bayern“ lobt, worunter entweder die
Kartons oder die 3cid3nur,gscritwürfe des Künftlers gemeint find4. Eine [tili[ti[d}e
Abhängigkeit der Bilderfolge Sandrarts von den Teppichen van der Biefts würde aber
den außergewöhnlichen Fall einer Beeinfluffung der Tafelmalerei durch die Teppich-
wirkerei einer älteren Generation illuftrieren, während umgekehrt letztere in der Regel
Anregung und Entwurf aus der fjand des zeitgenöffifchen Malers empfängt.

Der Kruzifixus aus ßeinridjs
Mit zwei Abbildungen auf zwei Tafeln Von WALTER PASSARGE

In der Kirche des Dorfes Heinrichs bei Suhl in Thüringen befand [ich bis vor kurzem
ein gotifcher Kruzifixus, der im Oktober 1923 dem ftädtifd)en Mufeum in Erfurt in
Pflege gegeben worden ift. Das ÜUerk ift in künftlerifcher wie in ftilgefchichtlicher
und ikonographifcher Beziehung gleich bemerkenswert; qualitativ darf es ohne Bedenken
zum beften gezählt werden, was die deutfche Plaftik des 14. Jahrhunderts hervor~
gebracht hat.
Da das Stück in Heinrichs faft unbeachtet geftanden hatte und zum Teil recht fd)were
Befriedigungen aufwies, mußte es zunäd}ft einer gründlichen Reinigung und Ausbeffe-
rung unterzogen werden. Vor allem galt es, den Kopf wieder zu befeftigen; dabei
mußte am Fjals ein Stück eingefügt werden. Trotzdem ift cs nid)t zweifelhaft, daß die
jefeige Fjaltung des Kopfes der urfprünglicßen im großen und ganzen entfprid)t.
Die Arbeit fefet [ich aus drei Teilen zufammen: Körper, Kreuz und Nimbus. Die Ge-
ftalt des Toten und das Kreuz find aus Erlenholz, der Nimbus aus Kiefernholz ge-
arbeitet. Die Gefamthöhe beträgt 189 cm, die Gefamtbreite 106 cm und die Gefamt-
tiefe etwa 20 cm. Der Nimbus fowie Teile des Corpus find mit einem Leinwandüberzug
verfehen. Refte der alten Faffung haben [ich erhalten. Der Körper zeigt rötliche Fleifd)-
töne und rote Blutstropfen. Die ßaare find fchwarzbraun, die Dornenkrone grün, das
Lendentuch außen golden, innen blau. Beim Nimbus find Ornament und Rahmung
golden, der Grund blau gehalten. An zahlreichen Stellen wird der Kreidegrund [ächt-
bar. Das Kreuz ift rot gerahmt, die Querbalken zeigen auf olivfarbenem Grunde fd)warze
Rofettenmufter (fog. rosa mystica). Die Enden tragen Malerei in ÜUeiß, Schwarz, Braun,
Gelb, Graugrün, Rofa und Rot auf blauem Grund.
Klie gefagt, ift die Erhaltung des lüerkes leider nicht die befte. Die rechte hintere Locke
ift abgebrochen, der rechte Ellenbogen zerfplittert und der linke Oberarm gefpalten.
Sämtliche Finger fowie zwei 3ehen des rechten Fußes find verftümmelt. Auch der
Nimbus ift ftärker verlebt.
Eine genaue Unterfud)ung ergab zunächft, daß das fjolz des Kreuzes aus jüngerer
3eit [tammt als das der Figur des Gekreuzigten und des Nimbus. Diefer Befund deckt
fid) infofern mit dem ftiliftifefeen, als die Malerei auf den Endplatten des Kreuzes dem

1 Ceutfche Akademie II. S. 249 a. — 2 R. v. Cöurzbad), Niederländifches Künftlerlexikon II. S. 555.
3 Ceutfche Akademie II. S. 224b. — 1 Ebenda II. S.236a.

231
 
Annotationen