und gegen die Luft gefegt. Das Blatt ift ein gutes Beifpiel dafür, wie in glücklichen
Stunden dem jungen Künftler vor der Natur ganz unbefchwerte und in fiel) gefd)loffene
Blätter gelangen. Keine der anderen 3^icbnungen mit Baumftudien \)at eine fold)e
Frifche. Oft zeigen fie in der Anlage eine weitgedehnte Landfchaft, von der nur einige
große Bäume im Vordergründe mit der Feder ausgeführt wurden. In den Bergftudien
gelangt Borny bisweilen zu einer Großzügigkeit, die nur wenige feiner 3eitgenoffen
erreicht haben. So in der „Berglandfchaft mit einem Kreuz im Vordergründe“, die den
Gegenfatj der hellbeleuchteten Grathänge eines kahlen ßöhenzuges zu der dunklen Maffe
eines bewaldeten Vorberges mit den einfachften Mitteln herausarbeitet. Ausgezeichnet
gelingt es ihm immer, die Struktur der kahlen italienifchen Gebirge mit ihren zackigen
oder ftraff gerundeten Umriffen, ihren fteilen Abhängen und tief eingefchnittenen
Schluchten unter dem grellen Licht der Sonne wiederzugeben.
C. F. von Rumohr, Bornys Berater und Gönner, beklagt fich in feinen Reifeerinne-
rungen einmal darüber, fein Schütjling habe in Rom begonnen, „gemeine bäuerifche
Bandlungen in Karrikatur zu fetjen und dabey in Elengroßen Papierzeichnungen ohne
Belldunkel, ohne Perfpektiv, ohne Vor- und 3urückfpringen millionenfache Str.d)elungen
anzubringen1“. Er düifte dabei 3eichnungen wie die „Beimkehrende Bauernfamilie“
des Dresdner Kabinetts im Auge gehabt haben (Abb. in Lebenserinnerungen von
L. Richter, ed. Lehrs [Abb. 10], wo durch die Verkleinerung das Ganze merkwürdig
an Lebendigkeit gewonnen hat). Sie zeigt zwei Paare, ein altes und ein junges, die,
einige 3iegen vor fich betreibend, einen fteilen, felfigen Pfad empoifteigen. Ohne die
Entrüftung zu teilen, die Rumohr vor folchen Blättern ergriff, wird man doch nicht
leugnen können, daß fie hinter den Landfchaftszeichnungen zurückftehen. Eine gewiffe
Leere des Ganzen und eine unerfreuliche Bärte der Sachführung beeinträchtigen die
an fich gut durchgeführte Kompofition des Dresdner Blattes. Doch darf nicht vergeben
werden, daß es in der Art eines Kartons weniger zur [Wiedergabe und Belebung von
Einzelheiten als zur genauen Feftlegung der Erfindung dienen füllte. Sie ift nicht ohne
Vorftudien zu diefer Faffung gelangt. Auf der Rückfeite einer Berglandfchaft (Nr. 19
des Verzeichntes am Schluß) befindet fich ein erfter flüchtig notierter Einfall, der be-
reits die Bauptlinien zeigt. Die Naturftudie zu dem älteren Bauern fcheint eine mit
Feder und Pin fei fkizzierte Figur eines emporfteigenden Mannes mit ausgeftreckt ge-
haltenem Stabe zu fein (Nr. 23 des Verzeichntes).
Die Begabung Bornys lag offenbar auf dem Gebiet der Landfd}aftskunft. Klein-
figurige Staffage fügte er mit feinftem Gefd)mack in feine italienischen Anfichten ein.
Gelegentlich gelang ihm auch eine Einzelfigur in kleinem Format aufs befte. [[Io es
fich aber darum handelt, aus menfct)lichen Geftalten in größerem Maßftab Kompofitionen
zu bilden, muß er hinter den Figurenmalern feiner 3eit zurücktreten. Dagegen hat er
gelegentlich Köpfe mit einer entzückenden, naiven Ehrfurcht gezeichnet. [Inendlich forg-
fältig Konturen und Innenzeichnung ausführend, bewahrt er z. B. bei dem „Kopf eines
Olevanefer Bauernburfchen“ trotj aller Gewiffenhaftigkeit der Einzelbeobachtung die
ganze Frifche und Unmittelbarkeit des erften Eindrucks (Abb. 5). Es gelingt ihm in
Bildniffen wie dem des Malers Philipp Fohr die 3üge rafch zu fkizzieren und dabei
den ganzen Charakter des Dargeftellten wiederzugeben (Abb. in Lebenserinnerungen
von L. Richter, ed. Lehrs [Abb. 14]). Und mehr als ein Bildnis ift diefe [Wiedergabe eines
Einzelnen. Binter ihm taucht romantifche Gefinnung, etwas von dem Geift und [Wollen
jener 3eit auf. [Wie Fohr fich h‘er zeigt, fo mögen die meiften der von Sehnfud)t
nach einer fchöneren Vorwelt und von Boffnung auf ihre [Wiedererweckung erfüllten Jüng-
linge aufeinander gewirkt haben. Eine Vereinigung von Empfindfamkeit und Urwüchfig-
keit, von fehlster Offenheit und in fid) gekehrter Verfenktheit fpricht bezaubernd aus
den weichen 3ügen, dem in die Ferne blickenden Auge.
1 C. F. von Rumobr: Drey Reifen nad) Italien. Leipzig 1832, pag. 209.
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Stunden dem jungen Künftler vor der Natur ganz unbefchwerte und in fiel) gefd)loffene
Blätter gelangen. Keine der anderen 3^icbnungen mit Baumftudien \)at eine fold)e
Frifche. Oft zeigen fie in der Anlage eine weitgedehnte Landfchaft, von der nur einige
große Bäume im Vordergründe mit der Feder ausgeführt wurden. In den Bergftudien
gelangt Borny bisweilen zu einer Großzügigkeit, die nur wenige feiner 3eitgenoffen
erreicht haben. So in der „Berglandfchaft mit einem Kreuz im Vordergründe“, die den
Gegenfatj der hellbeleuchteten Grathänge eines kahlen ßöhenzuges zu der dunklen Maffe
eines bewaldeten Vorberges mit den einfachften Mitteln herausarbeitet. Ausgezeichnet
gelingt es ihm immer, die Struktur der kahlen italienifchen Gebirge mit ihren zackigen
oder ftraff gerundeten Umriffen, ihren fteilen Abhängen und tief eingefchnittenen
Schluchten unter dem grellen Licht der Sonne wiederzugeben.
C. F. von Rumohr, Bornys Berater und Gönner, beklagt fich in feinen Reifeerinne-
rungen einmal darüber, fein Schütjling habe in Rom begonnen, „gemeine bäuerifche
Bandlungen in Karrikatur zu fetjen und dabey in Elengroßen Papierzeichnungen ohne
Belldunkel, ohne Perfpektiv, ohne Vor- und 3urückfpringen millionenfache Str.d)elungen
anzubringen1“. Er düifte dabei 3eichnungen wie die „Beimkehrende Bauernfamilie“
des Dresdner Kabinetts im Auge gehabt haben (Abb. in Lebenserinnerungen von
L. Richter, ed. Lehrs [Abb. 10], wo durch die Verkleinerung das Ganze merkwürdig
an Lebendigkeit gewonnen hat). Sie zeigt zwei Paare, ein altes und ein junges, die,
einige 3iegen vor fich betreibend, einen fteilen, felfigen Pfad empoifteigen. Ohne die
Entrüftung zu teilen, die Rumohr vor folchen Blättern ergriff, wird man doch nicht
leugnen können, daß fie hinter den Landfchaftszeichnungen zurückftehen. Eine gewiffe
Leere des Ganzen und eine unerfreuliche Bärte der Sachführung beeinträchtigen die
an fich gut durchgeführte Kompofition des Dresdner Blattes. Doch darf nicht vergeben
werden, daß es in der Art eines Kartons weniger zur [Wiedergabe und Belebung von
Einzelheiten als zur genauen Feftlegung der Erfindung dienen füllte. Sie ift nicht ohne
Vorftudien zu diefer Faffung gelangt. Auf der Rückfeite einer Berglandfchaft (Nr. 19
des Verzeichntes am Schluß) befindet fich ein erfter flüchtig notierter Einfall, der be-
reits die Bauptlinien zeigt. Die Naturftudie zu dem älteren Bauern fcheint eine mit
Feder und Pin fei fkizzierte Figur eines emporfteigenden Mannes mit ausgeftreckt ge-
haltenem Stabe zu fein (Nr. 23 des Verzeichntes).
Die Begabung Bornys lag offenbar auf dem Gebiet der Landfd}aftskunft. Klein-
figurige Staffage fügte er mit feinftem Gefd)mack in feine italienischen Anfichten ein.
Gelegentlich gelang ihm auch eine Einzelfigur in kleinem Format aufs befte. [[Io es
fich aber darum handelt, aus menfct)lichen Geftalten in größerem Maßftab Kompofitionen
zu bilden, muß er hinter den Figurenmalern feiner 3eit zurücktreten. Dagegen hat er
gelegentlich Köpfe mit einer entzückenden, naiven Ehrfurcht gezeichnet. [Inendlich forg-
fältig Konturen und Innenzeichnung ausführend, bewahrt er z. B. bei dem „Kopf eines
Olevanefer Bauernburfchen“ trotj aller Gewiffenhaftigkeit der Einzelbeobachtung die
ganze Frifche und Unmittelbarkeit des erften Eindrucks (Abb. 5). Es gelingt ihm in
Bildniffen wie dem des Malers Philipp Fohr die 3üge rafch zu fkizzieren und dabei
den ganzen Charakter des Dargeftellten wiederzugeben (Abb. in Lebenserinnerungen
von L. Richter, ed. Lehrs [Abb. 14]). Und mehr als ein Bildnis ift diefe [Wiedergabe eines
Einzelnen. Binter ihm taucht romantifche Gefinnung, etwas von dem Geift und [Wollen
jener 3eit auf. [Wie Fohr fich h‘er zeigt, fo mögen die meiften der von Sehnfud)t
nach einer fchöneren Vorwelt und von Boffnung auf ihre [Wiedererweckung erfüllten Jüng-
linge aufeinander gewirkt haben. Eine Vereinigung von Empfindfamkeit und Urwüchfig-
keit, von fehlster Offenheit und in fid) gekehrter Verfenktheit fpricht bezaubernd aus
den weichen 3ügen, dem in die Ferne blickenden Auge.
1 C. F. von Rumobr: Drey Reifen nad) Italien. Leipzig 1832, pag. 209.
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