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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0536

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Sammlungen

fuchen. Sie ift taktvolle Nüchternheit, die [ich
gleich fern hält von mumifizierender Regißrie-
rung wie von Stimmungsmache und Meiningerei.
Dem entfpricht die klare Diskretion der Einrich-
tung bis ins Detail. Die von mattgoldenen Cür-
leibungen getrennten Säle find grau, graugrün
und lila geftrichen, wobei durch tupfende Be-
handlung und feine Goldfprenkelung eine fehr
angenehme Huflockerung erreicht ift. Durch in
der Hrt von Papierfenftern weiß überfangene
Scheiben fällt ein gut zerftreutes, ftilles Licht.
Einfache Eichenvitrinen nehmen je nur wenige
Stücke auf; auch Scpwertftichblätter etwa oder
Ceefcpalen find nie als Maffenware hingehäuft.
Diefe Scpaukäften pnd in genauer Übereinßim-
mung mit dem Cüandanftrich ausgefcplagen, und
fogar die erläuternden Kärtchen pnd dem im Con
angepaßt, fo daß pe ihre Kliffen pp aft nicht auf-
drängen, fondern nur dem Blick pchtbar werden,
der pe fucht. Den Gemälden find Nifchen ge-
baut, die wiederum nicht Cokonoma fpielen,
aber jedes Klerk auf pch konzentrieren. Es ift
eine europäische Hufßellung, doch erfüllt von
äußer per Ächtung für die Intentionen jener Dinge
und den Geift öftiicher Kunft, und folcpe Ächtung
auslöfend, — fachlich im bepen Sinne diefes
Klortes.
Der Kleg, wie ihn vorerp die Raumfolge weift,
geht von Produkten des 19. Jahrhunderts zurück
bis ins dreizehnte; die beiden noch nid)tgeöffneten
Säle enthalten dann die altchineßfchen Bronzen
und die Klerke der buddhiftifchen Plaftik und
Malerei, alfo das Fjaupt des Ganzen und nicht
die geringpen Schäle der Sammlung. Diefer
Kurs von den mehr virtuofen zu den ganzeffen-
tiellen Dingen hat Manches für pch, zumal die
Befchränkung der Änzahl Gewähr bietet, daß
der Betrachter unermüdet bis ans Ende gelangt
und die qualitative Steigerung voll erlebt. Äuf
den Rang der Stücke felbß einzugehen, verbietet
pch an diefer Stelle, zumal uns zunächft ja nur
ein Äusfchnitt des Beßres bekannt ift. Älles
Schwächliche ift ferngehalten und viele Klerke
gehören, auch mit dem Maßftab ihrer FJeimat
gewertet, zürn Seltenften und Scbönften. China
und Japan find nicht getrennt, fondern in der
Einheit und Klecpfelwirkung dargeboten, die den
kunfthißorifchen Catfachen entfpricht. Die übliche
önterfcpätjung der lebten Epoche wird durch
Gemäide der Shijo-Schule, etwa drei Klerke
des Kikuchi Yofai, gleich einer Revifion unter-
worfen. Dazu Lacke und Keramik des 19. Jahr-
hunderts. Im nächften Raum prächtige No-Ge-
wänder, ein Makimono mit den vier Jahreszeiten
in der Ärt des Moronobu, Gemälde von
Shunfho und Fjokufai fowie eine 1737 da-
tierte große, europäifch beeinßußte Fjerbßland-
fchaft mit birfcpen, ein fehr interepantes Stüde.
Ferner Inros und Schwertzierat. Im dritten Saal
Perlmuttereinlagen, Chaires aus Satfuma und
Seto, Räudberwerkdofen und ein herrlicher Scpreib-

tifch mit Gerät, in Gold und Silber den kiefern-
bewachfenen Strand und Kranidje darftellend.
Es folgt Rakutöpferei, wunderbar getönte Gla-
furen, Lacke mit Perlmuttermofaik und der „Re-
gerpturm“ des Hlu-I-hpen, ein Fjauptwerk der
Ming-Malerei. Daneben noch zwei zufammen-
gehörige Kakemonos mit Klildenten von Okyo.
Kleitergehend gelangt man zu zwei Landfcpafts-
Bildrollen des Chiang-Sung und im folgenden
Saal zu Proben monumentaler Kano-Malerei,
goldgrundierten Schirmen mit Gefellfchaftsfzenen.
Ferner ein prächtiger Bücperfcprein, gußeiferne
Klafferkeffel, Cfuben. No-Masken in befter Klapl;
der berühmte Scpreibkaften des K o r i n mit
3ypreffen und dem Cor des Miwaheiligtums in
Yamato; Hlben mit Liedern auf ftimmungsver-
wandter Landfcpaft, Im fedpten Saal beherr-
fchend ein Darumabildnis des 16. Jahrhunderts,
ferner Setotöpferei, der „Fjahn“ des Seffhu,
„Reiher im Lotus“ von Noami. Eine grau-
tapezierte Vitrine mit grauglaperten koreanifepen
Chawans ift ein mufeales Kabinettftück. Im vor-
läupg lebten Raum des großen Sung-Meißers
Mu-Chi „Klildgänfe“ und fünf roftbraun mon-
tierte, farbig hinreißende Äpat - Bilder des
13. Jahrhunderts.
Mit diefer kurzen Streifpcht feien wenigßens
die auffälligften Stücke der gegenwärtgen Aus-
wahl benannt. Das Ganze iß naturgemäß nicht
ohne Lücke, offenbart aber die Kontinuität einer
unendlich feinen und reichen Kultur aufs Nacp-
haltigfte. Daß diefe fepöne, koßbare Sammlung
uns in kargen Seiten völlig als Gefcpenk zu-
fällt, fei gebührend vermerkt. Stiftungen zum
Andenken an Frau Marie Meyer, Freiburg i.Br.,
des Berliner Sammlers Guftav Jakoby, P.
v. Mendels fohn - Bartholdy, des früheren
Kai fers und anderer haben fie zufammenge-
fügt, und aus dem Auktionserlös von Doubletten
wurde die Einrichtung beftritten. Nicht zuletzt
aber ift diefe Sammlung ein Klerk Ern ft Grof fes
zu nennen, der ihr geiftig den Boden bereitet,
pe in entfepeidenden Ceilen erworben und ge-
fepenkt hat* Klilli Klolfradt.
Köln
In keiner Stadt Deutfdpands waren die Mu-
feen durch die Kriegsjahre fo vernadpäfßgt wie
in Köln. In keiner Stadt ift feitdem mehr für
ihre Reorganifation getan worden. Die Eröff-
nungsfeier des 4. Mai (die vorletzte) galt dem
erzbifepößiepen Diözefan-Mufeum am Domhof-
Mit einfadpten Mitteln hat man die kleine Samm-
lung von Köftlicpkeiten ins rechte Liebt gefegt,
^öffentlich findet pep bald das Geld, um über-
ftriepene Piaftiken und Bilder zu fäubern. Diefer
Entreftaurierung muß auch die berühmte Veil-
chen-Madonna Stephan Locpners unterzogen
werden. Dann wird pe auch wohl den fcpreck-
licpen Rahmen und ihre unzweckmäßige Rund-
bogennifd)e verlaßen dürfen. Fjmrlich find ro-

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