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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0541

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Aufteilungen

lerkreifen vereinigende, temperamentvollere un-
garifcbe Bilderfcbau ftark ab, Doch wenn aud)
die Menge des Mittelmäßigen überwiegt, findet
pd) immerbin einiges Beachtenswerte. Klucbtig
bingeworfene, farbenparke Bildniffe von Sturm-
Skrla, deffen Kinderbild zum Reizvollften in
feiner Art gehört. In weitem Äbftand Janefcbs
farbenfrohes Bildnis feiner Frau, Pick-Morino
mit einem cbarakteriftifcben Porträt des Malers
Paupnger. Unter den Bildern Fabringers wä-
ren der braun in grau gemalte „Kuhmarkt“ und
fein farbigeres „Fafan und Leopard“ hervorzu-
heben. Auch des farbenfatten Lagunenbildes von
3off und der frifchen Vorfrüblingslandfcbaften
von 3erritfch wäre zu gedenken.
Unter den fpärlichen nennenswerteren Pla-
ftikern fällt pcu durch feine Monumentalifie-
rung abgeleierter antiker Reminifzenzen in der
Formenfprache Fjanaks auf. ßofner verbindet
in feiner Faffadenplaftik (Kind über einem Fifd)
pehend) blockhafte Gedrungenheit mit relief-
artiger öüirkurig. Entzückend feine Mupkanten-
Putti (Kinder des Rinascimento in moderner Ver-
einfachung). VonPoutillet ein trojj Bewegtheit
fehr gefcploffener, ftreng relief mäßig komponierter
St. Georg. Recht witjig Endporfers lebendige
Silhouette des hüpfenden Karneval. Im allge-
meinen überwiegt bei den Plaftikern des Künftler-
baufes eine ftreng realiftifcbe Auffaffung. So
auch in der Kollektivausftellung der Medailleur-
Vereinigung. Die wenigen ihr angebörenden
Bildnipe von Ulollek (Bildnis Prof. Mefcbaert
zeichnen fiep durch eindringliche Cbarakteriftik
des Dargeftellten bei Abfepen von der bei feinen
Facbgenoffen fonft üblichen Detailklauberei aus.
Als Schöpfer fzenifcber Reliefs find der auch als
Porträtift Gediegenes leipende R. Schmidt,
Crau^el und der in feinen lebten Ärbeiten ex-
preffioniftifcb angehauchte Cbiede zu erwähnen.
Freilich, mit L. Giefe (dem eigenartigften der
zur Schau gepellten deutfcben Medailleure) kann
(ich keiner der Genannten im Entfernteften ver-
gleichen.
Von Architekturentwürfen fei die großzügige
Anlage eines Ratbaufes in Montevideo von
Krauß, Cpeiß und Jakfeh genannt, bei der die
Umfeljung gotifcper Formenwelt ins Moderne
unter Cüahrung deren Eigenheiten (nach Meffels
Vorbild) aufs glücklichfte gelöft ift. Ferner der
durch gelungene Einfügung in Anlage und arcpi-
tektonifcben Charakter von Schönbrunn be-
merkenswerte Entwurf von Fjoppe-Scböntbal
für das Kliener Stadion.
* *
*
Der Kunpfalon Klürtple hat eine in kleinem
Rahmen gehaltene Gedäcbtnisausftellung des
öüerkes der im Vorjahre verftorbenen Jakoba
van FJeemskerck veranftaltet. In derErwägung,
daß ihr Kiefen erft im Expreffionismus Befreiung
und Erfüllung gefunden hat, dePen Vorkämpferin
in FJolland die einftige Schülerin E. Carrieres

(fpäter eines der früpepen und fenpbelpen Mit-
glieder des „Sturm“) gewefen ift, hat die Leitung
cbarakteripifcbe Graphiken aus der 3eit von Ja-
kobas 3uwendung zum ExprePionismus bis zu
ihrem Ausgang vereinigt. Klir vermögen an den
zur Schau gepellten Arbeiten — ein- und mehr-
farbigen fjolzfcbnitten und Linoleumfchnitten —
Schritt für Schritt die mähliche Umfetjung der
Formen der äußeren Erfcpeinungswelt ins Ab-
ftrakt-Dekorative zu verfolgen. Aus in ftarke
Linien gefangenen, mit klaren, barmonifcb auf-
einander abgepimmten Farben gefüllten (orna-
mental wirkenden) Kompartimenten fich zufam-
menfetjend, erinnern ihre kolorierten Blätter an
Glasfenper gotifcber Kirchen (wie pch denn auch
Jakoba folgerichtig auf dem Gebiet der Glas-
und Mofaikmalerei betätigt hat). Die Prägnanz
ihrer Formenfprache kommt am beften in ihren
markanten, einfarbigen Graphiken zum Ausdruck.
* *
*
Die in der Krypallgalerie ausgeftellten Archi-
tekturbilder des Architekten und Konfervators
G. Lukomfki künftlerifcb werten zu wollen,
wäre verfehlt Ihr 3w^ck ift, ein Stück unbe-
kannter, ruffifcber Kultur möglicbft getreu vor
unferen Augen erfteben zu lapen. Verwacbfen-
fein der (mit dem Aug’ des Malers gefcbauten)
Bauten mit ihrer Umgebung und der fid) daraus
und aus der Durchdringung flawifcben Volks-
tums mit byzantinifcper und weftlicper Kultur
ergebende ungemein malerifcbe Reiz cbarakte-
rifieren jene Anlagen, in deren pbantaftifcber
Monumentalität und Farbigkeit der Orient über
weftlicbe Formenfprache triumphiert. Lukomfkis
Bilder wollen nichts anders als zum Verftändnis
diefer Architektur führen.
St. Poglayen-Neuwall.
Stuttgarter Kunftfommer 1924
Unftreitig hat die durch den Krieg allenthalben
hervorgerufene Stockung desKunftlebens in Stutt-
gart mehr und mehr zu einem fcbüeßlicb faft
völligen Stillftand geführt, der die ehemalige
württembergifcbe Repdenzftadt vor allem bei
der längft wiedererwacpten und überaus leben-
digen Rührigkeit anderer Städte ins Fjintertreffen
geraten ließ. Nun bat man die darin liegende
Gefahr erkannt und ift entfcplopen, den Klett-
bewerb mit aller Kraft wieder aufzunehmen. 3a
diefem 3wecke ift unter dem Stichwort „Stutt-
garter Kunftfommer 1924“ erftmals wieder eine
Reihe, und zwar eine erftauniich reichhaltige
Reihe, von Veranftaltungen geplant, darunter
gleich vier Kunftauspellungen, die auf Interepe
auch außerhalb der fcpwarzroten Grenzpfähle
Anfpruch erheben. Als erfte foll fcpon Ende
Mai im Kunftgebäude eine bis Ende Äuguft
dauernde Schau, „Neue deutfcbe Kunp“, eröffnet
werden. Von Galeriedirektor Dr. Otto Fifcper
geleitet, foll fie in repräfentativen Schöpfungen
durchgereifter Künftler — Kokofcpka, Nolde,
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