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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0856

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DIE ZEIT UND DER MARKT

Sammlungen
Slevogts dekorative Malereien im
Kronprinzenpalais
Durd) Schenkung Johannes Gutpmanns ift be-
reits vor einigen Jahren ein in feiner Art regu-
läres ttlerk, Slevogts Klandmalerei für eine
Gartenballe des an der Fjavel gelegenen Land-
filmes Neu-Cladow, in den Befliß der Sammlung
gekommen, aber unendliche Cransportfcpwie-
rigkeiten verzögerten die Bergung und Auftei-
lung diefes diffizilen Objekts bis jeßt. (Hie in
feinem Stil fo tedpnifcp eine Improvifation,
leichten Sinnes lofe mit Cafeinfarbe auf eine
wenig vorbereitete, vergänglich gemauerte und
überpußteKIand gemalt, zudem bereits verwittert,
wäre diefe entzückende Schöpfung einem rafchen
Untergang geweiht gewefen; nun ift es für
einige 3eit bewahrt, wenn auch troß recht glück-
licher Inftallation und Belichtung in feinem Kiefen
nicht homogener Umgebung. Es fehlt der Klider-
hall der freien Luft, der buntfpielenden Lichter
des Gartens. Der erfte Eindrude ift ziemlich ent-
täufepend, nüchtern, blaß. Das Fjufcperide diefer
Malerei verliert pep, das Gläferne klingt nicht,
eine gewiffe Leere kommt auf, in der das feine
Gefunkel und zarte Schwingen andeutender
Farben verfickert. Betritt man aber dann den
Pavillon felbft und betrachtet die Malerei fcpmecke-
rifcp aus der Nähe, fo lebt plößlicp alles zaube-
rifcp auf, hobt köftlicp zu tanzen und zu büßen
an, in heiterer Änmut des Einfalls, des Kolo-
rits und des Vortrags fiep entfaltend. Slevogt
hat freilich kein monumentales Fresko ange-
ftrebt, fondern unbekümmert feine Laune, die
geiftreidje Lockerheit der fand walten laffen
und die drei Güände wie die kaffettierte Decke
frei und leichthin mit Blumengewinden, elfen-
haften Figürdjen und allegorifcher Allotria, mit
buntfiedrigem und langfcpwänzigem Getier über-
fchmückt, das fid) munter über die hellgrundigen
Fjauptfelder und dunkler gliedernden Pilafter in
Neckerei und luftigem Gefchaukel ausftreut.
Demgegenüber find die größeren Geftalten der
vier Elemente auf den Seitenwänden etwas maffiv
ausgefallen, fehr leid)t und liebenswürdig aber
wieder die Impromptüs der Dedce und die Äff-
chen und Fücpfe, der rofa Kakadu, der Nashorn-
vogel und die Stange mit dem kleinen Gevögel
auf dem oberen Fries, f ier zumal offenbart fid)
die unerfepöpfte Fröhlichkeit und delikate Frei-
händigkeit Slevogts unwiderftehlicl). Jedenfalls
dürfen wir uns freuen, dies reizende Gebilde und
feltene Beifpiel imprefßoniftifcper Dekoration ge-
wonnen zu hoben, mag es auch kein geborenes
Mufeumsftück und bei aller fprühenden Scpwer-
lofigkeit der Anlage und vieler Details nichts
durchaus Gelungenes fein.

Dies gewiß nicht wegen eines prinzipiellen
Kliderfprucps zwifepen impreffioniftifcper Lodce-
rung und dekorativer Aufgabe des Freskos, wie
er, troß den römifepen Katakomben, häufig
ftatuiert wird. Gerade die erfindungsreich ran-
kende Leichtigkeit Slevogts bedeutet eine fpezi-
fifcpeEignung, da fie die Kland fepmüdeen kann,
opne fie zu verdedeen. Es ift ausgezeid)net, daß
zwei Leihgaben das Kronprinzenpalais in den
Stand feßen, Slevogt nach diefer Seite pin weiter
kennen zu lepren. Gelegentlich eines Revolu-
tionsballes der Sezeffion 1908 pat der Künftler
ein paar mächtige Geftalten, zur Guillotine Ge-
fcpleifte, einen kopfabwärts Aufgehängten, Klei-
ber auf die Klandbefpannung geworfen, kalkig
auf den grauen Stoff, in fcplagender Klirkung.
Einige erhaltene Ceife diefer kühnen und groß-
zügigen Dekorationen pat Paul Caffirer nun bei-
gefteuert; dazu kam aus dem Bepße der Frau
Reinhold der koftbare oauberflöten-Fries, ein
fepimmernder, goidgrundierter Streifen mit fta-
tuarifepen Gruppen an den Enden, grotesk be-
wegten Figuren in der Mitte, lofe gereiht und
wunderbar durepfepeinend gemalt. Alle Liebe
Slevogts für Mozart und das heitere Gepränge
der Oper fepeint auf dies gleißende Band kon-
zentriert, das nun in einem kleinen Kabinett
mit 3eicpnungen und Aquarellen Slevogts (z. B»
der blaugoldene Einband zur „Eroberung Me-
xikos“) eine tiefblaue Kland nach oben abfcpließt,
Man erkennt fepr deutlich den inneren 3ufarn-
menpang zwifepen jenen ausgelaffen über das
Blatt quirlenden Federfpielen und den ßugs
und erfindungsfroh ausgefepütteten, reigenpaften
Dekorationen. Und man erfährt in diefem Augen-
blick gern von neuen Kländen des Künftlers in
einem Berliner Privathaus, in denen feine Ver-
fuepe auf diefem Gebiet einen Gipfel erreicht
haben follen. —
Das Kronprinzenpalais pat zudem feinen Be-
ftand an Gemälden Slevogts durch eine ganze
Reihe fepr beträd)tlicper leipweife ergänzt, in
der ein entzückend lüftiges Bild des Cladower
Gartens mit der kleinen halle pier befonderes
Intereffe pat. Ferner eine Pfalzlandfcpaft, die
der Galerie gefepenkt wurde, und als Leihgaben
ein fepr üppig gefepenes Frucptftück und mehrere
fkizziftifepe Kriegsbilder. Es ergibt fiep ein ge-
fcßloffener Eindrude von Slevogt als Maier. —
Aucp fonft pat die Galerie zur 3eit befondere
Schüße zu Gafte, nämlich einige hervorragende
Stücke der Münchener Staatsgalerie, im Leip-
taufcp überlaffen. So ift durch perrlid)e van
Gogps, durd) mehrere Gauguins, Cezannes, durch
„die Barke“ Manets, einen Maurice Denis, einen
Liebermann, das „Bad der Diana“ des Fjans von
Marees u. A. m. der Beßß der Sammlung vorüber-
gehend in pöcpft bemerkenswerter Kleife ergänzt
und manche fcpmerzlicpe Lüdce ausgefüllt. Einige

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