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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0861

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Ausheilungen

Cbrifti“ eines bayrifcßen Meifters um 1460 fcßei-
nen fcßon in der Gewohnheit des Bilddrucks
erfchaut zu fein. Es f<±)ließt ficb die füße und
leicßtbewegte „Fjl. Urfula“ von Fjolbein an, die
auch in der Cedjnik die zarte Bebutfamkeit der
inhaltlichen Erfaßung zeigt. Von Fjans Baidung
Grien iß; eine großdramatifcße und reliefhaft ge-
baute Federzeichnung „Beweinung Chrifti“ auf
braunem Grunde und daneben eine Bleiftift-
zeid)nung „Geburt Cbrifti“ in traumhafter Ver-
webung von legendarifcbem Inhalt und andachts-
voller Inbrunft zu fehen, außerdem ein für Bai-
dung cbarakteriftifcbes Blatt „Vergänglichkeit“.
Die Krönung diefer deutfcben Meifter bedeutet
Dürers „Chriftus am Ölberg“, eine 3eichnung von
vißonärer Erfcbauung bei typifh deutfcher, zu-
gleich fubtil realiftifcher und ornamental groß-
artiger Faffung der Landfhafc. Lukas Cranad)
trägt die „Allegorie auf den Sündenfall“ und „Die
Erlöfung“ nebeneinander auf engem Raume
cbronikbaft fachlich vor und doch verklärt durch
den 3auber feiner leicht befcbwingten Fjand.
Sein „Chriftus und die Ehebrecherin“ bietet eine
eingehende, liebenswürdige Pfycbologie des Vor-
gangs. Pbantaftik und Krausbeit des Einfalls
und der Stimmung geben die wundervollen
Blätter von Klolf Fjuber und Altdorfer. Der
biedere Dürerfchüler Fjans von Kulmbad) ift mit
vielen Entwürfen vertreten, daneben Bebam,
Scbäuffelein, Pencz ufw. Von Urs Graf ift ein
kühnes, renaißanceßaftes Blatt „Ritter und Dir-
nen“ ausgeftellt, von Fjans Sebald Lautenfack
eine efpritbafte, allegorifche „Geburt“. Es folgen
die fcßwungvollen Darftellungen der Rotten-
hammer, Fjans von Hachen und Spranger, die
den Übergang der Renaiffance zum deutfcben
Barock bieten. Blätter wie „Der Criumpbzug
eines ßegreicßen Fjeeres“ eines Schweizer Mei-
fters um 1570 mögen in bezug auf Cypenbildung
und Reihung JJodler beeinflußt haben.
Von den Niederländern zeigt ein merkwürdig
einfaches Blatt „3wei alte Kleiber“ von Bofd)
die doch für den Künftler harakteriftifhe, my-
ftifdje Ausdruckskraft. Brouwer erfcßeint be-
fonders überrafcßend, von unkonventioneller
Originalität, die diefe 3eihnungen in der Schlag-
kraft über manche Bilder des Meifters hebt.
Eine Prügelfzene iß von frappanter Dynamik.
In einer Landfchaftsfkizze ßnd dunkle und helle
Maßen, wie fpäter bei Daumier, malerifd) gegen-
einander abgewogen. Eine „Sommerlandfcbaft
mit Kirdje“ von Efaias van de Velde, leicht
rofa und blau aquarelliert, ift ftill und reich wie
ein romantifcbes Bild, fdjwingend in Fjarmonie,
Merkwürdig früh und feiten iß das Motiv einer
fteil auffteigenden, wild zerrißenen Fjocßgebirgs-
landfcbaft des Flamen Cobias Verbaecht, der
von 1566—1631 lebte. Elsßeimer bietet eine
italienifcbe Gebirgslandfcßaft mit Maultierzug
von duftigem Reiz. Von Rembrandt ßnd neun
3ei<hnungen anwefend, die beßen aus demBe«

ßtj von Dr. Valentiner. Sie tragen das wunder-
bare Späßen Rembrandts: die unergründliche
Einheit von Vißon und Cecßnik, von Erde und
Jenfeits.
Der Franzofe Jacques Beilange wirkt in der
eleganten Verve feines „Stuwer mit Putto“ wie
der Vorläufer eines Beardsley.
Guter der Sammlung der Italiener fällt eine
weißgehöhte „Anbetung der drei Könige“ eines
venezianifeben Meifters aus der Mitte des
16. Jahrhundert auf, die in Kontraposten fdjwelgt.
Von Cintoretto ßnd zwei Studien zu Gemälden
zu fehen, ein „Chriftus in der Vorhölle“ zu dem
Bild in S. Cafßano in Venedig und eine kauernde
Geßalt zu der „Caufe Cbrifti“ in der Scuola di
SanRocco zu Venedig. Intereßant iß, wie kühn
hier Cintoretto mit der ßch geßellten Aufgabe
eines Proportionsfchemas umgeht.
Bildhafte und malerifd) reiche Blätter bietet
das venezianifdje Rokoko. Den Kleg zum Im-
prefßonismus betritt fcßon Francesco Guardi mit
feiner „Madonna“.
Die widjtigßen der 3eid)nungen> die wieder
in Privatbefilj zurückkehren, ßnd in einer reich
ausgeßatteten Publikation (Frankfurter Verlags-
anftalt A.-G. 1924), die Direktor Swarzenfki ber-
ausgegeben hat, dem allgemeinen Intereße zu-
gänglich gemacht. Von Dr. Edmund Schilling ift
die forgfältige Bearbeitung des Kataloges.
Safdja Schwabadjer.
Brüffel
Als Kommißar für die belgifdje Abteilung auf
der Internationalen Kunftgewerbeausftellung Paris
1924 wurde Graf Adriaan van der Burcßt
ernannt, derfelbe, der 1910 die Oberaufßdjt über
die Brüßeler Kleltausftellung hatte. Die künft-
lerifcßen Kreife ßnd mit der Ernennung wenig
zufrieden, da Graf van der Burcßt woßl bc-
fcßlagen in wirtfcßaftlichen Dingen, aber in
Sahen des Kunftgewerbes unkundig ift. Die
Jury zur Empfangsnaßme der Einfendungen be-
fteßt aus Markies Ciamberlani (Maler), Marius
Renard (3eid)ner), Fierens Gevaert (Mufeums-
leiter). Da die Mittel, die der Staat für die Äus-
ftellung zur Verfügung ftellte, befeßränkt find,
zeichneten einzelne Provinzen Ermunterungs-
beiträge. Klie auch in Fjolland, fueßen in Bel-
gien die Baumeifter die Äusftellungsgelegenbeit
vollkommen unter ißren Einßuß zu bringen, ob-
wohl nah dem Programm des Unternehmens
die Architektur nur ein Unterteil des 3urf<d)au"
geftellten fein darf. ß.
Dresden
Die Galerie Arnold bat von jeher mit gro-
ßem Eifer und viel Verftändnis ßandzeießnungen
und Aquarelle gefamrnelt und gezeigt. L. Gut-
bier fcßrieb 1921 für den Katalog einer folcßen
umfaßenden Ausftellung einleitende Klorte über
die befondere Freude, die er als Inhaber des
Kunftfalons beim Huffinden, Erwerben undVer-
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