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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Hübner, Paul: Die Zukunft der preußischen Schlösser
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1059

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Diefe Ärbeit beanfprud)t bei jedem einzelnen Schloß längere 3eit, und wir find in vielen Fällen
noch mitten in der Ärbeit der Nad)forfd)ung, tüiederberftellung und Neuordnung begriffen. Id)
möchte auch nicht verhehlen, daß es uns anfangs zweifelhaft erfdjien, ob die Sichtungsarbeit
bei oft bewohnten Sd)löffern mit Erfolg durdbzuführen wäre, und daß es fdjüeßlich nur die
immer neue Betätigung der glänzenden Ordnung in der Äkten- und Rechnungsführung der
Fjofbehörden, befonders aber in der Inventarbucbführung, gewefen ift, die uns zur Fortfet$ung der
Ärbeit ermutigte.
Die erften Inventarficptungen gefcbaben bei kleineren Objekten; zunäcbft in Breslau, wo die
Äusftattung der von Friedrich dem Großen ausgebauten und der von Friedrich Cüilhelm III. 1813
bewohnten Räume fich Stück für Stück feftftellen ließ, und in Königsberg, wo fid) das Mobiliar
der von der Königin Luife bewohnten 3immer beinahe vollftändig wiederfand. Die beiden kleinen
Scblöffer Friedrich tüilhelms II. bei Potsdam, Marmorpalais und Pfaueninfel, waren einfad) ge-
artete Fälle. Schwieriger und leider vorwiegend von negativem Erfolg, waren die Nachfor-
fd)ungen bei den rheinifcben Sd)löffern, die wir aus beftimmten praktifchen Gründen fodann vor-
nehmen mußten. Bei faft allen rheinifchen Schlöffern ift das zur urfprünglicben Äusftattung ge-
hörige Mobiliar verloren; dies gilt insbefondere für Brühl; immerhin hat fich der Verbleib der
in Bensberg in die preußifcbe 3eit hinübergeretteten Sachen ermitteln laffen, und ebenfo ift ein
wefentlicber Geil der Äusftattung des Jägerhofes in Düffeldorf und des Schloffes Benrath feftge-
ftellt. Darauf gingen wir an ein größeres Schloß, das Neue Palais. Fjier liegen die Verhält-
niffe infofern günftig, als das Ganze ftiliftifd) aus einem Guß ift und eine ununterbrochene Reihe
von Baubefchreibungen und Inventaren vor der 3eit Friedrichs des Großen bis jetjt exiftiert.
Die Ärbeiten in Schloß Sansfouci, für die die Seidelfchen Forfcbungen bereits Vorlagen, find
ebenfo wie in Charlottenburg noch im Gange. Die Bildergalerie in Sansfouci — ein befonders
fchwieriges Problem, da die beften Stücke 1830 an das neugegründete Mufeum abgegeben wur-
den — ift noch nicht in Ängriff genommen; der eben erfcbieneneFührer durch die Neuen Kam-
mern zeigt, bis zu welcher Genauigkeit im einzelnen dank der Ergiebigkeit des ürkundenmaterials
die Feftftellung und damit aud) die ttliederherftellung gehen kann.
Ich habe wiederholt das ominöfe lüort „tüiederherftellung“ gebraucht. Nach dem bisher Ge-
fagten brauche ich kaum noch zu betonen: wir denken nicht an GQiederherftellungen oder angeb-
lich ftilgemäße Neueinrichtungen in dem berüchtigten Sinn früherer 3eit; denn wir fehen an vor-
handenen Beifpielen zu deutlich, daß die Erzeugniffe einer anfcheinend getreuen Einfühlung in
den Stil eines Bauwerkes nach wenigen Jahrzehnten bereits jene fdbillernde 3weideutigkeit des
äftbetifcben Eindrucks bervorrufen, die dem empßndfamen Befchauer befonders unangenehm ift.
Klir rücken da, wo uns die Quellen ausreichend belehren, und wo es praktifd) möglich ift, mit
vorfichtiger Fjand die Dinge wieder an ihren alten Platj oder fud)en fie durch Entfernung unor-
ganifcher 3utaten zu reinerer üüirkung zu bringen.

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