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Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

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Nr. 17 - Nr. 25 (1. März - 29. März)
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D'r Nagglmaier.

E alt Schbrich-
wort ſegt: Ma ſoll
nix aus d'r Schul
ſchwetze. Awer wie
iweraal, ſo aah do
ke Reegl ohne Aus-
nahm. Okondrol-
leer, es is als emool
recht gut, wann ma
was aus d'r Schul
heert. Ma lernt
ſein Leit kenne. Doch
ke langi Einleitung.
Die Schullehrer ſinn
bekanntlich nit zu
beneide. Sich 's
ganz Johr mit beeſe
Buwe un Meedle
rumärgere is ke
Kleenigkeit. So e
Lehrerberuf is alſo
zwar ſehr ſcheen,
awer-oft aah ſehr
hart. Drotzallem
dem derf ſich d'r
Herr Lehrer nit al-
leen mit Schläag —
helfe, wann die Ju: — — ö
gend nit barriere will. Es gibt Schtroofe, die viel
beſſer wirke, ohne ſchbanniſch Rohr.
Lehrer weeß deß aah, un macht norr im heekſchte Noth-
fall vum Schulkorperalſchtock Gebrauch. Wie folgend
Exempl vum Beiſchbielche beweist, ſinn awer nit alle
Jugenderzieher vun meiner Anſicht! Kerzlich is näm-⸗
lich en Schieler derart vun Jeim Herr Lehrer zur Reſ-
ſon gewiſſe worre, daß die g'ſchwollene Schbanniſch-
rohrſchbure ſehr lang davun ſichtbar ware. Zum Schluß
d'r exemplariſche Lehrerexekution is der arme Bu awer
aah noch zu d'r Dhier nausg'ſchmiſſe worre. Der Bu
klagt natierlich daheem ſein Schulſchmerz. D'r Vat-
ter, noochdem'r ſich vun denne growe unſchickliche
Schläg uff'm Buckl vun ſeim Sehnche iwerzeigt, be-
klagt ſich natierlich ſofort beim bedreffende Ortsſchul-
rath. D'r Herr Ortsſchulrath unnerſucht pflichtſchul-
digſcht gleich die G'ſchicht, geht in die Schul, un froogt
die Schieler: ob's aah wohr wär, daß d'r Kamerad
So un So 's ſchbanniſch Rohr angemeſſe kricht hätt.
— Sämmtliche Kinner bejahe es. Wie d'r Herr Orts-
ſchulrooth awer widder die Dhier hinner ſich zuge-
macht, hawe die Kinner, weil ſe ſo hibſch all die
Wohrheit geredd, mit demſelwe ſchbanniſch Rohr
all ſogenannte Tatze, odder Poote kricht. — Soodele,
ſegt mein Fraa. Macht eich e Bild davun. Vun dem

Herr Lehrer ſowohl, wie vun ſeiner vordreffliche Ju-

genderziehung!
E ſcheener Bild. Männer! Un

Uhr heemkume.

En verninftiger

8⁴

deß haw ich am Montag in Carlsruh g'ſehe. Die
Carlsruher hawe am Montagoowend bekannklich feſcht-
lichi Beleichtung g'hatt. Sie ſinn zwar arg hinnenooch
mit kumme zur Friedensfeier, awer deſto ſcheener un
brillianter iſſ'es aah ausg'falle. Ich war iwerigens
nit alleen am Montagoowend in d'r Reſidenz, ich hab
noch Heidlberger genug drowe g'ſehe. Froogt Jeden,
der dort war, ob ich zu viel ſag, wann ich behaupt;
Deß Carlsruh hott eem am Montagnacht vorkumme
kenne wie e Märche aus Tauſend un eener Nacht —
un zwar ohne viel Phantaſie zu habe. Awer viel.
Maleer haw ich widder uff der Barthie de Bleſſier
g'hatt. Nummero eens haw ich een vun unſere Bumml-
zieg verwiſcht, die hunnert Schtund fahre, bis ſe an-
tumme, un uff jeder Schtation 300 Schtund halte, bis
ſe ſich widder in Bewegung ſetze. Nummero zwee haw
ich mein Barblee vergeſſe, un bin puddlnaſſ drowe
worre, dann gege 10 Uhr hott's anfange zu reegne.
Nummero drei haw ich nix zu Nachteſſe kricht. D'r
Fremdeandrang war ſo groß, daß ma froh war, wann's
Schwarzbrod nit ausgange is. Vun Befſchteck un Eier
will ich gar nit redde. — Dann bin ich, ſchtatt
Morgens am ½3 Uhr, erſcht widder Morgens am ½5
Lauter Bleſſier. Awer ſcheen war's
doch. In Carlsruh war per Exempl 's Schloß beleicht.
Dort hott mer's nit dunkl ligge loſſe, wie hier. Frei-
lich ſinn die Carlsruher nit alleen dran ſchuld, daß es
beleicht war — deß is aah widder wohr. Verſchtanne?
Schließlich hätt ich noch folgendi neii Breddig 4 14
Victor Hugo zum Beſchte zu gewe;
Mehrere Pariſer Blätter nennen den Friedensver-
trag eine Schmach für Deutſchland. *
Ja, das ſoll wahr ſein. Wenige von unſern Trup-
pen werden wir wiederſehen, denn ſie müßten unter-
wegs vor Schaam in den Boden verſinken, der ohne-
hin nirgends mehr gefroren iſt. Kein Deutſcher wird
mehr in Böhmen, in Montenegro, in Holland, in Af-
rika oder auch in England herumgehen können, ohne
die Augen niederzuſchlagen! Namen wie Wörth, Se-
dan, Metz u. ſ. w. werden genügen, ihn in die Einſam-
keit zu jagen. Und wer den Schaden hat, braucht für
den Spott nicht zu ſorgen. Die Preußen werden es
ewig hören müſſen, daß ſie zu Verſailles nicht einmal
Säcke hatten, ſondern wie die Bettler ihr Geld in Lum-
pen wickelten. O Schand! Wie ächte Pfannenflicker
ſammeln ſie Alles was von Bronce oder Erz iſt zu-
ſammen, um es heimzuſchicken. Und welcher Hunger!
Während jeder Pariſer mit Ekel erfüllt war und der

allgemeine Zorn ihn den Mangel an Nahrungsmitteln

weniger empfinden ließ, fraßen dieſe Deutſchen wie die
Wölfe. Pfui! Sie haben den Ruf als anſtändige
Menſchen auf ewig eingebüßt. Und wie dÿumm —
nehmen ſie 250 Quadratmeilen Landes, ohne zu be-
denken, wie ſehr in nächſter Zeit. der Werth von Grund
und Boden noch ſinken wird! Wirklich, die Blame der
Deutſchen iſt ſo groß, daß nicht einmal die franzöſiſche
Großmuth aus reicht, um darüber hinwegzuſehen.
Hugo Victor, a naon vincenda.

E anner Bild!

Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
 
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