Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

DOI Kapitel:
Nr. 26 - Nr. 34 (1. April - 29. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44617#0133

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 83.

Mittwoch, den 26. April 1871

eſhent WIEEo und Samſcag. Preis monatlich 12 kr.

und bei, den Trägern

Einzelne Nummer 2 kr.
Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Man 28 in der Druckere,

Das Opfer des Herzens.
Erzählung von G. Reinbeck.
(Corſchung)

Seine Freunde hatten ſich weg begeben; es war eine

ſternhelle Nacht, als er ſich nach der Armen lange ver-
geblich umſahe. Endlich entdeckte er ſie am Ende des
Gartens in eben der Laube, wo Friedberg zuerſt das

Geſtändniß der Li iebe zu ihren Füßen geſtammelt hatte.

Hier ſaß ſie, den Kopf auf die Hand geſtützt, den Blick

in dem Boden gewurzelt, und bemerkte nicht den. v

henden Bruder. ame zerriß dieſer Anblick ſein Herz!

Er nahm dſie in ſeine Arme, an ſeinen angſtvoll klo-
pfenden Buſen; eine heiße Thräne fiel auf ihre Wange.

und ſie weinte laut an ſeinem Halſe. — In dieſem

Augenblicke wurde Völkuer abgerufen; Friedbergs Com⸗-
Laiden entſagen.

mis verlangte. ihn zu ſprechen.

Endlich werden wir Aufſchl luß erhalten, Laide, ſagte. ö

er zu der Armen, die bei dem Namen Friedberg auf-

ſchrack, faſſe Dich, mein Rind,
ſchlimm, als wir glauben. ö

Er eilte in das Haus, wo⸗ der Commis ſeiner ängſt-
errn,

um Gottes Willen, Herr Zoll⸗Direktor! rief er Völk-

lich harrete. Kommen Sie zu meinem armen
nern entgegen, er vergeht ſonſt in ſeinem Jammer.
Was iſt mit ihm? fragte Völkuer beſtürzt.
Das werden Sie von. In ſelbſt hören.
Schickt er Sie zu mir?

Sein Mund gewiß nich, aber ſein Herz, das un-
Säumen Sie keinen Augenblick, Herr
test.n ln Summen gezogen habe.

endlich leidet.
Zoll⸗Dixektor, ich beichwore Sie bei Allem, was Iynen
hejlig iſt.
„Ich komme. doaleich rief
einen Augenblick. —„Johann, Hu

Völ kuer, warten Sie nur
ut und Stock!

Ich eile Ihnen voraus, verſetzte der brave Com-

mis; denn meine Gegenwart iſt zu Hauf e zu nöthig.
Laide war auch in das Haus getreten. Sie hatte
dieſe letzten Worte gehört,
Bruders, umſchlang ihn, und ſchrie laut auf:
berg todt?

ich eile zu ihm;
ſof eilte er zum Hauſe hinaus.

Einen Wagen fand er auf der äden Gaſſe nicht
mehr, er mußte den Weg zu Fuß zurücklegen. „Fried-

es iſt vielleich nicht ſo ö

Namen Bankeroteur gebrandmarkt,
bieten!
verdiente ich kein Mitleid, nicht Laidens Mitleid mehr,

was bat Sie zu Grunde gerichtet?

ſie, ſahe die 0. ihres
Iſt Fried-

Nicht doch, erwiederte Völkner ſanft, beruhige dich,
ich bin bald wieder bei dir. — Und

bergs Wohmmng war von der ſeinen ziemlich entfernt,
ſie lag mitten in der Stadt; allein die Angſt um Freund
und Schweſter beflügelte ſeine Schritte. Er, trat in,
das Haus und ging gerade in Friedbergs Zimmer. —
Mit verwirrtem Blicke ſahe dieſer empor, als er ein ·
trat, und ſtürzte an ſeinen Hals.
Friedberg, was haben Sie, mein Freund2 ſagte
Völkner zu ihm. Warum entfernen Sie ſich von de-
nen, die Sie lieben?
ö Ach! rief Friedberg im Tone der Verzweifung,
ich bin unausſprechlich elend! Wer wird mich noch lie-
ben, da ich zu Grunds gerichtet bin? ů
Zu Grunde gerichtet? fragte Vbliner beſtürzt. —

Sie? wäre das möglich?

Ich darf es mir, ich darf es Ihnen nicht
Meine Wechſel kommen täglich mit

Wahr!
mehr verhehlen.

Proteſt zurück, ich ſoll ſie decken, meine Kräfte reichen
nicht zu, und morgen muß ich mich erklären, muß ich.

allem entſagen, was mich glücklich machen konnte; auch

Kein Wechſel des Schickſals, Friedberg, wird Sie
von unſerem Herzen, von Laidens Herzen. reißen, wenn

nicht eigene Schuld Sie verdammt.

Nein, nein, väterlicher Freund, nein, ich bin Ihrer.
nicht unwerth. Laide wird keinen Niederträchtigen be-
trauern; aber wie dürfte ich ohne Vermögen, mit dem
ihr meine Hand
Dann, wenn ich das im Stande wäre, dann

nur ihre Verachtung. ö
Sie zerreißen mein Herz, Friedberg. Sagen Sie,
Der Bankerott Jenniſons in Londou, auf den ich
Ich fand an Ler.

letzten glücklichen Abend, den ich bei Ih nen, bei Lgi⸗ ö

den zubrachte, die Nachricht hier vor.

Warum entdeckten Sie ſich nicht mir, ſogte Völk-
ner, vielleicht daß ich im Stande war ... ö
ö Nein, nein, edler Mann, das vermochten Sie nicht
und — halten Sie mir die Schwachheit zu Güte —
ach! es koſtete mir zu viel, alle dien ſüßen Hoßfnungen
zu vernichten, an die unſer Herz ſich gewöhnt hakté.
Und ſo ließen Sie uns lieber in der qualvolleu
Ungewißheit, ob Iyr Herz ſich nicht von uns abge·
wandt habe? ö
Mein Herz von Ihuen, von Lgiden? Nein, bre-
chen wird es, muß es, aber voll Liébe für Sie.
Iſt denn gar keine Rettung? Laſſen Sie mich Ihre
2
 
Annotationen