Nr. 32. Sanſtag, den 22. April 1871.1. 4. Johrz.
Erſcheint WMittwoch und Samſca g. Preis monatlich 12 kr. Einzelne Nummer à 2 kr. Mun abonnirt in der Druckerei, Schiffgaſſe 4
— uuund bei den Trägern Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.
Bekanntmachung.
Der unterzeichnete Verleger des „Heidelberger Volksblattes“ wurde von der ſeiner Zeit
vom großh. Staatsanwalt gegen ihn erhobenen Anklage in Betreff eines von ihm gedruckten und
verbreiteten Telegraͤmms von der Raths⸗ und Anklagekammer (Kreis⸗ und Hofgericht Mann-
heim) freigeſprochen, und zwar: „da nicht unwahrſcheinlich iſt, daß er ſich in ei nem
unverſchuldeten Irrthum darüber befunden habe, daß das betr. Delegramm die
Abſchrift bezw. Abdruck eines wirklich abgelaſſenen Telegramms ſei, und fer-
ner darüber, daß daſſelbe einen unzüchtigen Inhalt habe, ſomit eine Thatſache
vorhanden iſt, welche ſeine Strafloſigkeit begründet,“ wie das hierauf bezügliche Er-
kenntniß ausführt. Auch die „Heidelberger Zeitung“ und der „Pfälzer Bote“, welche beide Blätter
ſich bei Veröffentlichung des bekannten Vorfalls auf Rechnung des Unterzeichneten ſo viel zu Gute
thaten, dürften vielleicht Veranlaſſung nehmen, ihre Leſer mit dieſem Reſultate bekannt zu machen.
rR—. —.rri ——
G. Geiſendörfer.
Das Opfer des Herzens.
Erzählung von G. Reinbeck.
(Forſczung )
So wuchs Laide zur Jungfrau heran und entwickelte
ſich lieblich und zart, wie die jungfräuliche Roſe im
Liebeshauche des Frühlings, wenn kein Wurm der frü-
hen Knospe nahet. — Ihre mütterliche Freundin ent-
ſchlummerte in ihren Armen, und Völkner, deſſen Lage
es erforderte, ein eigenes Haus zu machen, nahm ſeine
Schweſter zu ſich, und ſtellte ſie au die Spitze ſeines
Hausweſens. Mit beſcheidener Schüchternheit »trat ſie
dieſen Poſten an; bei ihrer Pflegemutter aber ſchon
in die Pflichten und Geſchäfte einer Hausfrau einge-
weihet, wußte ſie ſich bald darein zu finden, und jetzt
erſt fühlte ſich Völkner ganz glücklich, da der geliebten
Schweſter Hand ihm ſeine Speiſen bereitete, und ihr
liebevoller Blick ſeine kleinſten Wünſche zu erſpähen
Zur Entwickelung der glücklichen Anlagen des lieb-
lichen Mädchens beizutragen, machten ſeine gebildeten
Freunde ſich zum angenehmſten Geſchäfte. Sie war
oft bei ihren Unterredungen gegenwärtig, welche dann
gewöhnlich ſolche Gegenſtände berührten, die ihr wich-
tig ſein konnten. Sie ſuchten ihren Geſchmack zu bil-
den, ohne ihn zu verzärteln: lehrten ſie die Schönhei⸗—
ten der Dichter und Schriftſteller, welche ſie ihr mit
ſtrenger Auswahl in die Hände gaben, fühlen und ver-
ſtehen; verſahen ſie mit neuen lieblichen Liedern, an
len.
welchen der treffliche Bruder ſich ſo innig ergötzte,
wenn Laide ihre reinen Töne mit der wirbelnden Gui-
tarre begleitete, und auch das eindringendere anſchau-
liche Muſter ächter Weiblichkeit ermangelte ihr eben ſo
wenig unter den würdigen Gattinnen der Edlen, als
ſüße Geſpielen der glücklichſten Jugend unter ihren
Töchtern. Sie war der Liebling Aller, die ſie kann-
Ihre Liebe füllte Völkners ganzes Herz, und da
er bereits tief in dem Sommer ſeines Lebens war,
ſühlte er kein Bedürfniß, das Glück deſſelben durch die
bedenkliche Wahl einer Gattin auf das Spiel zu ſetzen.
Zuweilen trübte ein Blick in die Zukunft für einen
Augenblick den heiteren Himmel, der ſeine Seele um-
floß. Laide wird von Dir ſcheiden, wird in die Arme
eines Andern übergehen, und um ihn das Paradies
zaubern, in welchem Du jetzt ſchwelgeſt! Wenn diefer
Gedanke in ihm aufſtieg, dann konnte wohl eine Thräne
in das männliche Auge treten; allein ſein Herz war
weit davon entfernt, zu wollen, daß die geliebte Schweſter
um ſeinetwillen den Freuden entſagen ſollte, die ihrer
in den Armen eines braven Mannes harreten, den
Pflichten, zu welchen fie ganz vorzüglich geſchaffen
ſchien. Schnell zauberte ſeine Phantaſie ſich dann das
Gemälde von ihrem häuslichen Glücke, und malte es
mit den reizendſten, lieblichſten Farben aus. Er ſahe
ſie als geliebte Gattin, als verſtändige Hausfrau, als
treue Mutter, und in dieſem Gemälde blieb ſie immer
auch noch die zärtlichſte der Schweſtern. — Dann
konnte er oft mit Sehnſucht nach dem Jünglinge aus-
ſehen, der dieſe' reizende [Phantaſie zur Wirklichkeit
bringen konnte. —
Erſcheint WMittwoch und Samſca g. Preis monatlich 12 kr. Einzelne Nummer à 2 kr. Mun abonnirt in der Druckerei, Schiffgaſſe 4
— uuund bei den Trägern Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.
Bekanntmachung.
Der unterzeichnete Verleger des „Heidelberger Volksblattes“ wurde von der ſeiner Zeit
vom großh. Staatsanwalt gegen ihn erhobenen Anklage in Betreff eines von ihm gedruckten und
verbreiteten Telegraͤmms von der Raths⸗ und Anklagekammer (Kreis⸗ und Hofgericht Mann-
heim) freigeſprochen, und zwar: „da nicht unwahrſcheinlich iſt, daß er ſich in ei nem
unverſchuldeten Irrthum darüber befunden habe, daß das betr. Delegramm die
Abſchrift bezw. Abdruck eines wirklich abgelaſſenen Telegramms ſei, und fer-
ner darüber, daß daſſelbe einen unzüchtigen Inhalt habe, ſomit eine Thatſache
vorhanden iſt, welche ſeine Strafloſigkeit begründet,“ wie das hierauf bezügliche Er-
kenntniß ausführt. Auch die „Heidelberger Zeitung“ und der „Pfälzer Bote“, welche beide Blätter
ſich bei Veröffentlichung des bekannten Vorfalls auf Rechnung des Unterzeichneten ſo viel zu Gute
thaten, dürften vielleicht Veranlaſſung nehmen, ihre Leſer mit dieſem Reſultate bekannt zu machen.
rR—. —.rri ——
G. Geiſendörfer.
Das Opfer des Herzens.
Erzählung von G. Reinbeck.
(Forſczung )
So wuchs Laide zur Jungfrau heran und entwickelte
ſich lieblich und zart, wie die jungfräuliche Roſe im
Liebeshauche des Frühlings, wenn kein Wurm der frü-
hen Knospe nahet. — Ihre mütterliche Freundin ent-
ſchlummerte in ihren Armen, und Völkner, deſſen Lage
es erforderte, ein eigenes Haus zu machen, nahm ſeine
Schweſter zu ſich, und ſtellte ſie au die Spitze ſeines
Hausweſens. Mit beſcheidener Schüchternheit »trat ſie
dieſen Poſten an; bei ihrer Pflegemutter aber ſchon
in die Pflichten und Geſchäfte einer Hausfrau einge-
weihet, wußte ſie ſich bald darein zu finden, und jetzt
erſt fühlte ſich Völkner ganz glücklich, da der geliebten
Schweſter Hand ihm ſeine Speiſen bereitete, und ihr
liebevoller Blick ſeine kleinſten Wünſche zu erſpähen
Zur Entwickelung der glücklichen Anlagen des lieb-
lichen Mädchens beizutragen, machten ſeine gebildeten
Freunde ſich zum angenehmſten Geſchäfte. Sie war
oft bei ihren Unterredungen gegenwärtig, welche dann
gewöhnlich ſolche Gegenſtände berührten, die ihr wich-
tig ſein konnten. Sie ſuchten ihren Geſchmack zu bil-
den, ohne ihn zu verzärteln: lehrten ſie die Schönhei⸗—
ten der Dichter und Schriftſteller, welche ſie ihr mit
ſtrenger Auswahl in die Hände gaben, fühlen und ver-
ſtehen; verſahen ſie mit neuen lieblichen Liedern, an
len.
welchen der treffliche Bruder ſich ſo innig ergötzte,
wenn Laide ihre reinen Töne mit der wirbelnden Gui-
tarre begleitete, und auch das eindringendere anſchau-
liche Muſter ächter Weiblichkeit ermangelte ihr eben ſo
wenig unter den würdigen Gattinnen der Edlen, als
ſüße Geſpielen der glücklichſten Jugend unter ihren
Töchtern. Sie war der Liebling Aller, die ſie kann-
Ihre Liebe füllte Völkners ganzes Herz, und da
er bereits tief in dem Sommer ſeines Lebens war,
ſühlte er kein Bedürfniß, das Glück deſſelben durch die
bedenkliche Wahl einer Gattin auf das Spiel zu ſetzen.
Zuweilen trübte ein Blick in die Zukunft für einen
Augenblick den heiteren Himmel, der ſeine Seele um-
floß. Laide wird von Dir ſcheiden, wird in die Arme
eines Andern übergehen, und um ihn das Paradies
zaubern, in welchem Du jetzt ſchwelgeſt! Wenn diefer
Gedanke in ihm aufſtieg, dann konnte wohl eine Thräne
in das männliche Auge treten; allein ſein Herz war
weit davon entfernt, zu wollen, daß die geliebte Schweſter
um ſeinetwillen den Freuden entſagen ſollte, die ihrer
in den Armen eines braven Mannes harreten, den
Pflichten, zu welchen fie ganz vorzüglich geſchaffen
ſchien. Schnell zauberte ſeine Phantaſie ſich dann das
Gemälde von ihrem häuslichen Glücke, und malte es
mit den reizendſten, lieblichſten Farben aus. Er ſahe
ſie als geliebte Gattin, als verſtändige Hausfrau, als
treue Mutter, und in dieſem Gemälde blieb ſie immer
auch noch die zärtlichſte der Schweſtern. — Dann
konnte er oft mit Sehnſucht nach dem Jünglinge aus-
ſehen, der dieſe' reizende [Phantaſie zur Wirklichkeit
bringen konnte. —