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Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

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Nr. 44 - Nr. 51 (3. Juni - 28. Juni)
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Nur. 45.

ö Midoh, den 14 Bunt 1871.

4 Zare

Sabent mitt-wo und Sanfag. Preis monatlich 15 kr.

Einzelne Nammer 2 kr. Man abonmttt in der Samsenr-
und bet den Trägeen uridirre bei den Landbsten und Woſtanſeaten.

Spielerglück.
(nene von Georg Reinbeck)

Graf Zamoysky war von Natur und Glück unge-
wöhnlich begünſtigt. Ein längliches, wohlgef ormtes,
blondlockiges Haupt,
Murzel keck hervortretende Naſe, ein dunkelblaues,
ſprechendes Auge, ein ſehr feiner Teint, mit zartem
Roth überflogen, Kühnheit und Geiſt in den gutmüthi-
gen Zügen, etwas aufgeworfene Lippen zwiſchen wel-
chen eine Perleureihe der ſchönſten weißen Zähne her:
vorblickte, ein ſchlanker und doch kräftiger Wuchs und

eine Haliung, der man die vornehme ritterliche Bil-

dung änſah, nun hen ihn zu einer äußerſt anziehenden
Erſcheinung, und ſein Reichthum gab ihm, die Mittel
im Ueberfluß, alle ſeine Vorzüge in das glänzendſte
Licht zu ſtellen. — In Begleitung eines Geſellſchafts-

Kavaliers und eines zahlreichen Gefolges war er im.

Begriff, Frankreich und Italien zu beſuchen. Die gün
ſttge Jahreszeit dazu wollte er in Karlsbad abwarten,
wo er in den glänzendſten Kreiſen hervorſtrahlte. Er
traf hier mit mehreren jungen reichen Landsleuten zu
ſammen. Lebensluſtig, wie er war, und der Pole ge-
meiniglich iſt, nahm er an allen Vergnügungen, die ſich
ihm darboten,
nicht, zu welcker ſeine jungen Landsleute mit dem größ-
ton Eifer hinzuſtrömten, und welche bekannklich das An-
denken an die Saiſon in Karlsbad oft ſehr theuer
macht — am Spiele. Lieber beſtieg er ein ſchönes ara-
hiſches Roß und durchflog mit einem oder dem andern
einer Begleiker die reizende Umgegend.
Landsleute beſonders konnten das au einem ſo reichen
Manne nicht begreifen. Sie wandten alle Ueberre-
dungskünſte auf, ihn zu vermögen, am Spiele Theil

„**


zu nehmen; auch wurde Spott nicht geſpart, ſie nann-

ten ihn einen Sonderli: 1g 3 aber Alles vergebens, bis
Graf Zamoyeky hörte, daß man ſeine Zurückhaltung
für Beſorgniß, zu verlieren, auslegte. Der geringſte
Zweiſel an ſeiner Uneigennüßigkeit war ſeine ſchwäche
eite, und er trat zum Spieltiſche, nicht unbekannt
mit dem Spiele, und brachte ein neues Leben hinzu;
denn ſo hohe Sätze nnd ein ſolcher Gleichmuth gegen
Gewinn und Verluſt bei der größten Aufgewectheit
waren gleich ſelten.
Die Bankiers ſahen init größer Freude den reichen

Grafen ihrem Tiſche: bard aber hatten ſte allen

eine hohe Stirn, eine aus der

den wärmſten Antheil ;. nur an einer

Seine

erſchrack,

hatte ſich abermals gegen den Grafen erklärt.

— jekannten richtend,

Orund. die erſun ihres Tehnlichen 2 Wunſ ſchs 3 zu
bereuen, denn Graf Zamoysky verließ oͤfter den Spisl

tiſch aus Ueberdruß am Gewinn, als weil ihm das
Glück untren geworden, und in wenigen Tagen zählte
er einen Gewinn vvn mehreren tauſend Dukaten. Sein

Glück wurde zum Sprichwort, und das Spiel durch
ihn ſo inteteſſant, daß der Spieltiſch ſtets voller um-
drängt wurde, was wenigſtens einigermaßen den Ver-
kuſt der Bankiers erſetzte, weil Niemand ſich rühmen
konnte, ſo glücklich zuſpielen, als der Graf. Man fing
an, es einer eigenen Berechnung zuzuſchreiben. Diẽ
Bankiers erfuchten ihn, mit verdeckter Karte zu ſpie
len, damit nicht Andere ſein Spiel zu dem ihrigen ma-

chen könnten, und da er wirklich einen ſcharfen Blik

über die Chancen des Spiels hatte, ſo ließ feine Eitel-
keit ihn gleichfalls leicht den Glauben faſfen, das er
weuiger dem Glück, als ſich felbſt dieſen Erfolg ver-
danke. Dieſe Eitelkeit verleitete ihn einſt, ſeinen Freun-
den das Wort zu geben, daß er die Bank ſprengen
wolle. Der Zudrang war größer, als jemals. Der
Graf fing mit geringen Sätzen an, um ſein Glück zu
brüfe es hielt ihm Stich. Er ging höher und höher
die Bankiers zikterten. — Jetzt ſollte ein Haupt-
coup erfolgen. Aller Augen waren mit der höchſten
Spannung auf das Spiel gerichtet; nur der Graf
blickte gleichgüktig umher. — Da traf ſein Blick auf
eine lange hagere Geſtalt in einem Mantel und mit
tief eingedrücktem Hut, an deren Leichenfarbe er faſt
die aber mit ſeltſam unter den buſchigen
Brauen bervorſprühenden Augen ihn betrachtete, wäh-
rend ein ſpöttiſches Lächeln ſich um den ſcharfwinklichen
Mund zuſammenzog. In dieſem Augenblick fiel die
Karte und — Graf Zamoysky hatie verloren. Alles
war in Bewegung, und der Graf ſchob mit ſcheinbarer
Gleichgültigkeit ſeinen Goldhaufen dem Croupier 10
der ihn mit ſichtbarer Erleichterung einſtrich, und häufte
einen noch größeren Satz aus der reichlich gefüllten
Börſe auf, welche ſein Kammerdiener hinter ſeinem
Stuhle bereit hielt. — Unwillkührlich beh ſich ſein
Blick abermals und ſiel wieder auf das bleiche ge-

furchte Antlitz mit den ſprühenden, auf ihn gerichteten

Augen, und der Zug des Spottes trat entſchieden da-
rauf hervor ... die Karte fiel und . . das 6100
ühlte ſich piquirt. — Einen ſcharfen Blick auf den Un-
fragte er ihn überlaut in italieni-
ſcher Sprache — denn daß er ein Italiener ſei, war
unverkennbar: Wollen Sie etwas von mir? — Alle
 
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