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Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

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Nr. 26 - Nr. 34 (1. April - 29. April)
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Aus Loco
wär heit nix
B'ſonders
durch die Hechl
zu ziehge.
Wann ich die
heilig Schtadt
Baris nit hätt,
gingt mer's
aweil als-
emool ſchlecht,
mit meim
B'ſuch, den ich
alle Samsdag
in de Heiſer
zu mache hab,
wo ich gern
g'ſehe bin. Js
emool was
uff'm Dabeet,
wo ich gehee⸗—
rig vun d'r
Leewer redde;
kennt, wie per?
Exempl nei-
lich die Medal⸗ ..
liong'ſchicht —D..
d'r Heidlberger Lazarethhilfsdaame, do ſchnappt mer's
mein Mann vor d'r Naas weg. Alſo muß Baris an's
Brett, Leitcher. Baris wie's leebt un leibt. Per
Exempl: Die Bariſer Kummun hott unner annere
Neiigkeite aah jetzt e nei Breßg'ſetz dekretirt. D'r
erſchte Paragraf heeßt: Silwerne Leffl werre kunfis-
cirt. Ferner will's aah jetzt die Bariſer „Commnne“
uff dem nit mehr ungewehnliche Weg per Luftballon
verſuche, weiter zu regiere, odder, was mer wahrſchein-
licher vorkummt: perr zu gehn. — Wann ſe nit perr
geht, kann's der Bariſer Kummun iwerigens ball ſchlecht
gehn. D'r alte Thiers hott en ferchterliche Kriegsblan
gege die Inſurgente im Sack ſchtecke. Er will ſe näm-
lich jetzt mit Feierſchbritze angreife, wie's die Ruſſe

neilich in Odeſſa bei d'r Juddeblinderung gemacht hawe.

D'r Peewl in Odeſſa hott freilich ke Notiz vun der

Kaltwaſſerkur genumme, ſondern is vun der Feier ⸗

ſchbritz, mit der die hoh Oowerigkeit uff ſe losgange,
zur Odeſſa'er Dagesordnung iwergange, deß heeßt:
hott ruhig weiter demolirt. Od ſich die Bariſer Re-
volution mehr vor'me kalt Waſſerbaad fercht? Schweer-

lich!

Frankreich. Heit fiegt die Kummun un morge d'r
Thiers, odder, wie's oft in letſchter Zeit vorkumme:
die Bariſer un Verſailler Druppe ſiege zu gleich. So
ſiege ſich die Franzoſe alle Dag mehr zu dod, un mir
hawe 's Zugucke, deß heeßt: mir kriche ke Geld.

Wer ſchun ſo die Feier broob b'ſchtanne, wie
die Bariſer Nationalgardiſchte, fercht ſich vor keener
Grooßweſch mehr. — E merkwerdiger Handl in dem
ben ſie uns nichts, aber deſto aufdr

Do

Beziehung. ö

1⁵

nochemool for uns do, Leitcher. Wann's ſchlecht geht,
erleewe mer neekſchtens aah nochemool 's Johr fufzehn!
Deß heeßt: miſſe mer nochemool in Baris einziehge.
Wann mer deßmool awer noochemool neinmiſſe, bleiwe
mer länger wie drei Dag drinn. So viel weeß ich.
— Die Bariſer Knmmuniſchte kenne mehr g'ſchtohle
werre, dann was die Leit for e Anſicht vun d'r neie
Welt hawe, kenne mer per Exempl erſehe aus folgende:
Aachtgedanken eines Pariſer Communiſten.
Der einzige Unterſchied, den wir zwiſchen den Men-
ſchen anerkennen, iſt der, daß die einen Silberzeug be-
ſitzen, die andern nicht.
Sonſt ſind alle Conſeſſionen gleich, jeder kann nach

ſeiner Facon ſelig werden, aber auf der Münze, wo-

hin wir Alles ſchicken, gibt es keine Fagon.
Man tadelt uns, weil wir die Mobilien der Geiſt-
lichen und Kirchen heranziehen. Nun, das orthodoxe
Volk in Odeſſa plündert die Comptoirs der Juden.
Soll das vielleicht liberaler ſein? Möglich. Wir kom-
men aber auch ſchon noch darüber. Alles auf ein Mal
kann man nicht machen. ö ———
Ich bitte: ſprecht doch nicht mehr von Socialismus,
das iſt reines Mittelalter. Lieber gleich gar von ei-
ner Arbeiterfrage, die ich in das Gebiet der Pfahl-
bauten verweiſen möchte. Das einzig Richtige und
Wahre iſt die Commune. Es gibt keine Partheien
mehr und keine Fragen, es gibt nur eine Commune
oder keine Commune, Exiſtenz oder Elend. Wer das

nicht einſieht, verdient als ſogenannter ordentlicher

Menſch zu Tode geſchunden zu werden. ö ö
Der Gott, der Eiſen wachſen ließ, der wollte keine
Knechte? Unſinn! Was ſoll das heitzen: keine Knechte!
Als ob man dann glücktich waͤre, wenn man kein Knecht
iſt. Herr zu ſein oder zu werden, das ſitzt der Ca-
naille noch immer im Sinn. Nichts darf es mehr ge-
ben, weder Herren noch Knechte, ſondern nur Föderirte.
Und ich ſage euch: der Gott, der Silber wachſen
ließ, der wollte die Commun e. ö
Einſchmelzen und Ausbrennen, das ſind die
wahren Heilmittel für unſere kranke Zeit. Keine Kro-
nen mehr und keine Goldſtickereien. An die Laterne,
auf die Münze, in die Grube, in den Keſſel!
„Cs ſchüttelt mir alle Knochen und ich muß ein Ge-
lächter aufſchlagen wie der Teufel im Bade, wenn ich
denke, wie weit zurück wir noch vor Monaten waren.
Da hatten wir noch Lohn, Miethverträge und — Ci-
vilehe! Zu Elend und Hunger auch noch die Schande,
daß wir eigene vorgeſchriebene Männchen machen und
durch perſönliche Erniedrigung die Erlaubniß erkaufen
mußten, den Reichen die Zahl ihrer Sklaven zu ver-
mehren. Schändlich! Nicht nur das Kapital wollen
ſie haben, auch noch die Moralität. Vom Kapital ga-
x iuglicher boten ſie
uns von der Moralität an.
Sittenpolizei, lächerlich! Concubinat, Unſinn! Die

Commune iſt, wie ſchon der Name ſagt, papteilos, con-

feſſionslos, polizeilos, geſchlechtslos, kurz los in jeder

liegt d'r Haas im Peffer. 's Johr verzeh war bereits

Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
 
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