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Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

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Nr. 35 - Nr. 43 (3. Mai - 31. Mai)
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14⁴

Die Nagglmaiern.
Derkbekann-
te Schtifts-
broſcht Döl-
linger ſcheint
doch nit ſo
ſchnell vun
d'r Owerfläch
zu verſchwin-
de, wie die
Herrn Dunkl-
männer d'r
egyptiſche Fin-
ſchterniß
g'hofft zu ha-
we ſcheine.
Okondrolleer!
Die nei Lu-
therg'ſchicht
ſcheint mer
jetzt erſcht
recht an's Da-
geslicht zu
kumme. Die B
faul Maſſ, die!
bis dato alles
hott gehn loſſe,
wie's geht, ſo
weits die katholiſch alleinſeelig machend Cleriſei ge-

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nur

—— —

driwe hott, ſcheint in Fluß zu kumme un ſich endlich

bewege zu wolle. Als Beweis diene mer per Exempl
die Adreſſe an de Döllinger, vun denne aach in Heidl-
berg eeni zur Unnerzeichnung uffliegt, die hoffentlich viel
Zuſchtimmer hier kriche werd. Es kann ſich gewiß nit
fehle. ö
is d'r unvermeidliche Umſchtand: daß d'r Pälzer Bott,

unſer Heidlberger Goldblättche, Gift un Gall driwer

ausſchbeit. Schad, daß deß Ausgeburtche d'r Neizeit
nit ſchtärker hier geleſe werd. Es dhät ſich gewiß gar
Mancher dafor intreſſire, uff was ſor e Art un Weis
ma heit zu Dag noch die Wohrheit dodzuſchlage ſucht.
For mein Leſer will ich iwerigens ſorge. Ich geb
drum wertlich zum Beſchte, was d'r Ehrefreind Pälzer
Bott iwer unſer Adreſſ an de Döllinger unner Annerm
ſegt. Er ſchreibt: 5

„Endlich hat auch hier eine Döllinger-Adreſſe unter

vielen Schwierigkeiten, wie es ſcheint, trotz naher Ge-
burtshilfe das Licht der Welt erblickt. Das Schrift-
ſtück macht den Eindruck der Lächerlichkeit und einer
maßloſen Impertinenz. Es iſt doch gewiß lächerlich,

wenn Gerber, Schiffer, Bierbrauer, Hafner, Schneider,

Kirchenfoundsrechner, Apotheker „von ernſten theologiſch-
hiſtoriſchen Studien,“ vom „Genius der fortſchreiten-
den, nach Wahrheit ringenden Wiſſenſchaft“ reden. An-
maßend iſt es, wenn katholiſche Männer, die ihre Kin-
der in der proteſtantiſchen Kirche erziehen laſſen, ſich
für Reinhaltung des katholiſchen Glaubens erheben wol-

kittl.

Was die Adreſſ hauptſächlich empfiehlt, Leitcher,

Deifl werr g'ſcheid aus denne Bariſer Hänol.

ja noch erleben, daß Lumpaci⸗Vagabundus für die Spar-
ſamkeit auftritt. Geradezu imperünent iſt es, wenn
dieſe Männer gegen mehr als 500 Biſchöfe die Beſchul-
digung erheben, daß ſie den betreffenden Ausſpruch beim
letzten Concil auf eine durch Jahrhunderte hindurch
fortgeſetzte Reihe von Falſchungen gegründet hätten.
Wir haben nicht wenig Luſt, Herrn Döllinger eben-
falls dieſe Adreſſe mit einer kurzen Naturgeſchichte der

Unterzeichner zu überſenden. Wir möchten darauf wet-

ten, das ihm dieſelbe den Ausruf erpreßt: „Gott be-
hüte mich vor meinen Freunden!“

An vorſchtehender Schriftbroob merkt ma gewiß deit ⸗
lich genug, wie dief die Heidlberger Adreß unſerm päl-
zer Bottche in's Rindfleeſch ſchneid. Alſo die Gerwer,
die Schiffer, die Bierbrauer, die Hafner, die Schneider,
die Bäcker un ſo weiter ſinn em Pälzer Bott lächerlich,
weil ſe vumme „Genius der fortſchreitenden, nach Wahr-
heit ringenden Wiſſenſchaft“ redde. Dhäte ſe awer
eewe ſo gut die Fahn for die heilig neigebacke reemiſch
Unfehlbarkeit erheewe, do wär'es beim edle Pälzer
Volksfreind Leit aus'm Volk, die Herz un Verſchtand
uff'm rechte Fleck hawe. No, 's is norr gut, daß mer
unſer Babbenheimer kenne. Alſo loßt eich nit err
mache, Leitcher, un unnerſchreibt norr recht fleißig.
Fercht eich norr nit mehr vor Bannſchträhl un Kerche-
flich. Ihr ſeht's an unſerm excommunizirte Seppl!
Die Excommunication hott'm bis dato noch nix gedhan.
Es ſchmeckt'm heit noch, wann'r zu Mittag ißt. Un
ſein Scheppele Bier bringt'r aah noch nunner, drotz
Bann un Acht, mit dem die heilig Cleriſei G'ſchichts-
reclaam for'n gemacht hott. Dann weiter hott's ke
Zweck g'hatt. — Norr ſo fortgemacht, ihr Herrn Schwarz-
Je emſiger, je beſſer for uns! Immer zu, im-
mer zu, un wann's ſein muß: ohne Schtriemb un ohne

Schuh, laaft'm Deifl baarfuß zu. ö

Vor un in Baris noch immer die alt draurig
G'ſchicht, die uns gottlob ſo weit nix mehr angeht.
Schießt hin, ſchießt her. Liig heit, Liig morge. al
all
hawe die Verſailler 's Fort Iſſy, ball hawe ſe 's wid-
der nit. Ball ſchteht die Bariſer Kummun uff'm Kopp,
ball ſchteht ſe widder uff de Fieß. So geht deß hin
un her in d'r Zeitung. Soll mich Gott in Gnade be-
wahre, for der G'ſellſchaft. Awer deß ſinn die Frichtl-
cher, an denne die Herrn Paffe ſchun ſo lang in Frank-
reich großziebge. Do habt'r die Beſcheerung. Die ganz
grande Nation is verrickt. Es is bereits ſo weit in
der ſogenannte heilige Schtadt kumme, daß die Wei-
wer die Barrikade verdheidige wolle. Mein Liebchen,
was willſt du noch mehr? So werds recht! Gebt norr
aach noch de Weiwer de Seewl in die Hand. Es fehlt
jetzt nix mehr, als daß die Narreheisler Barrikade mit
Wicklkinner baue! Was nit is, kann iwerigens
noch werre. De Franzoſe drau ich ſeit 1870/71 alles

zu. Wann ich morge in d'r Zeitung lees: de Bariſer
un Verſailler ſinn die Kuggle ausgange, ſie ſchneide

ſich jetzt die Naaſe aus'm G'ſicht un ſchieße mit uffe-
nanner — glaaw ichs, Leitcher!

len. Da fehlt mir faſt der Vergleich. Da könnte man

Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
 
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