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Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

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Nr. 35 - Nr. 43 (3. Mai - 31. Mai)
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D'r Nagglmaier.
Unſer neier
Ferſcht Bißmark 2—
hott neilich bei'ere
Gelegenheit g'ſagt:
In der Bariſer Be-
wegung ſchteck ei-
gentlich doch e
Kernche Ver-
nunft, wann mer
die G'ſchicht beim
rechte Licht bedrachte
dhät. Die Eiße-
rung ſoll awer,
wie mer mein Be-
richterſchtatter in
Baris ſchreibt, in
d'r „Commun“ die
greeſcht Entriſch-⸗
tung vorgebracht
hawe. Es wär gleih
en Seperatausſchuß.
zammeg'ſetzt worre,
der die Uffgab g'hatt,
ſofort zu unner-
ſuche: wo dann
deß Bißmarkangeeb-
liche Kernche
ſchtecke ddät, daß — = x
mer's ſofort beſeitige kennt, weil die Mitglieder

———

d'r „Commune“ ſunſcht Angſcht hätte, in Folge der.

freindliche Anerkennung insg'ſammt als Verräther be⸗—
handlt zu werce. — Es hätte ſich Oowends vorm Ba-
riſer Schtadthaus aach ſchun ſehr verdächtige Gruppe
gebild, un gerufe: Nieder mit dem Kernche! Tod
der Vernunft! — Die Beriatdebeſch halt ich gah ganz

in d'r Ordnung, Männer! Wer regiert, wie die Ba-

riſer Kummun, muß ſich die Vernunft im heekſchte

Grad verbitte! — D'r Verſailler franzeeſche Finanz-

miniſchter ſoll iwerigens, um aah vun d'r annere
Regierung in Frankreich e Wort zu redde, mit großem

Vergniege nooch Frankfort am Main zum definitive

Friedensſchluß gereist ſein. Deß is die eenzig Schtadt,
ſoll'r g'ſagt hawe, wo ſich mit Erfolg handle läßt.
Sogenanntem gutem Veruehme nooch, ſoll dann aach
der Herr franzeeſche Finanzminiſchter „Pouyer-Quertier“
in Frankfort gleich zum Bißmark g'ſagt hawe: „Ge-

dulden Sie ſich nur noch kurze Zeit; wenn wir geſiegt

haben, verlangen wir von den Pariſern 3 Milliarden
Kriegsentſchädigung, davon können Sie dann
gleich dritthalb haben.“ — Närriſch Volk, die
Franzoſen! No. abg'ſehe vun alle Franzoſenarrheite:

D'r definitive Friede is endlich abg'ſchloſſe! Deß is.
die Hauptſach. Daß der Friede im Frankforter Gaſcht-
haus zum „Schwan“ fertig gemacht worre, is Neewe-
ſach, un for uns Deitſche ſehr gleichgiltig. Vun de
Franzoſe dirft der aus'm Frankforter „Schwan“ vor-

gangene Verdrag freilich als Schwanelied uffg'faßt
werre! — Zur Abwechslung, Männer, will ich heit

aach emool den ganze deitſch⸗franzeeſche Krieg aus d'r
Neizeit im Schtyl d'r alte Chronik nooch'm Schwei-
zer Dialekt zum Beſchte gewwe
„Und do die Tutſchen hortend, daß die Franzoſen
welten ir land mit krieg überziechen, ſiehe, ſo ſtuondend
ſy uff als ein Volk und ſuochtend barnaſch und buch-
ſen und nommend ſy herab don der wand, und was
der zug ires fuoßvolks und rüter und ſtuck ſo groß und
villicht größer als zu den ziten des kunigs Xerxes, und
do die furſten und großen herren fragtend, wer ir ob-
riſter ſinn wurd, ſprach der Prußßenkunig: Gott wird
unſer obriſter ſien, unter den wellen wir uns begeben
und veſtenklich vertruwen; des locotenent wil ich ſin,
eigner perſon mitziehen, by üch bliben, min lib und
guot zuo üch ſetzen und by ich laßßen. Des ſich al
hochlich erfrowt und on einig widerred wol zuofriden
geſinn. Es het aber der kunig zwen man by im, die
ſo tapfer und wis warend wie David und Salomon,
und hieß der erſt Bismarkius, uß der altmark burtig,
ein graf in Prußßenland, der was der kluogiſt unter
allem volk, und muoßtend all thuon was er begerte,
und het er ſchon vor ettich jaren ein krieg mit Oſter-
riche angehept und gewunnen, der was des kunigs und
richs kanzelaere. Item ſo hieß der ander Moltke, bur-
tig aus Mikkilenburg, des kunigs ſin recht hand im
krieg, der wuoßt alles voruß was geſchehen muoßt, und
welt ich niemat raten, mit dieſem allerfurtrefflichſten
kriegsman ein ſtrit anzefachen. Do warend aber noch
ander feldobriſteſt, und zware ſo hieß einer Fritz, der

was des kunigs ſin eigner ſun, dem vertruwend die

ſoldaten ouch als einem Vater und fründ, und ſtreit
er ſo tapfer und ritterlich, daß in ſin vater uff der
walſtatt zum feldmarſchalk erkos, und hieß ein ſin vet-
ter Fridericus Karolus, der ward ouch feldmarſchalk,
und warend da noch me ſunderlich und ußbundig tap-
fer lüt, der Werder und der Steinmetz und der Man-
tüffel und der Bluomental. Nu wie der kayſer der
Franzoſen durch ſundere Botſchaft dem kunig in Pruß-
ßenland den krieg angeſagt, do verſamnet der kunig
die boten ſines lands in ſin kuniglich ſtatt und ſchloß
und redt alſo zu inen: ihr frommen biderben mannen
und vaſallen, üwer nachburen geneſit Rins hand uns
twungen, in harnaſch und kriegsruſtung gegen ſy zuo
ziechen, do doch der fride ſür uns und ſy beſſer war;
ſo lond uns einmuottig' all fur ein man kriegen, ſeind
dapffer, rettend üch und die üwern; bewahrend unſer
land, er und fryheit, das unſere altfordern vuch ge-
tan: Gott iſt unſer ſterke; ſo er mit uns iſt, ſo ſind

wir aller Welt, ich geſchwig denen, ſtark genuog. Do

ſchruwend all: land uns für unſer fryheit und er ſter-

ben, und zugend zuo iren fänlein und houptpanner,
und ſagt man, daß es me denn ſibenhunderttuſend man
geweſen figen mit waͤgen, roſſen, arzaten und dienern
für die verwundeten und ſiechen, ouch pfaffen, münch
zund nunnen, und ſollend darzuo kline buoben ſich an-
gehenkt haben, die hat man aber wider anheimgeſchickt.

Die frowen aber und die jnnefrouwen ſamngten fur
die armen wiber und kindlin, fur witewen und weiſen
ir kleinat und geſpeng und kamend in die ſiechenhüſer

und ſpitäl und hulfend wos ſie kuntend.

Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
 
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