4¹⁷
Erinnerung.
Und haſt du recht geliebt einmal,
Sei dir's zur Freude, ſei's zur Qual,
O halte das Gedächtniß feſt,
Auf daß es nimmer dich verläßt.
Gib ihm, als deinem beſten Schatz,
Im tiefſten Herzen einen Platz,
Gleichwie ein liebes Grab man pflegt
Und es mit Blumen eng umhegt.
Und jeden Gruß, den du geſchickt,
Und jeden Kuß, der dich erquickt
Und ſelbſt der Trennung bittern Schmerz,
O ſchließ' es Alles treu in's Herz.
Auf daß, wenn einſt nach Jahren ſpät
Der Froſt des Alters dich umweht,
Du an verſchwund'ner Tage Glück
Noch laben magſt den müden Blick.
Die Roſe welkt wohl über Nacht,
Vergänglich iſt der Erde Pracht,
Nur was du liebſt, o Herz, iſt dein:
Das ſoll dein Troſt im Sterben.
Mannichfaltiges.
Eine geiſtreiche Antwort. olgender hö
intereſſante Zug aus dem Leben unſeres deutſchen Kal-
ſers Wilhelm I. dürfte Vielen unbekannnt ſein, und
wir glauben mit deſſen Mittheilung manchen unſere r
Leſer zu erfreuen. Als Wilhelm I. noch Prinz von
Preußen war, defand ſich in ſeinem Gefolge ein hoher
General, welcher die liebenswürdige Tochter eines rei-
chen Berliner Kaufmannes zur Gemahlin erkoren hatte.
Dieſer Dame ſchien jedoch nicht zu Theil werden zu
wollen, in den Hofzirkeln zu glänzen, wozu ſie durch
den Rang ihres Gemahls, wie durch ihre Schönheit
und ihren Geiſt berechtigt war, denn was gibt es Här-
teres als das Herz einer ſtolzen Prinzeſſin? Nun wa-
ren aber zu jener Zeit am preußiſchen Hofe zwei ſolche,
dem Roſenalter bereits entblühte hohe Damen, welche
ſich höchlichſt indignirt fühlten, daß — eine Kaufmanns-
tochter ſie verdunkeln ſollte, und darum ließen ſie es
nicht an Intriguen und ſelbſt Demüthigungen aller
Art fehlen, um der ſchönen Dame den Beſuch der Hof-
zirkel zu verleiden. Und es gelang Ihnen. Die Ge-
mahlin des Generals zog ſich in ihr Hotel zurück und
ließ ihren Gemahl allein der Einladung zu den Hof-
zirkeln Folge leiſten. Der Prinz von Preußen jedoch,
von jeher ein eifriger Bewunderer des ſchönen Ge-
ſchlechts, und ein beſonderer Verehrer gerade dieſer
Dame, vermißte ihre Abweſenheit ſehr, und bei einer
Parad'e nahm er die Gelegenheit wahr, den General
über deren Urſache zu befragen. Dieſer glaubte der
königlichen Hoheit die ganze Wahrheit ſagen zu müſ-
ſen. Darüber nicht wenig entrüſtet, bat der Prinz den
General, beim nächſten Hofzirkel ſeine Gemahlin doch
wieder mitzubringen, und verſprach ſeinen Schutz vor
etwaigen neuen Unbilden. So erſchien denn die ſchöne
bürgerliche Dame wieder am Hofe, doch war ſie dies-
mal mit großem Muthe ausgerüſtet, wußte ſie doch,
daß das Auze eines hohen Beſchützers über ſie wache,
und das machte ſie ſicher und ruhig. Kaum hatte ſie je-
doch im Kreiſe anderer Damen ihren Platz eingenom-
men, ſo ſegelten ſchon, wie zwei Schwäne mit gehobe-
nen Flügeln, die beiden Prinzeſſinnen heran und be-
gannen die Neuangekommene zu lorgnettiren. Als aber
dieſe ſich erhob und ihre tiefe Verbeugung machte, da
trat ihr die eine der Prinzeſſinnen näher und fragte
ſie in impertinentem Tone: „Womit handelte Ihr Va-
ter? — „Mit Sinn und Verſtand, Königliche Hoheit!“
lautete die Antwort der Dame. In demſelben Augen-
blicke trat auch ſchon der ritterliche Prinz, der Frage
und Antwort vernommen hatte, zu den Damen und
ſetzte hinzu: „Und es ſcheint, die Tochter führt das
Geſchäft ihres Vaters mit Erfolg fort!“ Hierauf bot
er der Gemahlin des Generals galant den Arm und
führte ſie zum Aerger der verblüfften Prinzeſſinnen
den Saal entlang. Es bedarf wohl nicht der Erwäh-
nung, daß von dieſem Tage an die Gemahlin des Ge-
nerals, die geiſtreiche Kaufmannstochter, die gefeiertſte
Dame in Berlin wurde.
Luther ſagte einſt bei Beſichtigung eines pracht-
vollen fürſtlichen Luſtſchloſſes: „Paradies genug, wenn
nur die Sünde nicht wäre!“ Eine paſſende Ueber-
ſchrift für den Eingang von ſo manchem eem Vergnü-
gen des Publikums noch heute geöffneten Garten.
Neuer Leuchtſtofff. Im Kriſtallpalaſt zu Sy-
denham haben intereſſante Experimente mit einem
neuen Leuchtſtoffe, „Oxhydric Gas“, die Erfinbung ei-
nes Franzoſen, M. Teſſin du Motay in Paris ſtattge-
funden, die ſehr befriedigend ausfielen. Das neue
Licht iſt nämlich viel ſparſamer und geſunder wie Gas,
Das Weſentliche der Erfindung iſt die Miſchung eines
gewiſſen Theiles Sauerſtoffgas mit dem gewöhnlichen
Gaſe, und das Reſultat iſt die Produktion eines bril-
lanten weißen Lich tes von großer Leuchtkraft, gegen
welches das gewöhnliche Gaslicht ſo gelb und trübe er-
ſcheint, als ſähe man es durch einen Londoner Nebel
von mäßiger Intenſität. ö
Erinnerung.
Und haſt du recht geliebt einmal,
Sei dir's zur Freude, ſei's zur Qual,
O halte das Gedächtniß feſt,
Auf daß es nimmer dich verläßt.
Gib ihm, als deinem beſten Schatz,
Im tiefſten Herzen einen Platz,
Gleichwie ein liebes Grab man pflegt
Und es mit Blumen eng umhegt.
Und jeden Gruß, den du geſchickt,
Und jeden Kuß, der dich erquickt
Und ſelbſt der Trennung bittern Schmerz,
O ſchließ' es Alles treu in's Herz.
Auf daß, wenn einſt nach Jahren ſpät
Der Froſt des Alters dich umweht,
Du an verſchwund'ner Tage Glück
Noch laben magſt den müden Blick.
Die Roſe welkt wohl über Nacht,
Vergänglich iſt der Erde Pracht,
Nur was du liebſt, o Herz, iſt dein:
Das ſoll dein Troſt im Sterben.
Mannichfaltiges.
Eine geiſtreiche Antwort. olgender hö
intereſſante Zug aus dem Leben unſeres deutſchen Kal-
ſers Wilhelm I. dürfte Vielen unbekannnt ſein, und
wir glauben mit deſſen Mittheilung manchen unſere r
Leſer zu erfreuen. Als Wilhelm I. noch Prinz von
Preußen war, defand ſich in ſeinem Gefolge ein hoher
General, welcher die liebenswürdige Tochter eines rei-
chen Berliner Kaufmannes zur Gemahlin erkoren hatte.
Dieſer Dame ſchien jedoch nicht zu Theil werden zu
wollen, in den Hofzirkeln zu glänzen, wozu ſie durch
den Rang ihres Gemahls, wie durch ihre Schönheit
und ihren Geiſt berechtigt war, denn was gibt es Här-
teres als das Herz einer ſtolzen Prinzeſſin? Nun wa-
ren aber zu jener Zeit am preußiſchen Hofe zwei ſolche,
dem Roſenalter bereits entblühte hohe Damen, welche
ſich höchlichſt indignirt fühlten, daß — eine Kaufmanns-
tochter ſie verdunkeln ſollte, und darum ließen ſie es
nicht an Intriguen und ſelbſt Demüthigungen aller
Art fehlen, um der ſchönen Dame den Beſuch der Hof-
zirkel zu verleiden. Und es gelang Ihnen. Die Ge-
mahlin des Generals zog ſich in ihr Hotel zurück und
ließ ihren Gemahl allein der Einladung zu den Hof-
zirkeln Folge leiſten. Der Prinz von Preußen jedoch,
von jeher ein eifriger Bewunderer des ſchönen Ge-
ſchlechts, und ein beſonderer Verehrer gerade dieſer
Dame, vermißte ihre Abweſenheit ſehr, und bei einer
Parad'e nahm er die Gelegenheit wahr, den General
über deren Urſache zu befragen. Dieſer glaubte der
königlichen Hoheit die ganze Wahrheit ſagen zu müſ-
ſen. Darüber nicht wenig entrüſtet, bat der Prinz den
General, beim nächſten Hofzirkel ſeine Gemahlin doch
wieder mitzubringen, und verſprach ſeinen Schutz vor
etwaigen neuen Unbilden. So erſchien denn die ſchöne
bürgerliche Dame wieder am Hofe, doch war ſie dies-
mal mit großem Muthe ausgerüſtet, wußte ſie doch,
daß das Auze eines hohen Beſchützers über ſie wache,
und das machte ſie ſicher und ruhig. Kaum hatte ſie je-
doch im Kreiſe anderer Damen ihren Platz eingenom-
men, ſo ſegelten ſchon, wie zwei Schwäne mit gehobe-
nen Flügeln, die beiden Prinzeſſinnen heran und be-
gannen die Neuangekommene zu lorgnettiren. Als aber
dieſe ſich erhob und ihre tiefe Verbeugung machte, da
trat ihr die eine der Prinzeſſinnen näher und fragte
ſie in impertinentem Tone: „Womit handelte Ihr Va-
ter? — „Mit Sinn und Verſtand, Königliche Hoheit!“
lautete die Antwort der Dame. In demſelben Augen-
blicke trat auch ſchon der ritterliche Prinz, der Frage
und Antwort vernommen hatte, zu den Damen und
ſetzte hinzu: „Und es ſcheint, die Tochter führt das
Geſchäft ihres Vaters mit Erfolg fort!“ Hierauf bot
er der Gemahlin des Generals galant den Arm und
führte ſie zum Aerger der verblüfften Prinzeſſinnen
den Saal entlang. Es bedarf wohl nicht der Erwäh-
nung, daß von dieſem Tage an die Gemahlin des Ge-
nerals, die geiſtreiche Kaufmannstochter, die gefeiertſte
Dame in Berlin wurde.
Luther ſagte einſt bei Beſichtigung eines pracht-
vollen fürſtlichen Luſtſchloſſes: „Paradies genug, wenn
nur die Sünde nicht wäre!“ Eine paſſende Ueber-
ſchrift für den Eingang von ſo manchem eem Vergnü-
gen des Publikums noch heute geöffneten Garten.
Neuer Leuchtſtofff. Im Kriſtallpalaſt zu Sy-
denham haben intereſſante Experimente mit einem
neuen Leuchtſtoffe, „Oxhydric Gas“, die Erfinbung ei-
nes Franzoſen, M. Teſſin du Motay in Paris ſtattge-
funden, die ſehr befriedigend ausfielen. Das neue
Licht iſt nämlich viel ſparſamer und geſunder wie Gas,
Das Weſentliche der Erfindung iſt die Miſchung eines
gewiſſen Theiles Sauerſtoffgas mit dem gewöhnlichen
Gaſe, und das Reſultat iſt die Produktion eines bril-
lanten weißen Lich tes von großer Leuchtkraft, gegen
welches das gewöhnliche Gaslicht ſo gelb und trübe er-
ſcheint, als ſähe man es durch einen Londoner Nebel
von mäßiger Intenſität. ö