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Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.44617#0425

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„Welch' eitler Schwätzer,“ ſagte der Baron unmu-
thig, als er ſie verlaſſen hatte, „das ganze ſchöne Al-

legro hat er uns durch ſein Gep lapper verdorben.“
(Fortſetzung folgt.)

Ein Araber vor den Geſchworenen.

Die Eiferſucht iſt bei uns oft nur ein tragiſch⸗ko-
miſch Ding, unter den Arabern aber immer tragiſch.
Bei uns bringt man es in der Regel nur zu einer
kunſtgerecht aufgeſetzten Scheidungsklage, der Araber
mordet ſein Weib; und wenn er nicht ſo unklug iſt,
es dem Staatsanwalt ſelbſt anzuzeigen, geht er ſofort
auf Brautſchau und nimmt ſich ein anderes Weib.
Lakdar beu-el Hadj war ſo unklug. Am 1. April
d. J. ſtellt er ſich dem General-Procurator Laſſus in
Bone (Algier) und ſpricht ihn alſo an: „Mache, Herr,
mit mir, was Du willſt und was Du darfſt; ich bin
in dem Hauſe, wo Reich und Arm irdiſche Gerechtig-
tigkeit ſucht; das thue ich nun auch; Herr, ſei gerecht
auch gegen mich und beſtätige mir, daß ich recht that,
daß ich ein Unterdrückter bin und nicht ein Unter-
drücker!“ Der General-Prokurator betrachtet ſich den
Mann mit der ruhigen ſtolzen Miene und dem ſanften
milden Ausſehen, der ihm da kaltblütig meldet, daß

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Präſident; Und ſie blieb ſtehen? Sie luden ja das
Gewehr, während Sie mit ihr ſprachen?
Angeklagter: Ja, als ich das lieberglühte ſüße Ge-
ſichtchen ſah, das ein Anderer geküßt, regte ſich der
Mannesſtolz in mir. Da ſchoß ich ſie nieder. Inzwi-
ſchen kamen meine Brüder dazu, ich erzählte ihnen,
was vorgegangen und ſie ſagten, Recht haſt du gethan!
Präſident: Ihr Vetter Robah-ben-Salah ſchildert
den Sachverhalt anders: er ſagt, daß ſie mit den bei-
den Männern früher noch geſprochen und zu ihnen ei-
ferſüchtige Reden geführt haben, worauf ſie erſt nach
nach den Männern ſchoſſen. Dann aber ſeien Ihre
Brüder hinzugekommen, hätten Ihnen die beiden Frauen
herbeigeführt, welche Sie dann ohne weiteres erſchoſ-
ſen haben. ö
Angeklagter: Grundfalſch das und unwahrſcheinlich
dazu; hätte ich denn Einer gegen Drei ſtehen ſollen?
Und hätte ich in Robah's Gegenwart ſeinen eigenen
Bruder zu erſchießen gewagt? Ich wiederhole es (mit
erhobener Stimme), Gott allein ſah den Akt der Rache
und der beleidigten Mannesehre.
Präſid.t Sie waren nicht allein in der Hütte zurück-
geblieben. Nobah war es mit Ihnen.
Angeklagter: Erinnern Sie ſich, Herr Präſident,
daß ich zwei Frauen mit Kindern an der Bruſt töd⸗-
tete, daß ſie meine Couſinen waren, und daß meine
nächſten Verwandten ihre Ehe ſchändeten. Was ich ge-
than, die Ehre hat es mir ſo geboten. Die Gränze
von Tunis iſt nur ein paar Schritte entfernt, wie leicht
hätte ich mich dorthin ſlüchten können, und wäre dann
gewiß ſtraffrei geweſen.
Präſident: Dann hätten Sie ſich aber für immer
aus Ihrem Vaterlande entfernt.
Angeklagter: Das eben wollte ich nicht. Ich dachte
mir, daß ich auch da gerechte und billige Richter fin-
den werde und wären ſie ſelbſt Franzoſen.
Präſident: Sie rechnen alſo auf Ihre Freiſprechung?
Angeklagter: Ich rechne noch darauf, daß man des
Mannes Ehre ſchütze, ſo fürchterlich auch Eure Juſtiz
iſt. Die Regierung iſt aber dafür, daß der Mann ſein
untreues Weib ſtrafe. Wir Araber kennen nur eine
Strafe für Diebſtahl oder Untreue: die heißt der Tod.
(Bewegung.) Jeder von uns kann ſie vollſtrecken. Hätte
ich es nicht gethan, gewiß würden meine Brüder die
beiden Frauen erſchoſſen haben. Mein Weib habe ich
mir gekauft; mit gekauftem Eigenthum kann ich thun,
was mir gutdünkt.
Umſonſt bemüht ſich der Verthéidiger Lakdar's dar-
zuthun, daß ihn die Geſchworenen nicht ſchuldig ſpre-
chen können, wenn ſie die Sitten, Gebräuche und Rechts-
anſichten der Araber berückſichtigten. Ihr Verdikt aber
lautet: „Schuldig.“ Der Gerichtshof verurtheilt Lak-
dar zu fünf Jahren Zwangsarbeit.
Lakdar ruft ſchmerzerregt aus: Falſch geurtheilt!
Unſchuldig bin ich. Ihr habt mich verurtheilt; ſeht
nur zu, Geſchworene, ob noch ein Muſelmann heira-

thet, wenn er ein untreues Weib nicht tödten darf!
 
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