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Heidelberger Familienblätter — 1886

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Nr. 18 - Nr. 26 (3. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53862#0092

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oft acht bis zehn Stunden bei ihr war, ohne zu ermüden,
der oft mehrere Secretäre erſchöpfte, erſchien nun im Mi-
niſterrath, den er einberufen, oft um zwei Stunden ſpäter
als feſtgeſetzt war. Er gab ſehr wenige Privataudienzen,
entzog ſich allen, die er vermeiden konnte, und ließ ſich
mehrere Male erinnern, bis er ſich zu den unerläßlichen
Empfängen entſchloß. Man war von dieſer Veränderung
allgemein überraſcht; die Miniſter wehklagten; die alten
Höflinge ſagten, die Neigung des Kaiſers für ſeine Frau
ſei zu heftig, um lange andauern zu können. Nur die
Kaiſerin zweifelte nicht an der Beſtändigkeit ſeiner Gefühle.
Napoleon war um dieſe Zeit ſehr heiter. Seine Vertrauten
liebte er beim Ohr zu ziehen, in die Wange zu kneifen;
ſo machte er es mit dem Marſchall Duroc, Berthier, Saͤ⸗
vary und ſeinen Adjutanten. Die Verfaſſerin, auch Dame
der Kaiſerin, war zugegen, als Napoleon einmal der
Toilette ſeiner Gemahlin beiwohnte: er neckte ſie, kniff ſie
in den Hals und in die Wange. Wenn ſie böſe wurde,
ſchloß er ſie in die Arme, küßte ſie und nannte ſie eine
Thörin. Der Friede war bald gemacht. Napoleon war
ſehr gutmüthig. Er richtete eines Tages ſeine Scherze
auch gegen die Herzogin von Montebello, als ſie aber miß-
launig zurückgewieſen wurden, hörte er ſofort damit auf
und wiederholte ſie nicht mehr. In wichtigen Angelegen-
heiten duldete er keinen andern Willen als den ſeinigen.
Im übrigen aber liebte er es ſogar, wenn man ihm wider-
ſprach, und reizte oft die Damen der Kaiſerin, mit ihm zu
ſtreiten. Wenn die jungen Perſonen dann böſe wurden
oder ihm in der Hitze der Debatte allzu aufrichtige Dinge
ſagten, lachte er herzlich. Als er einmal die Gemächer der
Kaiſerin betrat, fand er dort eine junge Dame, Fräulein
M., welche der Thüre den Rücken zukehrte und ihn nicht
bemerkte. Er näherte ſich ihr ſachte und hielt ihr mit den
Händen die Augen zu. Fräulein M., welche Niemanden
am Hofe kannte, der ſich ihr gegenüber dieſe Vertraulichkeit
erlauben durfte, als den alten Leibarzt der Kaiſerin,
Bourdier, zweifelte keinen Augenblick, daß dieſer der Ur-
heber des Scherzes ſei. „Machen Sie ein Ende, Herr
Bourdier!“ rief ſie aus. „Glauben Sie, daß ich Sie
nicht an Ihren dicken, häßlichen Händen erkenne 2“ Der
Kaiſer hatte nun ſehr ſchöne Hände, und indem er ſie
zurückzog, rief er aus: „Dicke, häßliche Hände! Mein
Fräulein, Sie ſind wirklich ſehr anſpruchsvoll!“ Die arme
Hofdame flüchtete in ihrer Verlegenheit aus dem Gemach.
Bei einer anderen Gelegenheit entfaltete Napoleon ein feines,
mit Spitzen beſetztes Taſchentuch der Kaiſerin, das auf
dem Tiſche lag, und erkundigte ſich, was ein ſolches koſten
dürfte.
„Wenn ich erſte Dame wäre,“ ſagte Napoleon, „würde ich
jeden Tag eines ſtehlen“. „Es iſt ein Glück, Sir,“ er-
widerte die Generalin Durand, „daß wir mehr Ehrlichkeit
beſitzen, als Ew. Majeſtät“. Der Kaiſer lachte herzlich
über dieſe Antwort. Die alten Höflinge behielten Recht.
Nach einigen Monaten nahm Napoleon ſeine alten Ge-
wohnheiten wieder auf, arbeitete mehr und erwies ſich ſeiner
jungen Gemahlin gegenüber weniger verliebt.

Berſchiedenes.

— (Im Badeorte.) Gemeindevorſteher (zu den
Badegäſten): „Meine Herren, ich möchte Sie bitten, zur
Anſchaffung eines Eſels, der das Waſſer aus dem Thale
auf die Anhöhe zu bringen hat, einen Beitrag zu zeichnen.“
— Ein Badegaſt: „Iſt denn dies durchaus nöthig?“ —
Gemeindevorſteher: „Jawohl, ein Eſel iſt durchaus nöthig
und ich ſtehe erſt als einziger auf der Liſte.“

getrunken haben!“

„Achtzig bis hundert Francs,“ war die Antwort.

zwölften Hefte des „Univerſum“, illuſtrirte

— (3Zweideutig.) Wirth (zu einem verdächtigen
Gaſte, der ſchon mehrere Schoppen getrunken hat): „Mein
Lieber, bezahlen Sie doch erſt einmal die Zeche. Sie
könnten am Ende nicht recht wiſſen, wie viel Schoppen Sie
— Bummler: „Oho, hab'n S nur
kein' Angſt — dees paſſirt mir net; ich hab' immer alles
im Kopf, was ich getrunken hab'!“

— ODie ſtets Praktiſche.) Eine Mutter ertheilt
ihrer Tochter, die im Begriffe ſteht, ſich zu verheirathen,
weiſe Rathſchläge, und fährt dann fort: „Ach ja, das habe
ich noch vergeſſen: Wenn Ihr Euch eines Tages zanken
ſolltet und Du willſt Deinem Gatten etwas an den Kopf
werfen, ſo wähle immer unzerbrechliche Gegenſtände und
möglichſt billige.“

— Ein liebenswürdiger Lehrer, der bei ſeinem
magern Körper einen unverwüſtlichen Humor beſaß, wurde
krank, und der Arzt fand es nöthig, ihm ein großes Senf-
pflaſter auf die Bruſt zu legen. Ungeachtet ſeiner Schmerzen
lachte der Kranke und ſagte zu dem Arzt: „Herr Doctor,
das iſt zu viel Senf für ein bischen ſo mageres Fleiſch!“

Räthſel.
ö (Vierſilbig.)
Das erſte Silbenpaar bricht an,
Sobald die Nacht von hinnen zieht —
Das zweite war ein deutſcher Mann,
Der All' erfreute durch ſein Lied, —
Das Ganze eine Waffe nennt,
Die heute man faſt nicht mehr kennt. —
(Auflöſung in nächſter Nummer.)

Auflöſung des Diamanträthſels in Nr. 21:
Die 13 Worte heißen: 1) Guſtav Freytag, 2) g, 3) Wysky,
4) Gum, 5) Raſtatt, 6) Volksverein, 7) Magdeburg, 8) Kalypſo,
9) Ritterſporn, 10) Eliſabeth, 11) Aal, 12) Altan, 13) g — und
geben in richtiger Reihenfolge untereinandergeſtellt folgendes Bild:


*
E

—8
2—.—8
———
ν
— v—
E SAHen-
* —E84E844
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„.
*
——2

Vom Büchertiſch.

—S§ Univerſum. Mit dem ſoeben zur Ausgabe gelangenden
Zeitſchrift, heraus-
gegeben von Eugen Frieſe, redigirt von Jesko von Putt-
kamer, ſchließt der erſte Halbband des Jahrgangs 1886 in in-
tereſſanter Weiſe ab. Das Heft bringt Beiträge von Jenſen,
M. Eichler, Arrigo Montanus u. ſ. w. Ein beſonderer Schmuck
des zwölften Bandes iſt der ſchöne, ungemein zart behandelte
weibliche Studienkopf von Fr. Zmurko, der allein den Preis auf-
wiegt, den der Leſer für das Heft anlegt.

—5 Deutſche Jugend, Neue Folge. Herausgegeben von
Julms Lo h me r. WWerlag von Leonhard Simion in Berlin.
Das Märzheft zeigt, wie der ganze Band der neuen Folge, die
außerordentlichen Anſtrengungen, das bekannte Jugendwerk, das
von unſeren erſten Schulmännern als das Muſterblatt für häus-
liche Jugend⸗Lektüre der deutſchen Familie aufs Neue empfohlen
wird, zu immer größerer Vollkommenheit in Wort und Bild zu

führen.

Druck u. Verlag von Adolph Emmerling u. Sohn in Heidelberg. Für die Redaction verantwortlich: Fr. E mmerlin g.
 
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