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Heidelberger Familienblätter — 1886

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Nr. 62 - Nr. 69 (4. August - 28. August)
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Gruß der deutſchen Oſtmark.

Zur Feier des 500jährigen Beſtandes der Univerſität Heidelberg

vorgetragen von stud. med. J. Urſin (Wiener Teutonia)

auf dem allg. Burſchenſchafts-⸗Commers am 4. Auguſt
in der Harmonie.

Alldeutſchland ſtrömt zu deinem Wiegenfeſte,
Altheidelberg, du feine, wundergleiche, ö
Der hohen Schule älteſte und beſte,
Soviele ſind im weiten deutſchen Reiche;
Alldeutſchland naht, dein hohes Glück zu ſchauen
Und Jubelgruß ertönt von allen Gauen.

Uns in der Oſtmark auch hat heiß die Seelen
Zu dir ein treues Lieben heut durchflammt:
Dort, wo Alldeutſchland iſt, darf nimmer fehlen
Der Oſtmark Sohn, dem deutſchen Volk entſtammt.
Wir kommen auch, zu grüßen dich, zu ehren;
Wer will es weigern uns, wer will's uns wehren?

Thürmt Schranken auf gleich himmelhohen Bergen,
Hebt Gräben aus wie Meere breit und tief,
Umſäumt die Mark mit Häſchern und mit Schergen,
Bedrohet uns mit Acht und Fehdebrief:
Umſonſt die Müh'n, Ihr feindlichen Gewalten:
Was eins ſich fühlt, das könnt Ihr nimmer
ſpalten.

Die Leiber nur ſind Euch anheimgegeben,
Der einz'lne nur ſteht Euch in Eid und Pflicht;
Vernichtet ſie, die ſchwachen Einzelleben,
Den Allgeiſt tödtet Ihr d'rum immer nicht:
Es lebt und webt und überfliegt die Schranke,
Die Ihr gethürmt, der deutſche Volksgedanke.

Ob Glück und Glanz des Bruders Blick verklären,
In ſeiner Bruſt der Freude Flamme loht,
Ob ſich vom Aug' ihm ſtehlen Clendszähren,
Ob heiß er ringt, von böſem Feind umdroht:
In unſ'rer Bruſt klingt wieder ſein Empfinden,
Und hilfbereit wird uns ſein Unglück finden.

Heut iſt ein Tag für Luſt und Frohbewegen,
Für Jubelruf und hehren Sangespreis;
Die Herzen ſchlagen hoch dir heut' entgegen,
Ruperto-Carola, ſtolz im Ruhmesreis:
Füufhundert Jahr' ſind dir in's Land gegangen,
Und immer ſtrahlſt du noch in Jugendprangen.

Ein Leben reich an Müh'n nund Segenswalten,
Erhabne Geiſtesſtatt, liegt hinter dir;
Den deutſchen Geiſt, du halfſt ihn ausgeſtalten
Mit Sorg' und Fleiß, du, deutſcher Lande Zier.
Drum ſei bedankt bei deinem Wiegenfeſte,
Ruperto-Carola, du älteſte, du beſte!

Und blühe fort, Altheidelberg, du feine,
Dir dopple ſich der Lebenstage Zahl;
Und immerdar, du einz'ge, du eine,
Umaglänze dich der Glückesſonne Strahl:
In fernſter Zeit. im tauſendſten der Jahre
Sei jugendfriſch noch, ſchöne, wunderbare!
Sei fortan, was von dir wir jetzo leſen,
Der Deutſchen Kraft, des deutſchen Wiſſens Hort;
Treu pflege deutſche Sitte, deutſches Weſen,
Als Hochwacht deutſchen Geiſtes blühe fort;
Sollſt ſterben nicht, nicht altern, ſtets erſtarken!
So grüßen treu des Oſtens deutſche Marken.

Erich Fels.

Verſchiedenes.

— Geinrich Heine über Liszt.) Es dürfte zeit-
gemäß ſein, etwas über den Eindruck, den Liszt's Spiel
in deſſen Glanzperiode auf Heinrich Heine machte, zu er-
fahren. Heine ſchreibt: „Wenn Liszt am Fortepiano ſitzt
und ſich mehrmals das Haar über die Stirn geſtrichen hat
und zu improviſiren beginnt, dann ſtürmt er nicht ſelten
all zu toll über die elfenbeinernen Taſten, und es erklingt
eine Wildniß von himmliſchen Gedanken, wozwiſchen hie
und da die ſüßeſten Blumen ihren Duft verbreiten, daß

Adlers.
ganz genau.

— 260 —

ö man zugleich beängſtigt und beſeeligt wird. Ich geſtehe es

Ihnen: wie ſehr ich auch Liszt liebe, ſo wirkt doch ſeine
Muſik hicht angenehm auf mein Gemüth, umſomehr, da
ich ein Sonntagskind bin und die Geſpenſter auch ſehe,
welche andere Leute nur hören, da, wie Sie wiſſen, bei
jedem Ton, den die Hand auf dem Klavier anſchlägt, auch
die entſprechende Klangfigur in meinem inneren Auge ſicht-
bar wird. Noch zittert mir der Verſtand im Kopfe bei der

Erinnerung des Concerts, worin ich Liszt zuletzt ſpielen

hörte, ich weiß nicht mehr was, aber ich möchte darauf
ſchwören, er variirte einige Themata aus der Apokalypſe.
Anfangs konnte ich ſie nicht ganz deutlich ſehen — die-
vier myſtiſchen Thiere: ich hörte nur ihre Stimmen, be-
ſonders das Gebrüll des Löwen und das Krächzen des
Den Ochſen mit dem Buch in der Hand ſah ich
Am beſten ſpielte er das Thal Joſaphat.
Es waren Schranken, wie bei einem Turnier, und als
Zuſchauer um den ungeheuren Raum drängten ſich die
auferſtandenen Völker, grabesbleich und zitternd. Zuerſt
galoppirte Satan in die Schranken, ſchwarz geharniſcht auf
einem milchweißen Schimmel. Langſam ritt hinter ihm der
Tod auf ſeinem fahlen Pferde. Endlich erſchien Chriſtus
in goldener Rüſtung auf einem ſchwarzen Roſſe und mit

ſeiner heiligen Lanze ſtach er erſt den Satan zu Boden,

hernach den Tod und die Zuſchauer jauchzten..“

Räthſel.
Das Ganze thut das Ganze offen und geheim,
Als Meiſter in dem Ganzen,
Gar fleiß'gen Weibes Hand thut es daheim,
Wenn heute auch nur ſelten;
Gehören Beide nicht zum gleichen Orden,
So ſind auch beide nicht Weber geworden.

(Auflöſung folgt in nächſter Nummer.)

Auflöſung des Räthſels in Nr. 63:
Lorbeerbaum
Eboli
Sadowa
Selterſer
Jehovah
Naſenpolyp
Georginee
Leſſing — Ephraim.
Richtige Löſungen ſandten: A. C., Oedipus hier.

Literariſches.
—8 Noch niemals iſt uns die ſtets wachſende Größe Berlins
beſſer verdeutlicht worden als durch ein ſoeben zur Ausgabe ge-
langtes Panorama von ganz außergewöhnlichen Dimenſionen
durch den bekannten Illuſtrator Paul Wagner. Des Künſtlers
Standpunkt, von dem aus das Panorama aufgenommen wurde,
iſt der Rathhausthurm. Wer irgend ſich für die Kaiſerſtadt in-
tereſſirt, ſollte nicht fſäumen, das Panorama, welches noch dazu
nur 2 Mark koſtet, zu erwerben. Es erſchien im Verlag von
W. Spemann in Stuttgart. ö ö

—5 Von dem illuſtrirten Prachtwerke Länderkunde von
Europa, Verlag von G. Freytag in Leipzig, iſt ſoeben Lieferung
S und 9 der Länderkunde Europas erſchienen, enthaltend Auſ-
ſätze über „Bildung von Schwarzwald und Wasgau“, über die
„Induſtrie im Schwarzwald und Pfälzer Bergland“, das „üd-
weſtdeutſche Landbecken“, die „Städte der oberrheiniſchen Tief-
ebene“ u. ſ. w. mit Vollbildern von Paſſau, Ausſicht vom Eipfel
des Herzogenſtandes, der Arberſee im Böhmerwald, der Lange
Markt in Danzig, das Bodethal, Dresden. — Der nämliche
Verlag publieirt ferner die 4. Lieferung des Werkes Einführung
in das Studium der neuern Kunſtgeſchichte von Dr. Al-
bin Schultz mit einer Reihe von trefflichen Abbildungen hervor-
ragender Bauwerke. ö ö ö

Druck u. Verlag von Adolph Emmerling u. Sohn in Heidelberg. Für die Redaction verantwortlich: Fr. E mm erlin g.
 
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