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Heidelberger Familienblätter — 1886

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Nr. 79- Nr. 87 (2. Oktober - 30. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53862#0348

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liſcher Sprache. Den Beſucher feſſelt vor Allem ein rieſiges Löſung von Borſäure beſteht und mit welchem man die

Transparent. In der Mitte deſſelben in großen goldenen
Lettern iſt die Inſchrift: „Arbeiter, gedenkt Eurer Märtyrer!“
und rings herum die Namen jener ſchrecklichen Verbrecher,
rechts oben Reinsdorff, dann Holzhauer und Küchler, unten
Lieske, zur Linken Stellmacher und Grün und oben Kam-
merer. „Unſer letztes Weihnachtsgeſchenk,“ bemerkte einer
der Unmenſchen trocken.
findenden „politiſchen“ Abenden, ſowie an Sonn- und Feſt-
tagen wird das Transparent erleuchtet, während unter ihm

die Anarchiſten ſich zur Nacheiferung ihrer Märtyrer be-

geiſtern; hier haben ſie neulich ſich verpflichtet, die Hin-
richtung der Chicagoer Mörder blutig zu rächen. Am

Sonntag iſt geſelliger Abend: Concert, Theater, Geſang,

Declamation und Ball, veranſtaltet zu Gunſten eines ge-
maßregelten Genoſſen.

— (Aus der Geſchichtsſtunde.) Profeſſor: „Was
ahnten die alten Griechen nicht, Herr Kandidat?“ — „Das
kann ich nicht wiſſen, Herr Profeſſor.“ — „Das ſollten
Sie aber wiſſen! Die alten Griechen ahnten nicht, daß
es außer dem Bernſtein noch andere Stoffe gibt, die brenz-
liche Oele enthalten.“

— (Schnell gefaßt.) Gaſt: „Sie Jean, der Bra-
ten iſt friſch. Er ſchaut zwar nicht ſchlecht aus, aber mit
dem G'ruch bin ich nicht einverſtanden.“ — Kellner: „Aber
Euer Gnaden werden doch zwei Augen mehr glauben, als
einer Naſ'n!“ ö ö ö

— (Das durſtige Echo.) Der induſtrielle Wirth
eines Berg⸗Reſtaurants ſtellt bei Gelegenheit ſeinen Kegel-
buben als Echo in einem gegenüberliegenden Walde auf.
Wirth: „So, meine Herrſchaften, und hier habe ich nun
das ſchönſte Echo, welches Sie je gehört haben.
einer von den Herren die Güte haben will und rufen.“ —
Rentier Knetſchke erhebt ſeine Stentorſtimme. Es werden
nun die verſchiedenſten Sätze gebrüllt und das Echo ant-
wortet auf jeden derſelben auf's Prompteſte. Endlich ruft

Knetſchke: „Willſt Du einen Schnaps?“ — Echo: „Ei ja,

wenn Sie ſo gut ſein wollen!“

— (Auch eine Vorſtellung.) Ein ungariſcher,
ſehr bornirter Edelmann wünſchte von Saphir, einer ein-
flußreichen Perſon in Wien vorgeſtellt zu werden. Saphir
that dies mit den Worten: „Ich ſtelle Ihnen hier den

Herrn v. K. vor, welcher bei der letzten Viehausſtellung

den Preis erhalten hat.“

— (Ungerecht.) Baron: „Johann, entferne Dich!
glaubſt Du, man ſieht es nicht, daß Du wieder betrunken
biſt?“ — Johann: „Ja, wenn ich etwas getrunken habe,
das ſieht man gleich, wenn ich aber Durſt habe, das ſieht
kein Menſch.“ ö

— (Eine neue Weiſe, Fleiſch aufzubewahren.)
Wollte man bisher Fleiſch auf eine kürzere oder längere
Zeit aufbewahren, ſo wurde es entweder geräuchert, ge-
pökelt oder in Eis gelegt. Neuerdings hat uns jedoch die
Wiſſenſchaft ein fäulnißhinderndes Mittel gelehrt, welches
das bisherige Verfahren überflüſſig macht. Wird das
Fleiſch nach dieſer einfachen und billigen Weiſe behandelt,
ſo verliert es nicht ſeine Farbe und büßt auch ſeinen na-
türlichen Geruch und Geſchmack nicht ein. Ueber dieſes
neue und unſchädliche Mittel, welches in einer 2procentigen

An den jeden Sonnabend ſtatt-

Wenn

betreffenden Fleiſchſtücke einnäßt, ſo daß dieſelben mehrere
Wochen lang vor Verderbniß bewahrt bleiben, ſchreibt
Ackerm. illuſtr. W. Gew.⸗Ztg. Folgendes: „Beinahe alles
Fleiſch, welches in rieſigen Mengen von Amerika nach
England verſandt wird, iſt mit Borſäure behandelt und
keinem Reeder fällt es mehr ein, ſich mit der Erbauung
von Eiskühlſchiffen für die Fleiſchfracht zu befaſſen. Ge-
hört nun von dieſer nützlichen Erfindung den Fleiſchaus-
fuhrgeſellſchaften jenſeits des Oceans der Löwenantheil, ſo
fällt denn doch ein Scherflein davon auch der Hausfrau
zu, welche es nunmehr in ihrer Macht hat, auch ohne An-

wendung von Eis ihren Fleiſchvorrath friſch zu bewahren.

Es iſt dabei unerläßlich, nach dem Abſchneiden von Fleiſch
aus einem größeren Stück die friſche Schnittfläche des
zurückbleibenden unverweilt mit der Borſäurelöſung einzu-
näſſen, um dadurch einem von dieſer Stelle aus beginnen-

den Verderben des Fleiſches zu begegnen.

Arithmogryph.
Von H. Kl.

4 2 5 6 Stadt in Baden,
10 7 11 5 Chirurgiſches Inſtrument,
2 9 Römiſcher Kaiſer,
3 2 5 4 9 3 Strom in Paläſtina,
5 10 7 3 14 15 Ein Gift,
6 7 16 7 17 Preußiſche Stadt,
14 10 2 17 9 3 14 General im 30jährigen Krieg,
3 7 18 19 11 3 Ein Planet.
Die Anfangs⸗ und Endbuchſtaben von oben nach unten geleſen
ergeben den Namen des Erfinders einer Sicherheits-Vorrichtung
auf elektriſchem Gebiete.

(Auflöſung folgt in nächſter Nummer.)

2 3 3
8 5 9
7 5 1

Auflöſung der zweiſilbigen Charade in Nr. 85:
Erdball.
Löſungen gingen ein von: Oedipus, Oedipinchen, Oedipipinchen;
Schorſch vor'm Thor räth Erdkugel. Der Schlaumeier ſcheint
der Anſicht zu ſein, daß ein zweiſilbiges Wort auch einmal — drei
Silben haben kann. — Gleichzeitig bemerken wir, daß Auf-
löſungen von Pſeudonymen nicht mehr veröffentlicht werden.

Literariſches.

—8 Der Vetter vom Rhein, Kalender für 1887. Preis
30 Pfennig. Verlag von Chr. Schömperlen in Lahr. Der Vetter
vom Rhein iſt ein Volkskalender für Jedermann, gleichviel welcher
Religion oder politiſchen Richtung er angehört; heitere Geſchich-
ten, Gedichte, Räthſel und Schnurren folgen in angenehmer Ab-
wechſelung. Die wichtigſten Ereigniſſe des Jahres ſind ebenfalls
verzeichnet und dem Text ſowohl hier als in den Erzählungen.
ſchöne Bilder beigefügt.

—8 Dreißig Jahre Hausfreund. Das muß ein treuer, guter-
Geſelle ſein, der ſo viele Jahre hinter einander, alle Wechſelfälle
des bewegten Lebens überdauernd, als ſtets willkommener Gaſt
bei den deutſchen Familien einkehrt, an ihren Schickſalen warmen
Antheil nimmt und für deren Erheiterung und Erhebung ſorgt.
In dieſer Lage befindet ſich Der Hausfreund, jenes allbeliebte,
illuſtrirte Familienblatt, welches dem Schriftſteller Hans Wachen-
huſen ſein Entſtehen verdankt und in dem bewährten Verlage von.
S. Schottlaender in Breslau nun in ſeinen dreißigſten Jahrgang
eingetreten iſt. Daß die uns vorliegenden erſten vier Nummern
in jeder Beziehung würdig ſind, den Jubel⸗Jahrgang einzuleiten,
zeigt ein Blick auf ihr ſtattliches Gewand und auf ihren ebenſo-
gediegenen wie geſchmackvollen literariſchen und künſtleriſchen In-
halt. Was den künſtleriſchen Theil betrifft. ſo wird er in dieſen.
vier Nummern durch nicht weniger als 16 Illuſtrationen von der-
Hand hervorragender Künſtler repräſentirt. Von ächt künſtleriſcher
Schönheit und allgemein anſprechend ſind die Illuſtrationen. —
Der unterhaltende Theil glänzt vor Allem durch zwei Romane:
„Frauenlehn“ von Doris Freiin von Spaettgen und „Die Waiſe
von Warſchau“ von M. Bernardi. Beide Romane erſcheinen, ſo
weit die erſten Nummern erkennen laſſen, friſch, geiſtvoll, ſinnig.
mit feſt gegliederter. Handlung klarer Charakteriſtik der handeln-
den Geſtalten, reichem Scenenwechſel, lebenvoller Spannung, und
ſie werden beide dem Hausfreund großen Beifall einbringen.

Druck u. Verlag von Adolph Emmerling u. Sohn in Heidelberg. Für die Redaction verantwortlich Fr. Emmerling. ö
 
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