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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Schalk, Karl: Die historische Waffensammlung der Stadt Wien im Zusammenhange mit der militärischen Organisation der Stadt, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0320

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304

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

der gesamten bewaffnetenBürgerschaftneben
Viertelfahnen. Die Sammlung besitzt als eine
der ältesten Reliquien eine alte Bürgerfahne (Kat.
in Gruppe Nr. 385, derzeit restauriert in einem eige-
nen Glaskasten im Vorsaal), die wir vielleicht in das
Jahr 1465 versetzen dürfen, ln der Kammeramts-
rechnung des Jahres 1465 findet sich nämlich die
Ausgabenpost:1) Umb 12 eilen zendal von der stat
zu dem vann des guidein adlers, so unser
herr der Römisch Kaiser etc. gemainer stat
geben hat,2 3) ein eilen per 80 den. facit4pfd den.,
umb 3 eilen zendal von der stat zu ziph per 75 den.
facit 7 sol. 15 den. Von dem vann zu machen
14 den. Dem Kaschauer davon zu mailn 7-pfd
4 sol. den. Umb ain Stangen 3 sol. den. Gesammt-
kosten: 12 pfd 6 sol. 29 den. Eine andere Fahne
wurde im Jahre 1529 von Leopold Maler gemacht
«von neuem mit vier gülden adlern und vier Wiener
schildt zu baiden saiten, auch ain alten fann ge-
pessert 12 pfd den».8)
Bürgerfahnen allgemeiner Art sind in der Waffen-
sammlung noch-aus den Jahren 1699 (Kat.-Nr. 726)
und 1740 (Kat.-Nr.- 1074) erhalten, vielleicht gehört
in diese Kategorie auch noch die Fahne mit Jahres-
zahl 1825 (Kat.-Nr. 1139).4)
Ausser diesen Fahnen als Symbolen der gesamten
bewaffneten Bürgerschaft gab es noch Viertels-
fahnen für die Mannschaften der Stadtviertel (Kom-
pagnien). Auslagen für die «viertailvann» Weist schon
die Kammeramtsrechnung des Jahres 14775) aus und
zwar nach den Vierteln: «rot-weis, praun, grün und
plab».
Aus späterer Zeit enthält die Sammlung
eine Fahne der Altwidmer-Kompagnie aus dem
Jahre 1679 (Kat.-Nr. 756),
eine Fahne der Jungwidmer-Kompagnie aus dem
Jahre 1745 (Kat.-Nr. 1077),
eine Fahne der Altschotten-Kompagnie aus dem
Jahre 1745 (Kat.-Nr. 1076),
eine Fahne der Altkärntner-Kompagnie aus dem
Jahre 17646) (Kat.-Nr. 1141),

!) UhlirZ 1. c. Bd. XXVIII, S. 44.
2) Damit ist hinge wiesen auf die Wappenverbesse-
rung des Doppeladlers durch den Wappenbrief vom
25. September 1461, besprochen von Graf Pettenegg
in Geschichte der Stadt Wien, Bd. II,, S. 25. Anm. 2, abge-
bildet S. 24 Fig. 17.
3) UhlirZ 1. c. Bd. XXX, S. 106. Man wäre versucht
diese Stelle auf die alte Bürgerfahne zu beziehen, die in
vier Feldern vier Adler und vier Schilde (je zwei auf einer
Seite) zeigt, aber der Stil scheint die Fahne noch ins 15.
Jahrhundert zu verweisen.
*) Der Katalog bezeichnet als Fahnen der Btirgerwehr
auch Nr. 1378 und 1379, doch wohl nicht als solche des Ge-
samtkorps, fraglich ist, ob es solche nach 1805 überhaupt gab.
3) UhlirZ, 1. c. Bd. XXIX, S. 40.
6) Im Jahre 1764 wurde Joseph II. zum römischen König
gekrönt. Damals dürfte die Bürgerwehr ausgerückt sein,
und die Kompagnien, die keine in gutem Stande befindlichen
Fahnen hatten, Hessen wohl aus diesem Anlass neue machen.

eine Fahne der Jungkärntner-Kompagnie aus
dem Jahre 1764 (Kat.-Nr. 1073),
eine Fahne der Jungstuben-Kompagnie aus dem
Jahre 1764 (Kat.-Nr. 1142).
Es fehlen also nur zwei Kompagniefahnen, näm-
lich solche des Jungschotten und Altstuben-
viertels. Eine Fahne der Schottenbrigade ist als
im Jahre 1840 verloren gegangen ausgewiesen.7)
Selbst als durch Schaffung des Regimentsver-
bandes, zuerst nachweisbar im Jahre 1797, die
Kompagnieeinteilung und noch mehr die Viertel-
einteilung in den Hintergrund trat, erhielt sich noch
die Erinnerung an die alten Viertel.
Die Nationalgarde der Stadt (der heutige erste
Bezirk) umfasste am 6. Oktober 1848 zweiundzwanzig
Kompagnien, deren jede 200 Mann Garden enthalten
sollte, in 4 Bezirke nach den alten Vierteln geteilt.8)
Im Jahre 1444 wurden auch die vor den Thoren
gelegenen Häuser, die der ersten Türkenbelagerung
1529 zum Opfer fielen, in Viertel mit je einem
Vieramt eingeteilt9) und deren Bewohnern die Ver-
pflichtung zu «zirgkhen» (die Runde zu machen),
«wachten» (die Wache zu halten) und «raisen» (ins
Feld auszuziehen) auferlegt.10)
Aus der Aufgebotsordnung des Jahres 140s11)
ersehen wir, dass der taktische Unf.erverband der
einzelnen Viertel die Meisterschaft der einzelnen
Zünfte oder Zechen bildete, die den einzelnen
Vierteln zugeteilt waren.12)
Was nun die nicht Kriegszwecken dienende
Organisation der Bürgerwehr betrifft, ihr Auf-
treten bei feierlichen Anlässen des Friedens,
so hat man dabei von dem geschlossenen Auftreten
der Viertelmannschaften abgesehen und die Waffen-
kategofien gleichartig Bewaffneter zusammengefasst.
Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts war für
Wien eine festfreudige Zeit und es fehlte nicht an
Gelegenheit zu friedlichem Ausrücken der Bürger-
schaft. Kaiser Ferdinand wurde bei seinem Einzuge
nach der Kaiserkrönung in Wien am 14. April 1558
in feierlicherWeise von der Bürgerwehr einbegleitet.18)
Der Zug bestand aus 6 Stück Falconets auf Rädern,
6Büchsenmeistern, «einem Spill trummel und pfeiffen,
dem obristen hauptmann herrn von Pirsch, vier tra-
banten in einer färb, Georg Frey einem fünfzehnjährigen
jüngling, zwey gliedern trabanten zu 6 personen,
iren hauptleuten, 67 gliedern schützen, 46 gliedern

’) Akt im Wiener St.-A. Oecon. 40/1857.
ä) D und er, Denkschrift über die Oktober-Revolution
in Wien S. 73.
9) Schlager, Wiener Skizzen. Bd. V, S. 109.
10) Schuster in Geschichte der Stadt Wien, Bd. II/i,
S. 465, Anm. 6.
• n) Schlager, Wiener Skizzen. Bd. V, S. 29.
12) \y;en gehörte also in die Kategorie der Städte mit
Heeresorganisation nach «Zünften und Bezirken», Nalimer,
Die Wehrverfassungen der deutschen Städte, S. 37 ff. (Ab-
schnitt IV).
13) Schlager, Wiener Skizzen. Bd. I, S. 281 und UhlirB,
Jahrb. d. allerh. Kaiserh. Bd. XVIII, Reg.-Nr. 15764.
 
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