Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI issue:
Heft 11
DOI article:
Sixl, P.: Entwicklung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [17]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0434

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
414

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

5 cm; äusserer Durchmesser knapp hinter der Ab-
plattung: 4,5 cm; äusserer Durchmesser in der
Nähe des Zündloches: 3,5 cm. Zündloch befindet
sich oberhalb, nahe am rückwärtigen Ende der
Seele und ist scharfkantig. Fundort: bei Erdar-
beiten am Ringplatze in der kgl. Stadt Tabor im
Jahre 1892. Die zu dieser Handbüchse gehörige
Bleikugel würde ein Gewicht von 0,04 kg gehabt
haben.
Sowohl Fundort als auch äussere Form lassen
mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen, dass
man hier eine Handbüchse aus der Hussitenzeit
vor sich hat, und zwar eine jener «pischullen»,
wie dieselben in der «Einung der schlesischen Für-
sten, Manen und Städte auf dem Tage zu Grotkau
vom 18. September 1421» verlangt werden. In
Tabor war ein befestigtes Kriegslager der Hussiten,
welches im Jahre 1419 von Ziska angelegt wurde.
Die Bezeichnung «pischullen» wird von dem böh-

Jahre 1429 werden die «pischczaln» erwähnt. «Auch
so haben wir eyn wenig pulfer vnd vier pischczaln
mit uns weg brocht. . . .» In einem Berichte über
die Hussiten vor Schweidnitz von demselben Jahre
heisst es: «.. und das man vndir sie rechte sere schoss
mit büchsen pischoln . . ,»32) Die Bezeichnung «pi-
schullen» wird auch noch später durch das ganze
15. ja sogar noch im 16. Jahrhundert gebraucht
und geht in «pischalen» — «pethstollen», «pett-
stolln» — und «Bettstalln» über.
Im Jahre 1461 wurden in den Stadtbüchern
von Breslau „item zcwu Pischczellen“ erwähnt und
zum Jahre 1483 werden beim Zeug der Stadt
Breslau unter den Feuerwaffen angeführt:33) «514
Haken Büchsen mit den eisernen. 228 Pischaln,
1 Gl. — Siben Pischaln haben die Zöllner an Toren.»
Bei der Angabe über die Verwendung dieser Hand-
feuerwaffen werden 344 Hakenbüchsen auf die
vielen Thore und Türme verteilt «Hundert Pit-



Fig. 83. Eiserne Handbüchse mit Stangenschaft im städtischen Museum
zu Tabor in Böhmen.

mischen Worte «pistal» Pfeife, Fistel, abgeleitet;
(lateinisch fistula, Röhre, Rohrpfeife, Hirtenflöte).
Dass das Wort «pischullen» schon damals in diesem
Sinne gebraucht und übersetzt wurde, geht aus
einer Stelle der Einigung zu Strehlen vom 14. Fe-
bruar 1427 hervor.31) «Item yglich fürste mit seynen
stetin sal habin vnd mit ym bringen czwu adir
dry steynbuchsen vnd pulver vnd steyne, dorczu
eyne notdarft vnd ouch pfeiffen vnd havfenicz,
das meisten so her mag gehaben.» Diese „Pfeifen“
waren, nachdem dieselben den Steinbüchsen und
den Haufnitzen gegenübergestellt werden, offenbar
Lotbüchsen, welche in Grösse und Form einer Pfeife
oder Röhre ähnlich waren und bei welchen man.
infolge der gewählten Bezeichnung Handbüchsen
mit Stangenschaft, zu verstehen hat, da nur diese
Konstruktion der gegebenen Bezeichnung „Pfeife,
— Rohre“ am nächsten kommt. Auch in dem
Schreiben der Strehlener an ihren Hauptmann vom

31) Palacky, Urkundl. Beiträge I, 493.

schalen» kamen «auf die fünfzig Türme um die
Stadt, auf iglichen zwene».
Im Inventarium der Stadt Nürnberg vom
Jahre 1579 und 15803<J) werden unter den vielen
Feuerwaffen und dazu gehörigen Requisiten auf-
gezählt: «Der annder Hof bey der Wag. G. I.
«Item 415 hultze Ladungen zu halben haggen
oder Pethstollen.» Das Erste Zeughaus. «Ferner
hangen jn diesem Ilauss 393 Kurtzer Lanndts-
knecht hagken, die man sonnst Pettstolln nennet.»
Das annder Zeughaus. «Weiter hangen jn
diesem hauss 500 Lannger haggen mit Feur-
schlossen. Mehr hangen bey nechstgedachten
haggen noch 121 Kurtzer haken, Bettstolln genant,
vff Pirschwagen zugebrauchen.» «Mer ein Truhen
mit tzweyen Fächern, so mit No. 45 betzaichnet,

32) Script, rer. Siles VI, 78 und 83, Quellen 26.
33) Script, rer. Siles. III, 280, Quellen 46.
34) Ms. No. 4450 im germanischen National-Museum zu
Nürnberg; Quellen 92 ff.
 
Annotationen