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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0075

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Heft 2

Sammlungen

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Dresdner Gemäldegalerie vier Bilder aus dem
Besitze seiner Familie, Arbeiten von Traugott
LeberechtPochmann (1762—1830), Friedrich
Matthäi (1777—1845) und Carl Vogel von
Vogelstein (1768—1868), vermacht hat. Auch
um ein Werk Anton von Graffs (1736—1813),
und zwar um ein Meisterwerk dieses Künstlers,
ist die Galerie bereichert worden. Es handelt
sich um ein Frauenbildnis. Das Kunstwerk
wurde der Galerieverwaltung in sehr beschädig-
tem Zustande übergeben, erfuhr aber durch
den Dresdner Restaurator Nahler eine voll-
kommene Wiederherstellung. Endlich hat der
im Herbst vorigen Jahres verstorbene Dresdner
Maler Jean Libert Oury der Galerie ein
Selbstbildnis vermacht, und von dem bekannten
Dresdner Leibarzt und feinsinnigen Liebhaber-
Maler Dr. Carus (1789—1869) wurden zwei
reizende Landschaftsbildchen den Beständen der
Sammlungen einverleibt. wd.

s

BUDAPEST -

Museum der Bildenden Künste. Am
20. Dezember 1908 fand die Eröffnung der japa-
nischen Sammlung des Museums statt. Diese
Kollektion, die aus mehr als 2300 Stücken be-
steht, wurde für den Staat im Aufträge der
ungarischen Regierung durch den apostolischen
Protonotar Grafen Peter Vay von Vaga er-
worben. Der bekannte und produktive Kunst-
schriftsteller leistete durch die Schöpfung dieser
Sammlung eine besonders wertvolle Arbeit. Er
gelangte dazu in Japan um einen Preis, um
welchen an europäischen Kunstmärkten nur
ein kleiner Teil der Kunstwerke angekauft
werden könnte. Ein großer Vorzug seiner
Sammlung ist, daß sie uns eine richtige Vor-
stellung über alle Hauptrichtungen der japani-
schen A'ialerei und vervielfältigenden Kunst
bietet. Die Holzskulptur ist darin durch einige
wertvolle Stücke vertreten. Eine beträchtliche
Zahl kunstgewerblicher Gegenstände dient als
Ergänzung dazu, über die Kunstauffassung des
asiatischen Inselvolkes ein möglichst abgerun-
detes Bild zu geben.

Vorläufig konnte nur ein kleiner Teil der
Kollektion ausgestellt werden. Die Direktion
hat aber die Absicht, durch periodische Aus-
stellungen, besonders die Farbenholzschnitte
und illustrierten Bücher auch weiteren Kreisen
bekannt zu machen.

Man findet die wertvollsten Gegenstände
unter den Gemälden und Holzskulpturen reli-
giösen Inhalts. Ein stark nachgedunkelter Kobo-

Daishi soll das älteste Stück sein und aus dem
XI. oder XII. Jahrhundert stammen. Ändere,
über die man vermutet, daß sie im XV. bis
XVI. Jahrhundert entstanden, sind im allgemei-
nen gut konserviert. Einige, sind darunter, in
dem bekannten, strengen linearen Stil, sehr fein
ausgeführt. Unter den Statuen ragen besonders
ein sitzender Shaka Muni, eine stehende Figur
derselben Gottheit und ein auf reich dekorier-
tem Throne hockender Fudo hervor. Ersterer
ist auf einem altertümlichen Postament dar-
gestellt, letztere zeichnen sich durch ihre zier-
lichen Gloriolen aus.

Die profane Malerei ist durch mehr als
300 Kakemonos vertreten. Die aus China
stammende Kano- und die in der Tokugawa-
Periode entstandene Korin-Schule nehmen un-
gefähr gleich großen Platz ein. Unter den aus-
gestellten Werken dominiert die erstere. Mehrere
fein tuschierte Winterlandschaften (von Tasaki
Soun, Mori Ippo, dem Chineser Shuho usw.) und
einige Tierdarstellungen (z. B. von Kano Tannyu)
zeugen von der feinen Poesie und reinen Men-
talität der japanischen Kunstauffassung.

Die Perle der Sammlung ist aber ein pracht-
volles Paravent der Tosa-Schule. Es ist mit
der Darstellung einer Reitergesellschaft ge-
schmückt, die im Vordergründe einer stilisierten
Berglandschaft sich zur Ruhe niedergelassen
hat, während die Knechte die Pferde herum-
führen. Der Hintergrund ist unter anderem
durch einige Bauernhäuser belebt, deren Be-
wohner in ihrer Älltagsbeschäftigung dargestellt
sind. Die Bildfläche wird durch die üblichen
goldenen Wolkenstreifen zerteilt. Die meister-
hafte Zeichnung wurde mit den einfachsten
Mitteln erzielt. Die Farbengebung ist einheit-
lich, in bräunlichen Tönen gehalten.

Unter den durch den Grafen Vag gesammelten
Werken sind die Erzeugnisse des japanischen
Holzschnittes am reichsten vertreten. Das Mu-
seum gelangte dieses Mal in den Besitz von
mehr als 1000 Blättern, die auch seitdem durch
Geschenke von Frau Langweil in Paris und
Herrn Maurus Göth in Budapest und auch neuere
Ankäufe vermehrt wurden. Die älteren Schulen
sind in der langen Reihe hauptsächlich durch
Moronobu, Kiyonobu, Masanobu, Togonobu,
Kigohiro, Kigomitsu vertreten. Besonders er-
wähnenswert sind aus dem darauffolgenden
Zeitalter einige Holzschnitte von Koriusai, Shige-
masa, Masanobu, Kigonaga, Sharaku, Shunman,
Shunko, Shuncho, Shunzan. Mehr als vierzig
Blätter besitzt die Sammlung von Utamaro und
ein paar gute Abdrücke von Togoharu, Toyohiro
und Shungei. Über hundert Holzschnitte von
Togokuni stellen uns die verschiedenen Stil-

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