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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0275

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RUNDSCHAU

SAMMLUNGEN

ÄUS DEN KÖNIGLICH SÄCHSISCHEN
SAMMLUNGEN
I.

Die Dresdner Gemäldegalerie ist im
Jahre 1908 um 24 Bilder (25 Ölgemälde und
1 aquarellierte Zeichnung) vermehrt worden.
Davon wurden vier durch Beschluß der Galerie-
kommission aus Staatsmitteln, zehn durch den
akademischen Rat aus den Zinsen der Pröll-
Heuer-Stiftung erworben, die zehn übrigen ge-
langten als Geschenke an die Galerie. Von den
aus Staatsmitteln der Galerie zugeführten Neu-
erwerbungen ist ein altholländisches „Gesell-
schaftsstück“ von Hendrik Gerritsz Pot (1585
bis 1657), der dem Haarlemer Kreise des Frans
Hals angehörte, besonders hervorzuheben. Das
mit dem Monogramm des Künstlers bezeichnete
Bild ist eines der besten des Meisters und für
die Galerie deswegen von besonderer Bedeutung,
weil seine malerische Behandlung mit derjenigen
eines Gemäldes übereinstimmt, das früher irrig
auf Le Duc zurückgeführt, seit einigen Jahren
aber aus „inneren Gründen“ Pot zugeschrieben
wurde. Von den zehn Bildern, die der Aka-
demische Rat aus Mitteln der Pröll- Heuer-
Stiftung erwarb, ist ein Gemälde Max Klingers
erwähnenswert. Der Meister hat die Darstellung,
eine herrliche Mädchengestalt inmitten der in
vollstem Frühlingsschmucke prangenden Cam-
pagna, „Quelle“ genannt; manche Beurteiler
haben die Schöpfung irrtümlich mit der be-
kannten „Blauen Stunde“ (im Leipziger Museum)
in Verbindung gebracht, die in den achtziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts in Paris ent-
stand. Die „Quelle“ aber wurde von Klinger
nach einem anderen Modell in den Jahren 1891
bis 1892 in Rom gemalt. Die Galerie besitzt
nunmehr zwei Gemälde des Leipziger Meisters,
nämlich außer dieser weltlichen die ernste reli-
giöse Darstellung „Die Beweinung Christi“. Von
den übrigen Neuerwerbungen ist noch hinzu-
weisen auf die vielumstrittene Arbeit Max Sle-
vogts „Der Ritter und die Frauen“, ein minde-
stens in seinen malerischen Eigenschaften höchst
interessantes Bild, und auf Franz von Stucks
„Zweikampf“, sowie auf Leo Putz’ malerisch
eminent kraftvolles „Bildnis einer schwarz-
gekleideten Dame“. Die Galeriekommission hielt

im Jahre 1908 vier Sitzungen ab. Von beson-
derer Wichtigkeit war diejenige (vom 23. Mai),
in der wieder einmal einige grundsätzliche,
chemische und technische Bilderrestaurations-
fragen, insbesondere aber der Zustand des
Tizianschen Gemäldes „Der Zinsgroschen“ einer
sorgfältigen gemeinsamen Untersuchung unter-
zogen wurde. Hierbei konnte zwar das gün-
stige Allgemeinbefinden des Bildes mit Genug-
tuung festgestellt werden, aber man mußte auch
die Notwendigkeit der Niederlegung einiger
Farbenhebungen anerkennen. Von den wissen-
schaftlichen Arbeiten, welche die Galerieverwal-
tung im vergangenen Jahre leistete, ist die für
die Allgemeinheit bedeutungsvollste das Er-
scheinen der siebenten, nach den bisherigen
Grundsätzen vermehrten und verbesserten Auf-
lage der von dem Direktor der Galerie, Geh.
Hofrat Prof. Dr. Carl Woermann, bearbeiteten
Kataloge. Um den Bedürfnissen der zahlreichen
die Galerie besuchenden Ausländer noch mehr
als bisher zu dienen, wurde der kleinen eng-
lischen Ausgabe des Galeriekatalogs auch eine
französische gegenübergestellt. Dieser franzö-
sische Katalog ist eine sehr sorgfältige Arbeit
des in Dresden lebenden französischen Gelehrten
Prof. Paul Martin.

Sehr groß war im Jahre 1908 die Bereicherung
der Sammlungen des Kupferstichkabinetts.
Die nach Wert wie Umfang bedeutungsvollste
Erwerbung bildete eine Auswahl der vorzüg-
lichsten Handzeichnungen des XIX. Jahrhunderts
aus der Sammlung EduardCichorius (1195Blätter).
Durch dieseErwerbung ist eine bisher imDresdner
Kupferstichkabinett sehr unzureichend vertreten
gewesene, für die künstlerische Entwicklung
Sachsens im vorigen Jahrhundert aber höchst
wichtige Künstlergruppe, vor allem Julius Schnorr
von Carolsfeld und Ludwig Richter, zu sehr
dankenswerter Vollständigkeit erhoben worden.
Namentlich für Ludwig Richter, dessen umfang-
reiches Werk das Kupferstichkabinett seit vielen
Jahren bemüht war, in möglichster Lückenlosig-
keit zu sammeln, ergab sich aus der Erwerbung
der reichen Cichoriusschen Sammlung eine we-
sentliche Bereicherung der Sammlung von Probe-
drucken Richterscher Holzschnitte und Illustra-
tionen zu Büchern. Aufs wertvollste ergänzt
wurde das Dresdner Richter-Werk auch durch die
nahezu vollständige Sammlung der Original-
radierungen des Künstlers, die Baron von Lanna
in Prag dem Kupferstichkabinett im vorigen Jahre
 
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