Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0301
DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:Ozzòla, Leandro: Bilder aus der Sammlung Tesorone in Neapel
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Bilder aus der Sammlung Tesorone in Neapel
285
PIETRO PÄRROCEL, Raub der Sabinerinnen ü
□
Neapel, Sammlung Tesorone
In Neapel, wo die Sicherheit der Ausführung an die eleganten französischen Maler
des XVII. Jahrhunderts erinnert.
Die Studie der „Madonna del rosario“ von Sebastiano Conca zeigt ebenfalls in
der Ausführung des Helldunkels und der subtilen Drapierung Solimenas Einfluß. Aber
auf einer weiblichen Gestalt im Hintergründe erkennen wir bereits die Ähnlichkeit mit
der wohlbekannten heil. Cäcilie (Gallerie S. Luca in Rom). Zu Solimenas Schule ge-
hört auch Giuseppe Bonito, Direktor der von König Karl gegründeten neapolitanischen
Akademie. Von seiner Hand befinden sich in der Sammlung Tesorone ein bezeich-
netes Knabenbildnis und eine Genreszene. Hier haben die graublauen Töne der Schule
Solimenas die höchste Feinheit erreicht. Bonitos Realismus gelangt zu einer solchen
Stufe der Vollkommenheit in der Charakterisierung seiner Personen und der Lebhaftig-
keit des Ausdrucks, daß man ruhig die größten gleichzeitigen Realisten des Auslandes,
wie Hogarth oder Chardin neben ihm nennen darf.
An Chardin erinnert auch das Bildnis der Donna Giovanna Dosagina, Gattin
des Avv. Don Antonio Sergio, das die Bezeichnung „Amalfi pinse“ und das Datum
1760 trägt. Auf diesem Bilde sind Ausdruck und Plastik der Formen mit genauester
Berechnung ausgeführt, ohne dadurch irgendwie die Grazie eines einheitlichen grau-
blauen Kolorits zu beeinträchtigen. Von Carlo Amalfi, der Schüler Concas war und
unter Bonitos Einfluß stand, wissen wir wenig, und wenig ist von ihm erhalten. So
ist dieses Bildnis infolge der großen Seltenheit der Arbeiten unseres Meisters von be-
sonderer Bedeutung.
Als würdige Ergänzung gesellt sich zu diesen Werken der neapolitanischen
Schule das Werk eines Franzosen, der jedoch zu jener gehörte. Der „Raub der
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PIETRO PÄRROCEL, Raub der Sabinerinnen ü
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Neapel, Sammlung Tesorone
In Neapel, wo die Sicherheit der Ausführung an die eleganten französischen Maler
des XVII. Jahrhunderts erinnert.
Die Studie der „Madonna del rosario“ von Sebastiano Conca zeigt ebenfalls in
der Ausführung des Helldunkels und der subtilen Drapierung Solimenas Einfluß. Aber
auf einer weiblichen Gestalt im Hintergründe erkennen wir bereits die Ähnlichkeit mit
der wohlbekannten heil. Cäcilie (Gallerie S. Luca in Rom). Zu Solimenas Schule ge-
hört auch Giuseppe Bonito, Direktor der von König Karl gegründeten neapolitanischen
Akademie. Von seiner Hand befinden sich in der Sammlung Tesorone ein bezeich-
netes Knabenbildnis und eine Genreszene. Hier haben die graublauen Töne der Schule
Solimenas die höchste Feinheit erreicht. Bonitos Realismus gelangt zu einer solchen
Stufe der Vollkommenheit in der Charakterisierung seiner Personen und der Lebhaftig-
keit des Ausdrucks, daß man ruhig die größten gleichzeitigen Realisten des Auslandes,
wie Hogarth oder Chardin neben ihm nennen darf.
An Chardin erinnert auch das Bildnis der Donna Giovanna Dosagina, Gattin
des Avv. Don Antonio Sergio, das die Bezeichnung „Amalfi pinse“ und das Datum
1760 trägt. Auf diesem Bilde sind Ausdruck und Plastik der Formen mit genauester
Berechnung ausgeführt, ohne dadurch irgendwie die Grazie eines einheitlichen grau-
blauen Kolorits zu beeinträchtigen. Von Carlo Amalfi, der Schüler Concas war und
unter Bonitos Einfluß stand, wissen wir wenig, und wenig ist von ihm erhalten. So
ist dieses Bildnis infolge der großen Seltenheit der Arbeiten unseres Meisters von be-
sonderer Bedeutung.
Als würdige Ergänzung gesellt sich zu diesen Werken der neapolitanischen
Schule das Werk eines Franzosen, der jedoch zu jener gehörte. Der „Raub der