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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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10. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0350

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334

Der Cicerone

Heft 10

Rubens, Bildnis des Malers Franck, sowie zwei
kleinere Bilder von Dirk (nicht Frans) Hals,
die 1886 auf der Ausstellung in Brügge ge-
wesen sind. Das eine „L’ami comraun“ stellt
einen Knaben und ein Mädchen mit einer Katze
spielend, das andere „Les petits joueurs“ Knabe
und Mädchen Karten spielend dar; diese Bilder
sind 30 bis 40 000 fs. taxiert. Der Hobbema soll
zum Preise von 300 000 fs. verkauft sein, eine
wohl nur zum Zwecke der Wiederbegebung ge-
machte Angabe.

Als Motiv des merkwürdigen Schrittes, den
der König unternommen hat, gilt die Absicht,
im Falle eines Todes seine Kinder zu enterben
(die Prinzessin Clementine ausgenommen) und
vor allem den Gläubigern der Prinzessin Louise
die Möglichkeit zu nehmen, seine Gemälde mit
Beschlag zu belegen. Allerdings hätte Leopold II.
vornehmer gehandelt, wenn er seine Bilder als
Geschenke den belgischen Museen überlassen
hätte. In Brüssel ist die Nachricht verbreitet,
daß in der nächsten Zeit alle Kunstgegenstände
im königlichen Privatbesitz, auch die ägyptischen
Sammlungen, zum Verkaufe gelangen sollen.
Die ägyptischen Sammlungen bestehen großen-
teils aus Geschenken die der König als Herzog
von Brabant bei seinen Reisen erhalten hat.
Ihre Hauptstücke sind von dem Heidelberger
Prof. Eisenlohr in den Mitteilungen der Lon-
doner historisdien Gesellschaft wissenschaftlich
beschrieben.

In der privaten Gemäldegalerie des Königs
befinden sich etwa 200 Bilder, worunter jedoch
nur wenige wirklich wertvolle Stücke. Vor-
handen sind noch: Rubens, „Le miracle de
St. Benoit“, das er vor 16 Jahren auf der Vente
Rance um 177000 fs. erstanden hat, sowie das
Bildnis des Bildhauers Duquesnoy von Van Dyk.
Bereits vor dem Ankauf des ersteren besaß der
König sdion eine vorzügliche Kopie desselben
von Delacroix, die er für 40 000fs. gekauft hat.
Für das Heiligenbild soll er jetzt 1 Million fs.
verlangen. Es schweben Verhandlungen mit
dem Museum, behufs Erwerbs dieses Rubens
und des Van Dyk, jedoch ist es zweifelhaft, ob
es gelingen wird, sie in Belgien zu behalten.

Weiterhin besitzt der König: Fra Ängelico,
Madonna (1,05:56), eine Landschaft von Patinir,
Rubens, zwei Löwen (für 8000 £ aus der Gallerie
des Herzogs von Bedford erworben), Rubens
Skizze zu einem verloren gegangenen Bilde
„Christus siegt über Tod und Sünde“ (ganz eigen-
händig), von neueren Meistern Delacroix „Marter
des hl. Sebastian“ (1873 auf der Vente Richard
für 31500 fs. gekauft), einen großen Leys,
„Die vier Jahreszeiten“ von Stevens, Brakeleer,
Wauters, Gallait u. a.

Die Nachricht, es seien auch die übrigen Ge-
mälde, alte wie moderne, darunter die Bild-
nisse der Mutter des Königs, der Königin Vic-
toria, sowie die Kunstgegenstände veräußert,
beruht bis jetzt auf Übertreibung. Vor drei
Monaten wurden von dem Pariser Experten
Georges Petit alle Kunstsachen taxiert und in-
ventarisiert und ein Katalog verschickt, u. a. nach
Amerika. Bei der kaufmännischen Geschick-
lichkeit des Königs darf angenommen werden,
daß die Preise, zu welchen er die bezeichneten
Bilder begeben hat, so hoch sind, daß sie einer
Steigerung kaum fähig sein dürften. F. M.

8

EINE NEUE KUNSTZEITSCHRIFT

Vom 1.Juli an beabsichtigt einLeipzigerVerlag,

G. F. Schacht & Co., eine weitere Zeitschrift
für Kunsthandel und Kunstsammlungen unter
dem eigenartigen Titel „Original und Repro-
duktion“ erscheinen zu lassen. Der Heraus-
geber, ein Herr Hans Loose, hat soeben ein
Rundschreiben abgesandt, in dem wir die nach-
folgenden Mitteilungen über das Programm des
neuen Unternehmens finden:

„Am 1. Juli d. Jahres soll unter dem Titel
„Original und Reproduktion“ eine Zeitschrift
gegründet werden, die — mehr nutzbringend
als unterhaltend — vorwiegend wertvolle kata-
logartige ikonographische oder bibliographische
Zusammenstellungen und eine systematische
Berichterstattung, möglichst entblößt von allem
stilistischen Beiwerk, auf internationaler Basis
anstrebt. Das Programm wird in seinen Haupt-
punkten folgendes beachten:

Beschreibung von Museen oder Galerien (mit
besonderer Berücksichtigung der Neuerwerbun-
gen) oder von Akademien, Vereinen usw.

Biographische Angaben über Kunsthistoriker
mit bibliographischem Verzeidinis ihrer literari-
schen Publikationen.

Lexikalische Behandlung der Künstler ein-
zelner Städte.

Katalogartige Zusammenstellung des Gesamt-
oeuvre je eines Malers oder Graphikers, der
bildlichen Darstellungen einzelner Städte, oder
noch nicht katalogisierter Kunstsammlungen.

Monatliche Kunstbibliographie einschließlich
der kunstwissenschaftlichen Universitäts-Disser-
tationen und der Bibliophilen-Ausgaben (inter-
national).

Zwanglose Monogrammisten-Verzeichnisse
neuerer Schule.

Listen der Erwerbungen der Galerien, der
 
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