Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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DOI Heft:
11. Heft
DOI Artikel:Zimmermann, Ernst: Rheinisches Steinzeug
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DEKCICEKONE
Halbmonats s chrjft
FURDIE-lNTERES S EN -DES
Kunstforschers & Sammlers
I. Jahrgang 11. Heft 1909
Rheinisches Steinzeug
Von Ernst Zimmermann
Man darf wohl sagen, zu den nützlichsten, ja geradezu notwendigsten Büchern,
die in letzter Zeit über irgend ein Gebiet des alten Kunsthandwerks geschrieben wor-
den sind, gehört das vor kurzem veröffentlichte, zweibändige und reich illustrierte Werk
über das rheinische Steinzeug, das von Falke, der ehemalige Direktor des Kölner,
jetziger des Berliner Kunstgewerbemuseums, herausgegeben hat. Das rheinische Stein-
zeug, d. h. jenes feste Tonerzeugnis, das nachweislich vom XV. Jahrhundert an bis in
unsere Zeit hinein an mehreren Stellen der Ufern des Rheins, vom Einfluß der Mosel
an bis über die jetzige deutsche Grenze hinaus, fabriziert worden ist, das heute hier
noch die Grundlage einer großen, ausgedehnten Industrie darstellt, kann ganz un-
zweifelhaft als eins unserer nationalsten keramischen Erzeugnisse betrachtet werden,
da es sich so gut wie firmier, ganz im Gegensatz zu den meisten anderen keramischen
Erzeugnissen Deutschlands und trotz der so nahen französischen Grenze von fremden
Einflüssen frei gehalten und sich hierbei auch eines Materials bedient hat, das eigent-
lich nur in Deutschland eine so ausgiebige Verwendung gefunden hat. Das rheinische
Steinzeug kann ferner, da es einerseits, wie fast jedes keramische Erzeugnis eine
Fabrikware, in großen Mengen hergestellt ward, andererseits um seines festen Materials
willen sich heute noch in großen Mengen erhalten hat, als eins der beliebtesten
Sammelobjekte unserer Zeit, und sei es auch nur zu rein dekorativen Zwecken, be-
trachtet werden. Das rheinische Steinzeug hat schließlich aber auch dank seines
nationalen oder, hier vielleicht besser gesagt, lokalen Charakters schon die Forschung
an sich gelenkt, zu einer Zeit, da sich um andere und oft noch viel umfangreichere
Gebiete des Kunsthandwerks die Wissenschaft noch gar nicht gekümmert hat. Dennoch
hat es wohl bis zum Erscheinen des vorliegenden Werkes kein Gebiet des deutschen
Kunsthandwerks gegeben, das so in bedenkliche Konfusion geraten, so voller Irrtümer
und Mißverständnisse gewesen ist, wie gerade dieses. Wer wirklich über die hier
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Halbmonats s chrjft
FURDIE-lNTERES S EN -DES
Kunstforschers & Sammlers
I. Jahrgang 11. Heft 1909
Rheinisches Steinzeug
Von Ernst Zimmermann
Man darf wohl sagen, zu den nützlichsten, ja geradezu notwendigsten Büchern,
die in letzter Zeit über irgend ein Gebiet des alten Kunsthandwerks geschrieben wor-
den sind, gehört das vor kurzem veröffentlichte, zweibändige und reich illustrierte Werk
über das rheinische Steinzeug, das von Falke, der ehemalige Direktor des Kölner,
jetziger des Berliner Kunstgewerbemuseums, herausgegeben hat. Das rheinische Stein-
zeug, d. h. jenes feste Tonerzeugnis, das nachweislich vom XV. Jahrhundert an bis in
unsere Zeit hinein an mehreren Stellen der Ufern des Rheins, vom Einfluß der Mosel
an bis über die jetzige deutsche Grenze hinaus, fabriziert worden ist, das heute hier
noch die Grundlage einer großen, ausgedehnten Industrie darstellt, kann ganz un-
zweifelhaft als eins unserer nationalsten keramischen Erzeugnisse betrachtet werden,
da es sich so gut wie firmier, ganz im Gegensatz zu den meisten anderen keramischen
Erzeugnissen Deutschlands und trotz der so nahen französischen Grenze von fremden
Einflüssen frei gehalten und sich hierbei auch eines Materials bedient hat, das eigent-
lich nur in Deutschland eine so ausgiebige Verwendung gefunden hat. Das rheinische
Steinzeug kann ferner, da es einerseits, wie fast jedes keramische Erzeugnis eine
Fabrikware, in großen Mengen hergestellt ward, andererseits um seines festen Materials
willen sich heute noch in großen Mengen erhalten hat, als eins der beliebtesten
Sammelobjekte unserer Zeit, und sei es auch nur zu rein dekorativen Zwecken, be-
trachtet werden. Das rheinische Steinzeug hat schließlich aber auch dank seines
nationalen oder, hier vielleicht besser gesagt, lokalen Charakters schon die Forschung
an sich gelenkt, zu einer Zeit, da sich um andere und oft noch viel umfangreichere
Gebiete des Kunsthandwerks die Wissenschaft noch gar nicht gekümmert hat. Dennoch
hat es wohl bis zum Erscheinen des vorliegenden Werkes kein Gebiet des deutschen
Kunsthandwerks gegeben, das so in bedenkliche Konfusion geraten, so voller Irrtümer
und Mißverständnisse gewesen ist, wie gerade dieses. Wer wirklich über die hier
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