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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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23. Heft
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Roch, Wolfgang: Hubertusburger Steingut
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0761

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Hubertusburger Steingut

733

Äbb. 1. Bes.: Kgl. Kunstgewerbemuseum, Frhr. v. Mansberg-Dresden

Heinrich Graf von Lindenau war, der jenen nur vorgeschoben hatte. Lindenau er-
klärte, daß er den Töpfer habe entlassen müssen und bittet um Übertragung der
Tännichschen Konzession auf ihn, da er die Fabrik nun unter eignem Namen weiter-
führen wolle. Aus demselben Schreiben erhalten wir Kenntnis von dem Haupthindernis,
mit dem Hubertusburg stets zu kämpfen hatte. Lindenau bittet nämlich, „jegliche Ein-
schränkung der Fabrikation“ zu unterlassen, da ja die Fayence doch niemals an das
Porzellan heranreichen und somit der Meißener Manufaktur keine Konkurrenz machen
könne. In der Tat hat Meißen jederzeit alles getan, um die Erfolge der Hubertus-
burger Anstalt zu vereiteln. So verwandte sich Marcolini dafür, daß Lindenau nur
unter den bisherigen Beschränkungen (auf ganz gewöhnliche Gebrauchsware) weiter
arbeiten dürfe, wenn anders nicht die Meißener Manufaktur geschädigt werden sollte.
Aus einem Zusatz1) geht hervor, daß es damals (6.4. 1775) Hubertusburger „Nach-
ahmungen“ Meißener Modelle gab, wie denn überhaupt Marcolini der Meinung Aus-
druck verlieh, daß die Nähe Meißens der Qualität der Hubertusburger Erzeugnisse
zugute käme.

So bekam Lindenau nur die alte beschränkte Konzession und auch ein
weiterer Versuch, die Erlaubnis zur Anfertigung „englischen“ Steinguts zu erhalten,
scheiterte am Widerspruch Marcolinis und seiner Beamten. Damit war nun aber die
Geduld des Hubertusburger Fabrikherrn erschöpft und er legte sein Unternehmen „dem
Kurfürsten zu Füßen“. Er bat sich dafür nur ein Porzellanservice „zu einem gnädig-
sten Andenken“ und eine Pension für einen Bruder aus.

Der Kürfürst nahm das Anerbieten an. Die Übernahme der Fabrik (9. 3. 1776)
geschah aber auf Marcolinis Rat aus praktischen Gründen unter dessen Namen, und
so wurde sie bis 1814 weitergeführt.

Wenn Graf Marcolini vorher gegen die Fabrikation „englischen“ Steinguts,
d. h. gegen die Nachahmung der Wedgwoodware gewesen war, so hatte dies seinen
Grund nicht etwa in rechtlichen Bedenken, sondern lediglich in der Furcht vor Kon-

y Ä. a. O., S. 7/8.
 
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