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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0031

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Heft 1

Sammlungen

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schenkt wurde. Im Obergeschoß werden Im
Anschluß an die Rokokoräume des Museums
zwei interessante Zimmer des XVIII. und be-
ginnenden XIX. Jahrhunderts eingerichtet werden.

Und zwar beide, soweit die Gesamtwirkung
der Räume in Frage kommt, aus Beständen der
Kölner Freiherrlichen Familie Geyer von Schwep-
penburg.

In dem einen Raume, einem größeren Saale,
werden gewirkte Wandteppiche des XVIII. Jahr-
hunderts die Wandbekleidung bilden, während
in dem daran anschließenden Raume die Wand-
bekleidung aus einem Kölner Empirezimmer der-
selben Familie stammt. Auf den Wandflächen
dieses Zimmers sind eine Änzahl Landsdiaften
von dem Kölner Maler Manskirsch. Seltene
Rheinlandschaften mit Ausblicken und von
einem Standpunkte, wie sie sich weder in den
damaligen Kupferstichen noch in der Malerei
häufig finden.

Den umfangreichsten Raum beansprucht die
Sammlung Schnütgen. Und zugleich die größte
Bedeutung. Diese Sammlung ist keineswegs
lediglich auf Werke des nationalen oder lokalen
Kunstbetriebes gestellt. Wie sie entstanden —
zum Teil als Ergebnis des Sammelfleißes auf
größeren Reisen, zum Teil durch den inter-
nationalen Kunsthandel — trägt sie in ihrer
Art einen kosmopolitischen Charakter, bei dem
allerdings doch ein Hauptakzent auf der mittel-
alterlichen Kunst Rheinlands und Westfalens
liegt. Außer den bedeutendsten Stücken rheini-
scher Skulptur und Malerei birgt sie eine Fülle
von Kirchengerät, das vorwiegend mit der Ten-
denz zusammengetragen ist, die einzelnen Stücke
sich zu einer geschlossenen Entwicklungskette
zusammenschließen zu lassen. Da nun gleich-
zeitig die Kunstwerke verschiedenster Länder in
der Sammlung vereinigt sind, erweist sie sich
zum vergleichenden Studium der formalen Ent-
wicklung ebenso geeignet wie zur Beobachtung
der Wirkung verschiedenartiger Einflüsse ver-
schiedener Kunstzentren.

Die ganze Anlage des Erweiterungsbaues
verdankt dem Zweck, diese Sammlung aufzu-
nehmen, ihre charakteristische Gestaltung. Die
geräumigen Säle des Erdgeschosses sind vor-
wiegend für die Werke der Malerei und Plastik
bestimmt. Soweit es möglidi war, sind dabei
Reste altkölnischer Bauten verwertet worden.
So hat der Raum, der als Kapelle mit Sa-
kristei gestaltet wird, seine Decke, ein gotisches
Sterngewölbe aus dem Gompertzschen Hause
in der Schildergasse gewonnen. Und an der
Außenseite des Saales wird die schöne Galerie
des „Hessenhofes“ eingebaut werden, während
die Sakristei der gotische Erker des ehemaligen

Priestersdien Hauses am Heumarkt mitsamt
seinen Glasgemälden aus dem XV. Jahrhundert
schmücken wird.

Eine andere Einrichtung, die audi mit diesem
Erweiterungsbau zusammenhängt, mag für das
kunstwissenschaftliche Leben der Stadt Köln
von ähnlicher Bedeutung sein. In Zusammen-
hang mit den Räumen der Bibliothek und des
Lesezimmers wird für alle die, die sich mit
mittelalterlicher Kunst vertraut machen wollen
und vor allem für Gelehrte, die ihren Studien
nachgehen, ein Institut ins Leben gerufen, in
dern jedem das Material der wissenschaftlichen
Arbeit zur Verfügung stehen soll: Abbildungen
von Miniaturen undElfenbeinarbeiten, vonWerken
der Skulptur und Malerei, von der monumen-
talen Kunst ebenso wie von der Kleinkunst.
Für die Einrichtung, für das Äbbildungsmaterial
liegen bedeutende Mittel schon bereit.

G. E. Lüthgen.

S

ZUR FRÄGE DER NEUORDNUNG DER
DRESDNER KUNSTSAMMLUNGEN

In Nr. 7/8 des vorigen Jahrgangs der „Mo-
natshefte“ war von den Bestrebungen die Rede,
die sich in Dresden zugunsten einer Neu-
ordnung der Königlichen Sammlungen
geltend machen. Wie anderwärts, so stehen
sich hierbei auch in der sächsischen Residenz
zwei Anschauungen gegenüber; die eine will
die in den meisten deutschen Museen vor-
handene Scheidung von hoher Kunst und
Kunsthandwerk beseitigt und eine möglichst
innig gestaltete Verbindung von Kunst und
Kunstgewerbe herbeigeführt wissen, die andere
steht auf dem entgegengesetzten Standpunkt
und begründet diesen, indem sie sagt, Kunst-
werke seien in Museen erst dann zur richtigen
Geltung zu bringen, wenn man die Werke der
großen Kunst von denen des Kunsthandwerks
trenne. Für die Verbindung von Kunst und
Kunsthandwerk in Museen tritt u. a. der Vor-
tragende Rat in der Generaldirektion der Kgl.
Sächsischen Sammlungen Dr. Woldemar von
Seidlitz in Dresden ein1); gegen sie ausge-
sprochen hat sich u. a. neuerdings der General-
direktor der Kgl. Preußischen Museen Dr. Wil-
helm Bode.2)

Wie die Art des Sammelns und die Ordnung
der Kunstgegenstände, so werden auch die
Organisation der Sammlungen und die Ver-

Ü Vgl. die Schrift „Kunstmuseen“ (Verlag von E. Ä.
Seemann in Leipzig).

'-) Vgl. den Aufsatz „Der Kampf gegen die Kunst-
museen“ in der „Woche", Heft 36, Jahrgang 1908.

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