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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Eisler, Max: Die Handzeichnungen von Salomon Kleiner
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0499

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Die f)andzeid)nungen von Salomon Kleiner

Mit acht Abbildungen auf vier Tafeln Von MAX EISLER


Die Kliener Nationalbibliothek befi^t eine Serie von 181 lavierten Federzeichnungen,
welche [id> infolge ihrer Aufbewahrung in der camera praefecti bis auf den
heutigen üag wunderbar rein und frifd) erhalten haben. Sie [tammen von Sa-
lomon Kleiner (geb. 1700 oder 1703 in Augsburg, geft. 1761 in Klien), bringen die
Straßen, Pläfee und hervorragenden Bauwerke des barocken Klien [amt den zeitge-
mäßen Lebensbildern zur Dar[tellung und [ind die wicßtig[te Quelle für den Freiraum
der Stadt in der Epoche [einer höchften Blüte. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen
hat der Augsburger Verleger Johann Andreas Pfeffel durch vermiedene Augsburg-
Nürnberger Stecher in die Klerke „Klahrhaffte und genaue Abbildung Aller Kirchen
und Clö[ter, (Oelche [owohl in der Keyferl: Refidenz - Statt Klien, als auch m
denen umliegenden Vor[tätten [ich befinden“ und in „Viererley Vorfteliungen ange-
nehm- und zierlicher Grundriße folgender Luftgärten“ (1724—1737) aufnehmen laffen
und fie find — bis auf wenige — nur in diefen Interpretationen bekannt geworden.
Die originale Art des Kleinmeifters, die von elf gefärbten Menagerieblättern in der
Albertina [owie von einigen Profpekten im Mufeum der Stadt Klien und im Befitj des
Grafen Otto Fjarrach ergänzt wird, blieb bisher ungewürdigt.
Salomon Kleiner verfügt — das Blatt mit dem Stefansdom vom Jahre 1721, die
ßgnierte Arbeit eines etwa 3wanzigjährigen beweift es — über eine früh fertige Band.
Ihre Jugend ift hier noch unverkennbar. Die flaue, zögernde Lavierung bleibt noch
gefeffelt von der im Detail befangenen Feder, welche die Kirche, namentlich aber den
Curm nicht als Monumentalbau, [ondern vielmehr als eine kundhandwerkliche Koftbar-
keit aufnimmt. Auch die unentfchloffene und mangelhafte Perfpektive, die flache Auf-
rollung und Freilegung des gotifchen Objekts und [eine bis zur Spitje anhaltende Durch-
fichtigkeit, die kein Eingriff der Atmofphäre mildert, das alles läßt den frühen Verfuch
erkennen. Dazu kommt noch die Staffage aus der Spielfchachtel der Nürnberger Sinn-
figuren.
Doch es fehlen fchon \)ier nicht die Anzeichen der künftigen, nur wenig veränder-
lichen Art des Kleinmeifters. Den Augsburger Jüngling ergreift kein maßlofes Erftaunen
im Anblick des hochgetürmten Klahrzeichens von Klien, es erfdjeint ihm nur reich und
gefällig und wird [o, faft liebkofend, von ihm behandelt. Er ift und bleibt ein Kunft-
handwerker. Klohl unterfertigt er [ich — mit zierhafter Schönfchrift — beharrlich
als Architekt, aber [eine vibrierende Feder hat nicht die baumeifterliche Strenge eines
Jofeph Emanuel Fi[d)er, [ie fchildert, fie belebt. Auch im Baulichen zeigt er [ich
fchon jeßt als ein Genremaler, ünd wiewohl er fchon jefet [ein Klerk mit der Ver-
ficherung „ad vivum delineavit“ begleitet, ift er nicht Realift, [ondern Interpret. Die
unterfchiedlichften Sehenswürdigkeiten von Klien kommen in [einer Optik aufs Gleiche.
Damit entfteht die — für unfer 3iel kardinale — Frage nach der Art diefer Verwand-
lungen. Sind [ie barock, alfo zeitgemäß?
Von dem Naturell Kleiners, der kein Cemperament, [ondern nur ein beftändiger bür-
gerlicher Charakter gewefen ift, [ind in dem Menfcijenalter [einer Kliener Tätigkeit
umftürzende Entwicklungen nicht zu erwarten. Auch in dem neuen, großartigen und
energievollen Geficßtskreis wird er nicht frei von den mannigfachen Befchränkungen
der Augsburger Fjerkunft un^ Betriebsweife. Das Antiquarifche gilt ihm nicht anders
als das Aktuelle — ein guter Keil der barocken Neubauten, darunter ein [o promi-
nenter wie das Palais Liechtenftein auf der Roßau — erfcßeint erft 1737, im vierten
Bande der Kliener Abbildungen. Knd auch [einem zunehmenden Intereffe an Garten-
veduten, das als allmähliche Einwirkung des eben jet^t um fid) greifenden Kliener
Der Cicerone, XVI. Jaljrg., Ijeft 11

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