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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Taut, Bruno: Die neue Wohnung / Die Frau als Schöpferin
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0671

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Die neue Wohnung / Die Frau als Schöpferin
Mit vierzehn Abbildungen auf sieben Tafeln und einer Abbildung im Text Von BRUNO TAUT

Unter dem vorstehenden Titel ist im Verlage Klinkhardt & Biermann in Leipzig
eine Schrift mit 65 Abbildungen erschienen, in welcher der Verfasser haupt-
sächlich die Frauen zur Mitarbeit an der Schaffung der neuen Wohnung auf-
ruft, indem er ihnen in eindringlicher Form und populärer Darstellung der
verschiedenen Fragen die Möglichkeit schöpferischer Arbeit vor Augen führt.
Es ift nid)t einfach, dem Wunfche des Herausgebers nach einer kurzen Darftellung
des in einem kleinen Buche behandelten Chemas Rechnung zu tragen. Die Frage
1 der neuen Wohnung hängt im Grunde mit [amtlichen Lebensfragen des Menfchen
zufammen, ift alfo keineswegs nur äfthetifcher oder praktifcher, wirtfchaftlicher oder
erzieherifcher und anderer Ärt, [ondern alles diefes zugleich, [o daß die eine Seite immer
von der anderen beeinflußt wird und abhängt.
Es verhält [ich wie bei einer Kugel, deren „Seiten“ troß verfchiedener Oberflächen-
bildung ineinandergehen und deren Körperlichkeit, alfo ihre Eigenfdjaft als Kugel erft
bei der Umdrehung einleuchtet. Gewiß kann man bei der Betrachtung einer Seite der-
[elben wohl auch auf ihre Kugelgeftalt fd)ließen, doch muß man fcßon hier und da
den Blick auf die weitere Wölbung werfen, um den Eindruck eines Ganzen zu erhalten.
Es [oll alfo h'er verfud)t werden, die äfthetifdje Seite der Sache unter gelegentlichen
Seitenblicken auf die zufammenhängenden anderen Momente wenigftens andeutungs-
weife darzuftellen. Bei dem erften Blick auf das Problem der Wohnung fcheint es,
daß das wirtfchaftliche Element weitaus überwiegt. Der allergrößte Ceil aller Woh-
nungen zeigt bis auf einen verfdhwindend kleinen üeil eine geradezu finnlofe Belaftung
der Hausarbeit, die in der falfchen Anlage der Wohnung und ihrer Einrichtung ihren
Urfprung hat. Es gibt eine [ehr weitgehende Bewegung zur Verbefferung diefer 3u-
ftände; am konfequenteften dürfte fie in Amerika vertreten fein, wo die Hauswiffen-
[d)aft (home management) fyftematifch gepflegt wird. Abbildung 1 gibt einen Einblick
in die Begebungen beifpielsweife zur Erfparnis unnötiger Gänge bei der Küchenarbeit.
Auch bei uns haben diefe Beftrebungen in Frauenkreifen, befonders in der Erziehung
zur Haushaltführung, Boden gefaßt. Sie werden erweitert und vertieft durch die Be-
mühungen mancher Architekten, welche einen Nachdruck erhalten in der Hoffnung, daß
dann die gutgebaute Wohnung auch richtig bewohnt wird. Es kann hier nicht auf
alle Einzelheiten in Küche, Bad, Klofett, Schlaf- und Wohnzimmer eingegangen werden,
fo intereffant es ift. Es mag nur auf ein wichtiges Refultat hiugewiefen werden, das
ich ebenfalls in dem Buche näher belegt habe. Eine mit Wandfehränken u. dgl. gut
ausgeftattete Wohnung ift nicht bloß beffer zu bewirtfehaften, fpart nicht nur den
Frauen Arbeit und befeitigt eine Menge von Mißhelligkeiten, Kränklichkeiten u. dgl.,


Chriftine Frederick. Ganglinien in der Küche bei falfcßer (links)
und richtiger Einrichtung (rechts).
 
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