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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0050

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räthe habe sogar die Zuverstcht, daß jeder
Schritt den gewünschtt» Erfolg haben werde,
Worte geliehen. „Nun, wir wünschen auch",
fährt das genannte Blatt fort, „daß biese Er-
wartung sich erfüllen möge, aber zu glauben
vermögen wir Paran noch nicht, seitdem wir
crfahren habcn, daß unscr neuerlicher Artikel,
welcher auf daSselbe hinauslief, was nun der
Gemeinderath will, zum Gegenstand einer
strafgerichtlichen Berfolgung gemacht wird.
Die Staalsbehörde erblickt darin eiu Vorgehen
der Auswiegelung und wir sehen der gericht-
lichen Untersuchung mit einer Ruhe cntgegen,
wie noch selten, ba der ineriininirte Artikel
gewissermaßen vom Gemciuderath Wiens zum
Beiwluß erhoben warb."

Wien» 10. Jan. Es liegt nun auch in
der Correspondenz Stcrn eine Bersion über
die vertrauliche» Eröffnungen deS Berliner an
das Wicner Cabinet vor. Die Unterrebung
zwische» Bismarck und dem Grafen Karolyi
sand hiernach am 4. Dec. statt und dauerte
länger als zwei Stunden. Als Einleikung
und ehe Herr v. Bismarck auf die Materic
selbst einging, beklagte er sich bei dcm Gra«
fen Karvlpi über bie feindselig« Haltung der
inspirirten österreichischen Preffe Preußen ge»
genüber, worauf der Graf antwvrtete, daß die
österreichischc Regierung nicht verantwortlich
gemacht werden könne für die Aeußerungen
der österreichischen Preßorgane. Herr v. Bis-
marck ging nunmehr aus den eigentlichen Gc-
genstand über. Die fortdauernde Feindselig«
keit der Würzburger Regierungen und Oester«
reichs am Bunde Preiißen gegenüber sei nicht
mehr länger zu ertragen, und wenn dieser
Zustand, der fo wenig den gegebenen Machl»
verhaltiiiffcn entspreche, nicht aufhörc, so werde
Preußen sich genölhigt sehen, Bande zu löse»,
die bisher seiner Entwicklung Feffeln angelegt
und. sciner Machlstellung in Europa mehr gc-
schadet alS genützt haben. Oesterreich möge
daher überlegen, ob es nicht beffer sei, andere
Wege zu belreten oder vielmehr zu den Met-
ternich'schen Ansichten zurückzukehren. Hr. v.
BiSmaick präcisirte nunmehr seine Forderungcn
in Beireff NorddeutschlanbS, des Oberbefehls
über das neunte unb zehnlc Armcecorps, der
Leitung der inneren Angelcgenheiten Deutsch-
lanbs, immer wieder auf MeiternichS Politik
zurückweisend, zu deffen Zeiten der Zollverein
ins Leben gerufen werden konnte. Oesterreich
soüte sich ganz seinen auswärtigen Angelegen-
heiten hingeben, den Schwerpunkt seiner Po»
litik in Ungarn suchen (!!). -Ginge Oester.
reich auf diese Vorschläge cin, so werbe Preu-
ßen Oesterreichs Politik in Ztalieu unterstützen;
weise aber das Wiener Cabinet die Verstän-
digung auf dem angegebenen Wege zurück, so
werde Preußcn seine Rechte revindiciren, und
käme es zum Abbruch der diplomatischen Be-
ziehungen, sv würden Hannover und Kurheffen
svfvrt militärisch occupirt werden. Gleichzei»
tig — vb gerabe am 4. Dec. bas wiffen wir
nicht — hatte der preußische Gesandte in
Wien mit dem Grafen Rechberg eine Bespre-
chung, in welcher dieser Gejandte dieselben
Ansichlen entwickelte wie Herr v. BiSmarck, I

Gegenwart vor andern Menschenkindern ausgezeich-
net haben svllte, als daß eine stechende Wcspe,
welche Sie zusällig auf seinen Nacken gcschlcndert
habcn, ihn gestochen hat. Dies findc ich schr na-
türlich."

„Scien Sie nicht vorschneü, junger Mann", ent-
gegncte mir ernst mein Meistcr. „Ste wissen, ich
bin kein Kind und spiele nicht mit dem Wohle unb
Wche meincr Mitmenschcn, namentlich «enn fie
Rathöherren find und selbst cin Stück Obrigkeit
repräsentiren, also bercchtigt sind, mich in gewisser
Bcziehung Lollege zu nenncn. Jch sagc Zhnen,
der Rathsherr ist ver Mördcr, denn scin Opfcr
hat ihm im Tode scin Petschaft unauSlöschlich auf-
geprägt. Als ich die Wcspe von der HalSbinde
dcs Rathsherrn heradnahm, bemcrktc ich zu met-
nem Erstaunen hinter seincm rechten Ohr den halb-
mondförmigcn Eindruck eincS menschlichrn Nagels,
welcher sich als cinc fcine röthlichc Linie auszeich-
nete. Es tst eine merkwürdige Erfahrung, welche
ich oft gemacht habe, daß bei cinem Morde das
Opfcr scinem Mördcr in der TodeSangst nach dem
Kopfe packt und ihm die Spuren seincr Nägil ein-
gräbt. 'Unter zehn Mordern, welche mit ihrem

ohne irgend ei'n Schriftstück vorzulesen, von
deur Herr v. Rechberg Abschrift hätke fordern
können. Der Graf Rechberg sah diese AuS-
einandersitzuiig für eine Mittheilung ssos voo-
söcfuenoes an; würden ihm aber die Ansich-
ten schriftlich tvrmulirt, so werde er dieselben
in Erwägung zu ziehen haben. Sofort schon
könne er aber sagen, daß nach seincr innigsten
Ueberzeugnng Oesterreich in feder Beziehung
eine deutschen Zntereffen sehr förderliche Po-
litik treibe und die jetzige Richtung nicht auf-
gegeben werden dürfte.

Oesterretchische Monarjchte

Großes Aufsehen macht in Benedig die
Verhaftung eines Piemontesen, wclcher flch
unter dem Namen eines Grafen Fcrretti da»
selbst herumtrieb und für eincn nahen Ver-
wandten des PapsteS ausgab. Derselbe soü
die gräulichsten Verbrechen, wie z. B. nebst
andcren Mordthaten auch einen Batermord,
verübt haben und auch einer der Hauptschul,-
digen bei dem bekanntcn Parodi - Raube ge»
wesen sein.

Krankretch.

Paris» 13. Jan. Zn der Militärschule
von St. Cpr ist das TpphuSfieber so bösar-
tig auSgebrochen, daß die Schule geschloffen
und die ctlichen 300 Zöglinge zu ihren Fami-
lien entlaffen wurden; 45 ware» bereits er-
krankt, 3 gcstorben.

Paris, 13. Zanuar. Heute fand die crste
Sitzung bes gesetzgkbcnden Körpers statl. Her-
zog Mornp eiöffnete diejelbe alS Präsident.
Er sagte u. A.: „Sie werden während dieser
Session nicht aus den Augen laffen, daß Zhre
Hallung und Jhre Sprache einen beträchtli-
chen Einfluß auf die Stimmung und den Gcift
der Wähler ausüben weeden. (Zustimmung!)
Sic habcn währeud der sünf letztcn Zahre die
Regierung unterstützt, wie eine vernünflige
pvlitische Körperschast dics thun soll; Sie
haben ihr einen crgebenen Beistand, ohne
Schwäche, geleistet. Wer die Gesetze aufzäh-
len wird, dic, ohne Krisis und Erschüttcrung,
modificirt oder durch Zhren lopalen Einfluß
zurückgezogcn worden find, wird zugeben müs-
sen, daß Zhre Rolle um so wirksamcr und
nützlicher, als sie versöhnlich unb gemäßigk
war (schr gut!), und daß dieser Ausrausch
von Vertrauen nnd Zugeständniffen zwischen
dem Souverän und Zhnen, den beiden Ge-
walten zur Ehre und zum Ruhm, den gro-
ßen Jnteressen des Landes zum Vortheil
gereicht. Hvffen wir auch, daß bas Land,
in seinem vollständigen Sinn, bie Situation
verlängern wird, welche aus der Constitutivn,
eben weil ste vcrvoükommnungsfähig ist, ein
unangreifbares Werk macht, unb durch Bc-
günstigung einer stufenweisen Entwicklung der
Freiheit in unvergänglicher Weise die Grund-
lagen der kaiserlichen Dpnastie legt." (Anhal-
tender Beifaü!)

Z ta iten

Turin, 13. Jan. Ein königl. Decret be-
l rust bas Parlament auf den 28. Zan. ein.

Ovfcr gerungcn, «cttc ich, würden sechs dteseS KainS-
zeichcn an fich tragen und es ist cine «underbare
Fügung, daß, so unmcrklich dicse Eindrücke auch
scin mögen, zuwcilcn Wochen dazu gehörcn, ehe
dieselbcn vvllig heilen odcr vcrschwindcn. Jch kann
je nach dem die halbmondförmigc Linie mehr odcr
«enigcr gckrümmt ist, förmlich beurthcilen, ob dcr
Ermordete cin Mann, ein Wcib odcr ein Kind
war. Zch habe schon Mördcr unter den Kingern
gchabt, welchc mehr als zehn solchcr Eindrücke wäh-
rend des Todeskampfes ihrcr Opfcr cmpfangen
hattcn. Bei dcm rothen Rathshcrrn ist das Kains-
zcichcn fast geradlintg geftaltet, cr hat also mit einem
großen erwachfcncil Mannc gerungen."

„Jch «erdc jctzt cinigc protokollarischc Vernch-
mungen rein formellcr Natur mtt Hilfc dcs Stadt-
schreibcrS übcr das Vcrschwindcn des Ermvrdetcn
bewirken. Gehen Sic untcrdessen in die Stadt,
besuchcri Sie dtc Wirthshäuser, sorschcn Sie uner-
kannt nach dem Eharacter des rothcn RathSherrn,
nach der Lage sciner Wohnung, nach seinen Be-
ziehungcn zu dem Verstorbcnen, nach seincn Ver-
iiiögcnsvcrhältriissen u. s. «., damtt wir zunächst
das Motiv entdecken, aus «elchem das Perbrechen

Turin» 13. Zan. „Stampa" bktrachtet
die Thronrede alS die Grabrede des gesetzge-
benden Körpers und glaubt, der Kaiser werde
gegen die neuen Deputirten eine verschiedene
Sprache führen. — Das Dampfboot „Isere"
ist bei Gaeka zu Gruilde gegangen. — Zn
Neapel circulirt einc Bittschrift, daß diese
Stadt zur Rcsidenz erkoren werden inöze.

SPan ien

Madrid, 13. Zan. Jn der Abgeordne«
tenkammer dauert die Debatte über bie meri-
kanische Angelkgcnhcit fort. Jn der heutigen
Sitzung sprach RioS NosaS gegen die Politik
der Regierung. AuS guter Queüe erfährt
lnan, daß der Minister des Auswärtigen, Cal-
deron Collantes, zum Rücktritt entschlvffen sei.

Türket

Konstantinopel, 12. Jan. Nachrichtcn

aus Tehcran vom 11. Decbr. widerlegen die
Nachricht von der Einnahme Herats durch
Dost Mohammeb; beim Abgang der letzten
Briefe leistete die Stadt noch immer Wider-
stand.

A s i e n.

Alexandria, 13. Zan. Der Vicekönig
hat Fraukreich 500 Negersoldaten gcstellt. Die-
selben haben sich auf einem französ. KriegS-
schiff eingeschifft und sind nach Meriko be-
stimmt.

Amerika

New Nvrk, 3. Zan., Abds. Die Schlacht
bei Mnrfrecsboro (Tenneffec) hat flch er-
neuert, nachdem beidc kämpfende Theile be-
trächtliche Verstärkungcn an sich gezogcn hatteu.

Skeueste Rachrichten

Berlin, 14. Zan. Der Lanbtag wurde
heule durch den Ministerpräfldenten Hrn. v.
Bismarck mit folgender Rcbe eröffnck: Die
Regierung begrüßt den Landtag mir bem leb-
haften Wunsche, daß es geling,en möge, über
dce in vorigem Zahre ungelöst gebliebenen
Fragen eiiie bauernde Verständigung herbeizu-
führen. DieseS Ziel werde erreicht, wenn in
der Auffaffung dcr Stellung dcr Lanbesvertre-
tung unfere Verfaffung als gegebene Grund-
lage festgehalten und die geseßgebeiiben Ge-
walten unter gegenseitiger Achtung ihrer ver-
faffungsmäßigen Rechte in Förderung der Macht
unb Wohlfahrt des Vaterlanbes gemeinsame
Aufgabe finben. Die Finanzlagc darf als
burchaus befriedigend bczeichnel werden; die
Sraatseiiinahmen des Vorjahres haben bei den
meisten Verwaltungszweigen ben Voranschlag
ansehnlich überfli'kgen, und werden die Mittel
darbieten, bie Staatsausgaben bes Vorjahres,
einschließlich aller außervrdentlicheii Bcdürf-
niffe, zu deckeu. DaS im Entwurfe dcs Staars-
hauShaltsekats für 1862 »eranschlagte De«
ficit wird daher nicht eintrcten. Zn Erman-
gelung cines gesetzlich festgeseßten Staatshaus-
haltsetats für 1863 hat vie Regierung in, er-
höhtem Maße ihr Augenmerk darauf gerichtet.

»erübt ist. Kennen wir erst das Motiv, so werden
wir auch die Keweise leichter crmittcln."

Nach cinigcn Stunden kchrte ich zurück, aber
ohne erheblichc Rcsultatt. Allcrdings schildcrtc
man dcn rothköpfigcn RathSherrn an cintgcn Stcl-
len als cinen frommen Heuchler und legtc ihm eincn
Lharactcr untcr, dcm »lles Möglich zuzutrauen set,
«Lhrcnd ihn Andcrc als cin Mustcr vvn Mildthä-
tigkeit und Bürgcrtugcnd hinstclltcn. Beslimmtc
Thatsachen lirßcn sich »bcr nicht gcge» ihn anbrin-
gcn. Dic unverschuldetc Farbc sciner Haarc schien
dcn hauptsächlichsten Vorwurf gcgen ihn zu bildc».
Er war mit dcm Vcrstorbcncn schr befreundct ge-
wesen, nnd solltc in den nächste» Tagen in eine
sast verwandtschaftlichc Beziehung zu ihm treten,
tndem er dcr Vormund und Pstcgevatcr dcs jun-
gcn MädchcnS war, «elchcs im Bcgriff stand, fich
mit dcm Sohne des TrauerhauseS zu »erloben.

(Fortsctzung solgt.)

DaS Stcgcner Zntelltgcnzblatt enthält fvlgende
Bckanntmachung des Bcigeordncten Kaz zu Hil-
chenbach: „Das Tabakrauchen bcim Kirchengange
rst als unschicklich, bei jeder Witterung aus vcn hie-
figen Straßcn vcrboten, und zwar bei Strafe von
2ti Sgr. Straßenordnung §. 63."
 
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