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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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Proceß von Neuem aufgefrlschten Erinnerun-
gen wird die LandeSontrctniig hoffentlich sich
gedrungen fühlen, noch cinmal anulich auf die
Sache zurückzukommen und dieses Mal dic
Marineverwaltung nicht so mit cinigen unbe»
deuteaden Wcndungen durchzulaffen. (K. Z.)

Am Moniag Abend fanv in ber Universität
eine von üder 500 Studirenden besuchte Bcr-
sammlung stalt, um über die Feier des 3. Fe«
bruar, relp. vcs 17. Marz zu beschließen. Nach
einer sehr stürmischen Dedatte wurde der über
die Vor,rage, ob uberhaupk ein Fest zu feiern
sei, gesteUte Aittrag burch Majorität abgclehat.
Dcr Anirag lautete wörklich: „Jn Erwägung,
daß die jehige politische Lage eine würbige
Feier des Feltcs unmöglich macht, erklärt bie
Sludcnlknversammlung, von der Fcier der Ge«
deuktage bes Zahres 1813 vorläufig abstehcn
zu wvllen." Der größere Theil der Minorilät
verließ i» Folge beffen vaS Aubilorium. Es
ging daraus ber Antrag, das Fest in einer
nicht polikisch vemonstrativen Weise (!!) zu
feiern, burch, und das Arrangemciit des ganzen
FesteS wurde einem auS 13 Personen bestehcn«
den Comite üderlaffen. (Boff. Z.)

Berlin, 22. Jan. Jn der heutigen Sihung
des Adgevrdiieieiihauses verkünbet der Präsi«
denl die Einbrtngung von zwei Adreßan«
trägen. Ein Anirag des Abgevrdneten von
Birchow, Earlowitz und Gcnoffen (im
Ganzen 202 Milgliedern) laiiletr „Allerburch«
lauchtigsler ic. 1) Ew. königlichc Majestät
hadeu vie deiden Häuser beS Landtags der
Monarchie wiedcrum einberusen. Das Haus
der Adgeorbiicken ist biesem Ruse gesvlgt,
durchbrungen von dem erusten Willcn, die un-
verdruchliche Treue gegen bic Krone, die ge-
wiffenhasteste Sorge sür die Aufrechthaltung
der Bersaffung vvn Neuem zu bekhätige». Es
verhehlt sich nicht, baß es seine Arbeilen un-
ler düstern Borzeichkll brginnt. Ader gerabc
deshald sühlt eS um so inehr die Psiicht, Ew.
Majestät die Lage des LandeS eben so offen
wie chrsurchlsvvll darzulegen. 2) Die letzte
Seffion wurde geschloffen, devor jür das Jahr
1802 das von der Berjaffung vorgeschriebene
EtaiSgesctz sestgestellt worden war. Der Etats-
entwurs sur das Zahr 1863, welcher vor Ab-
laus bes vorige» Zahres hätte vereinbart
werben sollen, war zurückgezogen wvrbcn.
Die Auffordcrung an die Regierung Ew. Ma-
jestar, diese» Elat nvch rechtzeitig wiedcr vor-
zulegen, war ohne Ersolg gebliebcn. 3) Seit-
bem haben bie von Ew. Majestät beruseneu
Mllilster versaffungswibrig die Berwallung
»hne gesetzlichen Elai fortgeführt, und sogar,
enigegcn einer bkstimmikll Erklarung dcs Hau-
ses ber Adgeordneten, solche Ausgaben versügt,
welche durch Beschlüffe des Hauses desiiiiriv
unb austrucklich abgelehnt warcn. 4) Das
vberste Recht ver Bolksvertretung, das der
AuSgabebewilligung, war damit angegrifsen —
ein Recht, welches bie Grundlage bcs consti-
tulioiiellen Staatslebens überhaupt ist, welches
daher auch alle bestehenden coiistllulioneUkii
Bersaffungen gewährlkisten, unb welches bis-
her, unier steier Anerkennung durch dic Staats-
regierung selbst, von ber preußischen Volks- s

die allermindeste Notiz, vbschon eincr von uns zu
verschiebcncn Malen seine erlangten englischcn
Sprachkennrniffc auss GlatteiS zu sühren vcrsuchrc,
tndem er dem Lootsen irgend rine vorhcr auSwen-
dtg gelernte Phrase, als Frage vcrkleidct, vorlegte.

„dio vlltck!" war die ftereothpe, kurze Antwort.

Als eS dunkel geworden war und dcr Lootse de-
reitS daS Lommanbo übernommen hatte, und auf
dem Quarterbeck schrtc und rumorte, und die Scgel
selten über eine Vicrtelslunde stehen ließ, fand ich
Tulpe mit bem Lajütenjungcn in eisrigem GesprLch.
Gegenstanb war unscr Americaner, den dcr Ste-
ward schlankweg für einen Dcutschen und ctncn
PotSdamer dazu auSgab, dcr fich nur, «te so vicle
Deutsche in America, seiner deutschcn Abkunst schäme
und den Aankce hcrauSkehrc. Neugier war nicht
Tulpe'S lctzter Fehler. Jch hörte, wie er mit dem
Zungen eincn Plan vcrabredete, dcn Deutsch-Amcrt-
,aner zu cntlarven, und fich «ine cngltsche Anrcde
einstudircn ließ.

Der Pilvt, übrigenS cin Vollblut-Nankce, wie
er im Buche steht, ging das Quarterdeck in langen
Schrittcn auf und iiiedcr, sah nach Wind, Wctter
«nd Segel, gelegentlich rechts nnd linkS den Saft

vertretung geübt war. DaS Land sah mi't
Schreckcn dcn ganzen Gewi'nn unserer bishe«
rigen staathlchen Entwickluiig in Frage qcstcllt.
Es stanv zu seinen Abgeorbncten. 5) Nur
eine kleine, ber Nation seit lange entsremdete
Minbcrheit hat, gestützt durch die Minister
Ew. Majestät, bis zu den Stuscn bes Thro-
nes bie gröbsten Verleumdungen gegen einen
Factor der Gesetzgebung qeiragen und den Ber-
such nicht gescheut, bas Urtheil über Maß und
Beveutung klarer Versassnnqsrechle zu ver-
wirren. 6) Gleichzeitig ist vielfach ein Miß-
brauch dcr Rcgierungsgewalt, wie er in den
trüben Jahren vor Begiun der Rcgentschast
Ew. Majestät staitsanb, hervorgetreten. Es sind
versaffungstreue Beamte, zumal solche, welchc
zugleich Abgeorbnete waren, mit drückenden
Maßregeln heimgesuchtwordcn. EsistdiePreffe
verfolgk worden, wo sie für das Recht offen ein-
trat. Es ist dcr Bersuch gemacht, dieAirSübung
uiizwciselhafter staatSbürgerlicher Rechte sei«
teas nicht einberusener Landwehrmänner durch
unzuläffige, außerhalb der Dienst - Ordnung
liegende Befehle militärischer Vorgesetzten zu
hinbern. Allerdurchlauchiigster rc. 7) Ew. Kö-
nigliche Majestät haben noch jüngst zu erklä-
rcn geruht, baß Nicmand an Allerhöchst Jhrem
Willen zweifeln dürfe, die befchworene Ver-
faffnng aufrccht zu halten und zn schützen.
I» ber That wagt Niemand, eine» solchen
Zweisel zu heqcu. Aber — gestatten Sw.
Majestät eS ossen auSzusprechen — die Ver-
faffung ist schon jctzt vcrletzt. Der Art. 99
ist keine Wahiheit mehr. Das schwerc Uebel
einer biidgetloscn Regierung ist über das Land
gekommen. Unb die neue Scffion hat beqon«
nen, ohne daß durch ein thatsächlicheS Ent-
gegenkommcn der Reqierung auch nur die
Ausstcht eröffnet wäre, es werde gelingen, die
geregclte Hanbhabunq der Finanzen zurückzu-
sühren und bic Heercs-Einrichtung wieder ackf
gesctzliche Grundlagen zu stützen. 8) Das
Ausland sieht mit Staunen einen Conflict sich
verlängcrn, welcher bie Achtung vor dem preu-
ßischen Namen mit jedcm Tage tiefer berührt,
welcher die Stimme der Regierung im.Rathe
der Bölker ihrer besten Kraft zu berauben
droht. Er weiß wohl, daß Pflicht und Ge-
wiffen die preußischc Volksvertrctung zwingen,
das Rechl, welches dic Berfaffung ihr vcr-
leiht, vhne Uebergriff abcr auch ohne Abbruch
nach allen Seitcn wahrzunehmen, und daß die
Aussichl auf äußere Verwickelungen keiu Mit-
tel zur Ausgleichung unsercs inneren Zer«
würsnisses ist. Er wciß, daß Preußen seinen
Einfluß in Deutschland und damit seine Stärke
nur dann wicber gewinnen känn, wenn es
zunächst bci sich verfaffuligsmäßige Ordnung
herstcllt und wen» cs svdann das dcutsche
Bolk und deffcn Vertreter zur Mitwirkung
an der staatlichen Einigung deS großen Vater«
landeS ausrust. 9) Jnmitten dieser Bedräng-
niß läßt das preußische Volk, welches in so
vielen Gefahren erprobt ist, welches in Treue
unb Ausdauer vvn keinem andcrn überlroffen
wird, nicht von der Hoffnung, daß Ew. Maj.
Weishcit die ehrlichc Slimme seiner gesetzlichcn
Bertreter zu unterscheidcn wissen werbr von

unvermeidlichcn KautabakS verspritzend. Da hcf-
tete fich dcr Boigtländer an scine Verse» und nach
cinigcn GLngen apostrophirte er ihn:

„Ei — ßäh — ohld — Kelloh — yuh — ahr —
äh — Dschermän!"

Der Lootsc «arf auf dcn Frager einen zweifeln-
den Blick und spazicrte «citcr.

Tulpe wicberholte die Anrcde.

„ä^e?" schnauzte der Americaner ihn an.

Hicrdurch eingcschüchtert, zog Tulpe fich zurück.
Der Lajütenjunge aber bedeutetc ihm, er müffe
derb und deutlich rcden, und er wolle ihm eine an-
dere Anrede sagen.

Nach einer Wetle, als der Lootse bcim Lompaß-
HLuSchcn stand und die Nadel betrachtetc, schoß Tulpe
stramm und geradc auf ihn loS, schlug ihn sreund-
schaftlich auf dte Schultcr und rief:

„Wih — noh, — met — gud — Beu, — yuh
— ahr — ä — Dschcrmän — von PotSdam! Män-
neken, Hinkeldey läßt jrißen!"

„6o to d«II, voll ä—jllrebrealeer!"

Und eine raschc Handbewegung sctztc Tulpe biS
an dic Lrcppc, wo cr den sLajütenjungen fand, der
scine Backe ob etner gleichzeitig vom Lapttän ap-

dem Rathe Derer, welche in dem Kampfe der
Parteie* ihre an sich ohnmächtigcn Bestre-
bunqcn durch den erhabenen Namcii Ew. Maj.
zn decken und zu stützen sich bcmühen. 10)
Königliche Majestät! Unsere Slellung als Ver-
trcler ves LandcS legt uns die gcbieterischc
Pflicht aus, feierlich zu erklärc», daß der «'n-
nerc Frieden und die Krast nach Außen dem
Lande nur durch die Rückkehr zu verfaffungs-
mäßigen Zustänben wievergegeben werden kön-
nen. I» ticfster Ehrfurchl verharren wir Ew.
Königlichen Majestät allerunterthänigste treu-
gehorsamste. Das Haus der Abgeordneten."

(Fortsetzung folgt.)

Hamburg, 21. Zan. Ein großer Theil
HamvurgS (Altstabt) steht in Folge der seit
zwei Tagcn bauernben Siurmflulh unler Was-
ser. Zn kurzen Zwischenräumen verkünden Ka-
nonenschüffe das fortwährende Steigen des
Waffers, welches die armen Kellerbewohner
ganz und gar auS ihren allerdingS stetS seuch-
ten Wohnilngen treibt.

Wien, im Zan. Unsere Regierung' geht
mit ver Reichsvertretung Hand i» Hand, um
Orduung i» den Slaatshaushalt zu bringen,
und ist demüht, allenthalben — wo es ohne
Gcfährbung der SlaatSzwecke ausfnhrbar er-
scheint — Ersparniffe zu erzielen, während
letztere durch höhere Anspannung der Steucr-
krasl die StaatSeinnahmen zu vermehren kein
Bedenken trug. Daß dieses Zusammenwirken
der Regierung und der Reichsvertretung von
sßgensreichen Folgen scin müffe, davon sind
wir vollkommen überzeugt, unb cS besremdetc
uiis daher nicht, alS die Cvurse unserer Staats-
papiere eiuen so erfreulichen Aufschwung uah-
men. Das Lob unserer Freunde und ber Bei-
sall der Gegner sollen uns aber uicht verleiten,
stille zu stehen auf dem Wege, den wir ein-
geschlagen haben; wir svüen nichl vergcssen,
daß bas Ziel, nach bem wir. ringen, noch
ziemlich enlfernt ist, daß wir noch vielc Schwie-
rigkciten zu überwinden haden, bevor wir mit
vvüer Besriebigung auf vaS Geleistete zurück-
blickcn köiinen.

Trient, 15. Zan. Der amtliche Theil der
„Gazzetta Usfiziale di Trenlo" enlhält eine
Bekanntmachung, unterzeichnet vom Hosrakhe
Grasen Hohenwart, wvrin erklärt wird, daß
das Gesuch der welschtprolischen Landtagsab-
geordneten, welches der Neichsrathsabgeorbnete
v. Hubicki in der letzten Sitzung bes Abgeord«
neteuhauscs einqebrachl hatle, um eiuc Tcen-
nuug von Deulschiprol zu bewirken, vom
Kammerpräsibium brm besagie» Herrn Abge-
ordneten zurückgesteüt wurde, bamit er eS ben
Pelenten zurücksendc.

A r a n k r e i ch.

Paris, 20. Jan. Wenn man der Sprache,
welche bie France führt, Glauben schenke»
darf, so berciten sich im Orient wichtige Er-
eigniffe vor, unb man muß sich schvn jetzl auf
einen neuen Lrieg mit Rußland gejaßt machen.
Diesem Journal zufolge hat bie letzte Modi«
fication bcs türkischen Ministeriums zur Folge
gehabt, daß dic Psvrte eiu neues Programm
aussteüt, deffen Zweck ist, die türkische Armee

plicirten Ohrfetge rieb, denn der „Alte" hatteden
Schabernack mit angehört.

Anzwischen hatte Herr Schmidt, dcr freundliche
Sachse, dcm durch Tulpe vorher mttgethcilt wor-
den war, daß der Lootse cin Dcutscher wäre, sich
ebenfalls zu dcm Nmericaner gcstellt, und erzählte
ihm auSsührlich, daß «r seincn Schwiegersohn be-
suche, und fügtc die Fragc hinzu, ob ihm, dem
Lootsen, die schwiegcrsöhnlichc Firma Selton und
Lomp. in Newyork bekannt sci.

Der Aankee stierte den sreundlichen, höstichen
Sachscn groß an, dann, sich kopfschüttclnd zu un-
serm Capitän wendcnd, sagte er:

„l guess, oaxitaill, >ou've got pleot/ maämsll
o« bo»rä!"

Er glaubte allcn ErnstrS, Tulpe und Herr
Schmidt wären cin paar Vcrrückte.

Ob «ir am nächstcn Tagc bcreitS aus dem Lvn-
tinent dcr neuen Wclt schlasen würden, war dubiös,
denu der Wind blieS voll auS Westen; doch wür-
den wir jedcnfalls, metnte dcr Lapitän, Land ma-
chen und viellctcht bei Sandy Hook »or Ankcr gehen.

(Fortsctzung folgt.)
 
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