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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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sie ihneu auch volle Spmpathi'een zuwendet.
Die deutjHe Einheit lcide an einem inneren
Widerspruch: waS Deutschland erstrebe, wolle
es den Polen versagen. Einheit und Freiheit
habe Deutschland aus seine Fahne geschrieben,
leider stehe Zerriffenheit und Knechtschaft ent-
gegen. GroßeS laffe sich nur durch große Ge-
sinnung erreichen; so lange diese fehlc, bleibe
die deutsche Einheit ein Traum. — Hr. R e i-
chcnsperger (Beckum) will flch zunächst
dagegen schützen,-baß die Miooritäten dafür
veranlwortlich gcmachl werden, weun das Haus
nicht einstimmig die Adrcffe annehme. Der
leßten Abreffe ves Hauses sei einc zu große
Dlvoiion nach Oben vorgcworfen; jetzt scheine
es, woüe rnan in das Gegentheil umfchlagcn
und dabei sei man aus der Scplla in dic
Charpbidis gerathen. (Wiberspruch links.)
Dafür sprcche Satz V mit scinem Lamento
über die LopalitätSdcputationen. DerUmstand,
daß, wie v. Carlowitz meine, dcr Erfolg der
Adreffe gar nicht berücksichligt zu werden brauche,
könne dafür keine Enischulvigung scin. Dem
Redner scheine die ganze Adreffe inopporlun,
man werde damit nicht errelchen, die Ver-
faffungsverletzung wirksam zu constatiren. Was
gegen die leßtere bisher vernvmmen, treffe
freilich auch nicht zu. Was dcr Minister-
Präsident von den Beamten gesagt, die trotz
der Verfaffungsverletzung ihr Gehalt erhoben,
sei auS seudalen Blätiern genvmmen und ge-
höre als scherzhajte Wenvung auch wohl da«
hiü, uicht aber vor eine ernste Versammlung
wie dieö Haus. (Beifall.) Von keiner Seite
sei ja ein Beschluß ge,aßt worden, welcher
Ver Regierung verfage, ihre gesetzmäßig fest-
gestelltcn Verpstichtungen zu erfüllen! — Das
Lamenlo gegen die Lopaliläts-Depulationen
sei ungerechlfertigt. Majoriläten dürfen sich
nicht üderheben und die KreuzzeitungSpartei
nicht mit Vorwürfen überhäusen, sind Ver«
leumdungen vorgekommcn, so müffe man sie
cntwever mit Verachlung übergehen, oder den
Schuß des Gejetzes gegen die Verleumder an-
rujen (Beifall rechls), allein vor Sr. Maj.
darüber klagcn, gezieme sich nicht. Noch un-
zweckmäßiger sei die Berufung aus daS Aus«
land, dem man kein Schiedsrichteramt ein«
räumen dürfe, »as heiße alles Natioualgefühl
verleugnen. Ueberdics stehe Preußen ebenso
gut unb bcffer als irgend ein Lanb in Europa.
Die ganze Abreffe gieße Oel in's Feuer, baher
sei der Rcdner bagegen, er wolle an seinem
Theile nicht dazu beitragcn, jede Hvffnung auf
friedliche Lösung abzufchneidcn.

Revner hade dafür so wenig Verständniß, wie
für die Rede des Finanzministers. Wenn die-
ser Minister gemeint habe, verfassungSmäßig
zu hanbeln, so hätte er sagen soüen, durch
welche Bestimmung der Verfaffüng denn sein
Versahren gerechtferiigt sei. Redner verliest
einige Lopaliläts-Abreffen, erzähll, daß gegen
die Unterzeichner geklagl worven, wobei sich
herausgesteUi habe, daß nur ein Ekiziger von
füns Unterzeichnern seine Unterschrift zugestan-
den; diefe Deputationen seien vom Mimster-
präsiventen unv vem Kriegsminister empfangen
und ermuthigt worden. Der Redner wendel

der Ackerbau s. Z. scine Erzcugniffe verdoppclt sehen,
dann wird das Problem der Vernichtnng dcs Elen-
deS gelöst sein. Brod wird sür Alle da sein. WaS
metn politischer Traum war, wirv eine wiffenschaft-
ltche Wahrhett «erdcn, das ist das Ziel, dem ich
zustrebe.

Der Riesengartcn Ncw-Uorks, fder Centralpark
genannt, ist nach der „Bonplandia" eine ber größ-
tcn Sehenswürdigkettcn der Wclt. Er wurde 1858
in Angrtff genommen, mißt 850 Acker, befindet fich
im Herzen der Stadt, und daS für ihn bisher vcr-
ausgabte Capital verschlingt täglich 1800 Dollars
Zinsen. Sett dem crfien Zuli arbeiteten täglich
500 bts 1000 Arbeiter darin; diesclbcn «erden be-
auffichtigt von 32 Beamten und 50 Polizeidienern,
die ihrc cigeneu Stationen im Parke haben. Zm
vierten Zahre wird dic Anlage in Ordnung sein.
Die vom Staate bcwilligtc Summc, um den Gar-
ttn tn Ordnung zu halten, bcträgi jährlich 150,000
DollarS. Dcr Schlittschuh-Teich ist im Winter täg-
lich von etwa 12,000 Mcnschen frcqüentirt. Die
Kahrwege habm eine Mesammtlängc von neun eng-

fich demnächst zu ciuer Widerlegung der ge-
strigcn Rede Lcs Ministerpräsidenten und sucht
dic Schuld des Conffictes nur bei der Regic-
rung. Dieselbe sehc es darauf ab, dem Volke
tas ganzc vcifaffungSiuäßige Rechl zu »erlei-
den, es sei Pflicht des Hauses, dagcge» auf-
zutreten, damit habe cs das Seinige gethan;
bleibe sein Bemühen ohne Erfolg, nun, so
möge das Volk seine Pflicht thun. — Der
Ministerpräsident. Wenn der Vorred-
ner sich die Aufgabe gestellt habe, ihn und sein
Ministerium zu beleidigen, so habe er (Vor-
redner) sich dic Sache leichl gemacht, indem
er dem Ministerpräsiventen Dinge in den Munv
gclegt, die er nicht gesagl habe. Auf diese
Aeußerungen, welche keincn anderen Zweck
hättcn, alö ihn zu beleidigcn, gehe der Mini-
sterpräsident nicht ein, darauf zu erwiedern,
verbielet ihm seine SteUung und scine gesell-
schaftliche Gewohnhcit. Richtig sei, was er
der Deputation aus Grünberg gesagt haben
soü (daß er dic renitenten Beamtcn entlaffen
würde), er halte diese Bemerkung aufrecht.
Das Haus könne doch nichk für sich allein
das Recht in Anspruch nehmen, frci seine Mei-
nung äußern zu wollen, dies Recht müsse Je-
dem gewahrt bleiben; von der Freiheit dcr
Rede könne wohl kein umsangreicherer Gebrauch
gemacht werden, als es der Vorredner gethan.
Belcitigungen gegen das Haus habe der Mi-
nistcr in ben Adreffen nicht gefunden, cr bc-
wundcrc die Empfindlichkeit des Hauses, wenn
dasselbe Object der Kritik ist, wclche das Haus
über AndcreS in so weitem Umfange übe.
Man habe die preußische Sprache bemäugelt,
welche die Minister sprächen, nun, der Redner
sci stolz auf diese Sprache und das Haus
werde dieselbe noch öfterS von ihm HLren. —
Der Kriegsminister will sich nur dagegen
verwahren, daß er der conservativen Partei
vorgeworfcn, sie wäre feig und faul. Preußen
kcnne daS Parteiwesen erst seit 1848, dies
gereiche eher zum Unheil als zum Segen. Es
gebe aber eine große Menge achtbarer Men-
fchen, wclche davon unberührt geblieben sei,
Alles von ver Regierung verlange, aber auch
mit Alleiii zufriedcn sei, was die Regierung
thue. Diesen Theil deS VolkeS, welchen dcr
Minister die Partei derOrdnung nenne, wünsche
er zu großer Nührigkeit heranzuziehcn; wcnn
diese Leure mildthätig wären, vann würdc
Ruhe und Frieden im Lanve werven. — Der
Zust, zmiuister. Die Fragen, warum er
schweige, schcinen ihm die Frage nach der So-
lidarität dcs Ministcriums zu umfaffen. Er
erkläre, daß er sich in voller Solibarität mit
de» Erklärungen tes Miiiisterpräsidcnlen unv
des Finanzministers befinde. Ueber die Rechts-
fragen hättc sich der Minister nicht zu äußern.
Das Haus verharre überall in ver Negative
und häbe vaher den Bewcis sür seine Be-
hauplungen anzutreten. Der Minister sei sich
nicht bewußt, die Preffe gemaßregelt zu haben.
Die vorgekommene» gerichtlichen Verfolgungen
beklage der Minister um so mehr, alS viesel-
ben hervvrgcgangen aus vem Mangel an Ge-
fühl für die gefetzliche Grenze ber Presse. Der
Minister habe seine Pflicht gethan und werde

lischen Mcilen, bic Fußwege von 38 Meilcn, und
find mit einer so glücklichen Benutzung dcS Ter-
rains und mit so viel Gcschmack angelegt, daß man
halbe Tage ihrcn Windungen folgcn kann, ohne
in Bewunderiing der Anlagen zu crmübcn. Der
Schöpfer dieseS Lentralparkes ist F. L. Olmstedt.

Am Weihnachtsabcnd starb in Philadelphia vr.
Georg Fricdrich Seidensttckcr in sctncm 06.Le-
bcnsjahre; cr war 1787 in Göttingcn gcboren. Zm
Jahre 1831, in den Wirren wegen dcr hannovcr-
fchen Verfaffung, nahm Seidcnsticker eine hervor-
ragendc Stcllung in der Volkspartei ein und be-
thciligtc fich encrgisch bxi dem AuSbruch der Un-
ruhen in Göttingen. Die Bürgergarde «urde neu
organtfirt, vr. Seidensticker «ähltc man zum Com-
mandanten. Bald aber wurde die Stadt wieder
von Len kgl. Truppcn in Befftz genommen. Dcr
Bürgergardencommandant entfloh, wurde auf der
Flucht gefangen gcnommcn und nach Lelle ins Crt-
minalgefängniß gesührt. Mit damalö uncrhörtcr
Parteilichkcit und Grausamkeit «urdc er im Gc-
sängniß dehandelt und der Prozeß gegen ihn ge-

sie ferner thim. — Herr v. Vi'ncke (Star-
gardt) erhält das Wort zur Begriindung set-
ner Adreffe. Er empsiehlt dicselbe in länge-
rer Rede aus Gründen der Opportnnitäk und
Praris. Er geht dabei auf den ganzen Ver-
lauf der Debatte zurück nnd sucht vie Vor-
redner zn widerlegen. Ncue Momentc bringt
der Redner nicht bei, obwohl er über 1^/,
Stunde spricht. — Der Handelsminister
muß constatiren, daß der Conflict lediglich
durch den Beschluß des Hauses in der Mili-
kärfrage entstanden; dieser Beschluß war ein
unmöglicher, daher habe daS Herrenhaus ihn
vcrworfen. Der Rednek, welcher jenem Hause
angehöre, habe für den Beschluß gestimmt.
Das habe er in Erfüllnng seiner Pflicht ge-
than und diese werdc er ferner stets erfüllcn.
Nach persönli'chcn Bemerkungen der Herren
Virchow und Schulze (Berlin) schließt
die Sitzung, welche um 10 Uhr beqonnen, um
4i/, Uhr.

Berlin, 31. Jan. Jn der heutigen L>it-
zung des Abgeordnetenhaufes wurde ein Schrei-
ben des Ministerpräsibenten v. Bismark an
den Präsidenten Grabow verlesen des Jnhalks,
dcr König könne sich nicht bewogen finden,
eine Deputation des Hauses zur Ueberreichung
dcr von diesem beschloffenen Adreffe anzuneh-
mcn. Der Präsident des AbgcordnetenhauseS
schlug hierauf fchriftlichc directe Zusendnng
der Adreffc an dcn König vor, welcher Vor-
schlag ohne Debatte angenommen wurde. —
Der Finanzminister legte eine Nachwcisung
der Etatsüberschreitungen und außeretatsmä-
ßiger Ausgaben für 1861 vor. Die crsteren
betragen 1,800,000 Thlr., einschlicßlich

1.300.00 THIr. Betriebskostcn, die lctztcrcn

265.000 Thlr. Der Minister konstatirt die
AuSführung des vorigjührigen Beschluffes des
Hauses; der Nachweis sci diesmal viel frü-
her als sonst geliefert. Die Wahl von Se-
hcrr Thoß wird beanstandct.

Breslau, 29. Jan. Die Grenze nach
Polen ist vorläufig nur mit Gensdarmcn be-
setzt; doch hat daS schlesische Uhlanenrcgiment
Nr. 2 Befehl erhalten, etwaigcn Reqnisitionen
der Lanvräthe unverzüglich Folge zu leisten.

Breslau, 30. Ja». Nach der schlesifchen
Sonnabenvzeitung mit Berichtcn aus War-
schau vom 28. Abcnvs, haben bie Znsurgentcn
neuerdingö starken Zuzug aus ben befferen Ge-
seüschafiskreisen crhalteu; Viele verlaffen sorl-
währenv Warschau, um sich ven Znsurgenten
anzuschließen. Die „Brcslauer Ztg." sagt,
daß bei Piotrkow dic Jnsurgenten eine ruffische
Abtheilung, barunter zwei Offiziere, aufgc-
griffen hätten, welch Letztere josort erschoffen
worden wären. Das Lithauische Grcnadier-
csrps rückt in Eilmärschen an. Wisocki svll
iui Lande sein.

Kassel» 31. Jan. Die „Kaffeler Zeitung"
Mklder-, vaß der Kurfürst ziiui Abfchluß eines
Staatsvertrages mit Preußen und Heffen-
Darmstabt übcr dic Hcrftelluiig eiuer Eisen-
bahn von Marburg über Köln nach Siegen
seine Geuehmigung ertheilt hat.

Kaffel, 31. Jan. Der Finanzrath Bode
ersetzl Schnackenberg,

führt; dicscr dauerte bls zum Jahrc 1836 und en-
dete mit Vcrurtheilung zu lebciislänglichcm Ge-
fängniß. Ebinso wurdc 1838 in der zwcitcn und
1840 tn dcr dritten Znstanz cntfchieden. Die edel-
sten Männer Deutschlands nahmcn damals den tn-
utgsten Antheil an dem patriotischen Dulder. End-
lich, nach fünszehnjähriger Gefangenschaft, nachdem
der öffeutlichen Meinung kanm mehr zu widerstehen
war, übte die hannovcr'schc Rcgierung in ihrer
Weise Gnade, d. h. Seidensticker wurde 1815 be-
gnadigt unter der Bedingung, daß er sofort, ohne
auch nur seine Familie «icder zu schen, sich nach
Anierika einschiffe» sollte. Jn Amerika wurde der
Besreite von seinen LandSleuten übcrall auf'S Herz-
lichstc'cmpfangcn. Zn Philadelphia nahm cr die
Stelle dcS RcdaktcurS am Philadelphia-Demokrat
an; dann untcrnahm er selbst die Hcrausgabe cineö
Wochcnblattcs: „der Bürgerfreund"; später betrieb'
er kaufmännische Geschäfte und erhtclt in dcn letzten
Jahren eine Anstcllung von der Regicrung. 1856
nahm er an der Bitdung der republikanischen Na-
tionalpartci den lebhaftestcn Bnthetl.
 
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