Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Februar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0113

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
eidtlbtrger Ieitmig.

N; 2S

Trschei'nt, MontagS auSgenoinmen, taglich.
PreiS vierteljährlich 54 kr.

Mittlvoch, 4 Februar


18«;.

Auf die „Heidelberger
(» Zeitung" kann man stch

M>A^ DHD noch für dl'e Monate

Februar und März mit 36 Kreuzern abon-
niren bei allen Postanstalten, den Boten und
Trägern, so wie der Erpedltion (Schiffgassc
Nr.

* Politische Umschau.

Von den durch daö Loos gewählten 30 Ab-
geordneten, wclchc dem König die Adreffe über-
reichen solltcn, gehörcn 13 zur FortschrittS-
partei, 11 zum linken Ccntrum, 2 sind Polen,
1 vom katholischen Centrum, 1 Feudaler, i
vom Parlamentarischen Verein, 1 von der
Fraction von Vincke. Der Führer der De-
putation ist der Präsibent Grabow.

Zn einer am 2. Januar zu Erfurt stattge-
habten Versammlung von Wahlmännern und
Urwählern deö Waylbezirks sprach der Abge-
ordnkkk für Ersurt, Krelsgerichtsrath Bering,
als er auf die vom Ministerium beliebte Maß-
regelung mehrerer liberaler Abgeordneten, die
gleichzeitig Beamtc sind, zu reden kam, Fol-
gendeö: „Jhrem Urtheile überlasse ich es, den
Grund für das Zntereffe des Dicnstes" bci
dergleichen Maßnahmen zu finden. Jch möchte
nicht an der Stelle Derer sein, die diese Maß>
nahmen unterzeichnet haben; ich glaube, mein
Gewissen würde meine Hand haben zittern
laffen; ich glaube, ich würde eine re^ervstio
weotslis nicht haben von mir weisen köiinen,
die mik dem Art. 84 der Berfaffung, bie ich
beschworen, nlcht harmonirte/ Zn Folgc die-
ser Aeußerung ist gegen den Kreisgerichlsrath
Bering von Erfurt, zur Zeit im Abgeordneten-
hause in Berlin, eine Disciplinar-Untcrsuchung
angeorbnet worden.

„Kladderadatsch" bringt ein Bild der Ger-
mania, einen Knaben an der Hand führend,
den sie Ler trauernben Hellas übergibt, indem
sie ihr sagt, ich bin so reich an dcm waö dir
fehlt, daß ich dir, ohne Schaden zu leiden,
aushelfen kann.

Die „Wochenschrift des deutschen Reform-
vereins" sagt am Schlusse eines Leitartikels
über „die Abwerfung des Delegirtenprojects"
Folgendes: „Wir stehen Ereigniffen, wie die
Zahre 1848 unb 1849 sie uns brachten, ziem-
lich nahe. Gelingt bis dahin die Bundesre-
form nicht, so ist Alles dem ersten Stoß einer
erschütternLen Catastrophe preisgegeben. Zft
der Majoritäi eine solche erwünscht? Dann
mag sie nur fortgehen auf dem betretenen
Wege; sie wird ihr Ziel erreichen. DerjZüub«

stoff liegt in Mcnge zerstreut über die ganze
Welt. Es ma^dauern, so lange es will: eine
unübersehbare Krisis ist wenigstenS nnvermcid-
lich, wenn sich in Europa zwei gewisse Augen
auf immer schließcn."

Briefe in den „Limes", welche die Scla-
verei aus der Bibel zu rechtfertigen vcrsuch-
ten, haben einen bedeutcnden Rückschlag in der
öffentlichen Meinung bewirkt; in mehreren
großen Städtcn wurden Meetings für die
Sclavenemancipation gehalten. Am Donners-
tag Abend wurde in Ereter-Hall ein Meeting
gehalten, wie London seit Aufhebung der Kron-
gesetze kein ähnliches gcschen. Da die unge-
heure Haüe und dte Nebensäle die Besuchcr
nicht alle fassen konnten, versammelten stch
noch Lauscnde vor dem Gebäude, erwählten
einen Chairman und hielten ein zweites Mee-
ting ünter freiem Himmel. Die Anwesenben
sprachen ihre Spmpathie mit dcn Bestrebungcn
der Univn zur Abschaffung der Sclaverei aus
und die Halle erbebte von den Hurrahs, welche
aus die Reden folgten.

Nach Berichten aus der Havanna kommt
die merikanische Erpedition den Spaniern gut
zu statten; sie muß Alles vvn dvrt her zu
enormen Preisen beziehen. Eine Toniie Eis
für die Spitäler in Beracruz wurde mit 2000
Franken bezahlt; Waffer, das von St. Zago
geholt wird, kostet 20 Franken die Tonne;
Kohlen, Lebensmittel, Rum und Colonialwaa-
ren werden zü unerhörlen Preisen angekauft.

Deutschland

Karlsruhe, 2. Febr. DaS großh.^Regbl. Nr. 5 von
heute enthält: 1) Ordensverlethungen. Se. Kgl. Hoheit
derGroßherzog haben^tch gnädtgst bewogen gefunden,
dem Oberpostrath Erasmus Scheyrer bet der Dtrectton der
Matn-Neckar«Etsenbahn tn Darmstadt, dem Hoskapellmetster
Zoseph Strauß dahter und dem Profeffor vr. Luschka tn
Tübtngen das Ritterkreuz vom Zährtnger Löwen zu ver-
leihen. 2) Erlaubniß zur Annahme sremder Orden: an
Mtntsterialrath Ammann bei dem Zusttzmtnistertum für den
thm von Sr. Maj. dem Köntg von Preußen verltehenen
köutgltchen Kronorden 3. Klaffe anzunehmen und zu tragen;
an den k. k. österretch. Generalconsul tn Amsterdam, Phtl.
I. Krteger, für daS ihm von Sr. Maj. dem Katser von
Oesterretch verltehene Rttterkreu; deS katserl. Franz-Joseph-
OrdenS. 3) Medaillenverlethungen: Se. Königl. Hohett
derGroßherzog haben Stch gnädtgft bewogen gefunden,
dem Canzleidtener am Oberhofgertchte Karl Behrle tn
Mannhetm die kletne goldcne und dem Canzletassistenten
bet dem Hofgertchte deS Oberrhetnkretses Zohann Sutter
tn Fretburg dte silberne Ctvilverdtenstmedatlle, sowte dem
Beretter Hauger bet der LandeSgestütSanstalt, dem Straßen-
metster Marttn Maurer tn MoSbach, dem Straßenmetster
Hetnrtch Allgeyer tn Engen, dem Zugmeister Benedtct
Stetnbach tn Offenburg dte kleine goldene und dem Stall-
bedienten MathtaS Denntg bei der LandeSgestütSanstalt,
dem Brtesträger Zakob Schütz tn Fretburg, dem Postpacker

Dantel Meier in KarlSruhe, dem Postconducteur Ctprtau
Trttschler tn Fretburg, dem Etsenbahnwagrnwärter Aakob
Walder tn KarlSruhe , dem Eisenbahncovducteur Martin
Wenzel und dem Etsenbahnconducteur Ntkolaus Wacker da-
selbst dte filberne Ctvtlverdteustmedaille zu »erletheu.

(Schluß solgk.)

Baden. Zu den nothwendigsten Reformen
unsercs StaatslebenS darf ohne Widerspruch
dic Notariatsgesetzgebung gezählt werden, Wie
dem „Fr. I." sehr bezeichnend geschriebcn wird,
ist es nicht der kleinste Fehler der seitherigen
Gesetzgebung, daß darin zu wenig den Znte-
reffen des PublikumS und der Notare Rech-
nung getrageu, sondern ein zu großes Gewicht
auf den Finanzpunkt zu Gunsten der Staats-
casse gclegt ist. Wem man die Fertigung einer
llrkunde übertragen, ist doch lediglich Ver-
traucnSsache; will man aber in Baden sich
eines anderen Notars bedienen, als desjeni-
gen, in deffen Distrikt man wohnt, so muß
man sich enlweder in den Distrikt des Erstercn
begcben, oder man muß vorher die Ermächti-
gung «ines sogenannten Amtsrevisorö (Be-
zirksnotars) haben, wcnn der gcwünschte No-
tar daS Geschäst außerhalb seines Distrikts
vornehmen soll. Diese überflüssige Formali-
tät ist so lästig, daß man sich in der Regel
in sein Schicksal ergibt und jein Geschäft von
Vem competenten Notar fertigen läßt, auch
w«nn man kein Vcrtrauen -zu ihm hat, da er
ja zunächst zur Aufnahmc dieser Urkunde be-
rufen ist, unv man befürchten muß, daß man
leicht wieder in anberen Fällen in scinc Hände
fallc, in denen er Zchaden könnte. Die Wahl
der Notare sollte auch in Badcn, w>e ander-
wärts, ungehindert dem Publikum freistehen.
Was nun die Lage der Notare betrifft, so ist
solche in jeder Hinsicht eine gedrückte; sie und
ein großer Theil ihrcr Geschäfte sind der Aus-
sicht von Amtsrcvisoren unterstellt, welche
häusig in den Kenntniffen von den Notaren
übertroffen, deren Bemerkungen aber in der
Regel von den Kreisregierungen aufrecht er-
halten werden, weil man bekanntlich nicht
gerne eine höhere Stclle der untergeordueten
gegenüber fallen läßt. Dadurch wird aber das
Selbstbewußtsein und die Selbstständigkeit der
Notare nicht gehoben, sondern solche nur ent-
muthigt. Dte AmtSrevisoren haben auch allein
die Registratur; dies ist ebenfalls nur ein Ge-
schäftshinderniß. Noch schlimmer ist aber die
materiellc Lage der Rotare; man wird bei
nachhaltigem Fleiße durschnittlich kaum ein
jährlicheö Brutto-Einkommen von 1200 fl.
für einen solchen annchmen können, wovon
er also noch seine Bureaukosten, seine Reise-
und ZehrungSkosten bestreiten muß; an Er-

Das 6smxo Lsuto in Neapel.*)

Jcdes Handbuch, schretbt ein Correspondent der
„Timcs", hat dte Thatsache bemerkt, daß zu Neapel
dte Arinen >n Löcher begraben werden, von denen
jedes jährlich etnmal gcöffnet wird, um sein Lon-
tingcnt aufznnehmen. Jch habe das auch gelesen,
abcr das giebt kcine hinreichende Vorstellung von
den gräßlichcn Abschculichkciten, welche hier tägltch
mit der Sanction des Gesetzcs und unter den Au-
gcn dcr Kirche verübt «erden. Auf dcm vsmpo
Ssnto Vcccliio bcfindet sich ein großcr Hofraum,
welchcr 450 Quadratfuß umfaßt und «on vicr, mit
bunten Fresco's aus der biblischen Geschichte be-
malten Mauern etngeschloffen ist. Dte Pfiastrrung
besteht aus großen Steinblöcken, und die Mündung
jedes der 365 Löcher oder Gewölbe ist erkennbar
an dem eiferncn Ringe, vcrmittelst deren zur bc-
stimmten Zeit der Stein gehoben wird. DaS Be-
gräbniß, wcnn man das mit etnem solchen.Aus-
druck bezeichncn darf, findet täglich Punkt 4 Uhr

Nächmittags statt, und der Hof steht Allen offen.
Alle Leichen, wclche man nach 4 Uhr bringt, wcr-
den erst den solgendcn Tag begraben und vorläu-
fig in hölzerne Fächer, wclche an der Westscite an-
gebracht sind, placirt. Diese sind mitZiegcln aus-
gckleidet und hellgrün angestrtchcn. A» dem Tage
metncr Anwesenheit lagen fünf Särge oder Kistc»
von grober Arbeit, verschicdencr Größe und roth,
braun, grün, schwarz angestrichen, zusammen auf
dem Pffastcr, daneben die Geräthschaften zum Auf-
hebcn des StcineS, bestehend aus etner bunten
Stange, an «elcher etne schwere Kette und etn
Haken hing; außerdem bcmcrkte tch auch etnen He-
bel, welcher dazu gebraucht wurde, um dtc Arbeit
zu crleichtern. Daneben standen zwci langc, mit
Laternen vcrschcne Karren, deren Gebrauch nicht
zweifklhaft sein konnte. Als es 4 Uhr schlug, trat
in dcn VorberettungSarbeiten eine Pause ein; man
wartetc auf den Priester und benutzte die Muße
dazu, die Deckcl der verschiedenen Kisten aufzuhe-
ben und Lber das AuSsehen der darin befindliche«
Lctchen Witze zu reißen. Endlich kam der Priester,
und nachdcm cr einige Sätzc gemurmelt hattc, be-
sprciigte er dic Särge mit Weihwaffer, legtc seine

Canonicalien ab und sptelte nun die Rolle eineS
Zuschauers. Dcr nächste Stein wurde gchoben;
aber waS ich da sah, wtll ich nicht zu fchildcrn ver-
suchcn, weder den bläulichgrauen Dampf, wclcher
aus dem Abgrunde emporstteg, noch die pestilen-
zialischen Gasc, welche selbst in freier Luft Ersti-
ckung drohten. Jctzt gtng's nun an'S Werk. Die
zwet ersten Särge enthicltcn dic Ueberrcste Erwach-
sener, einen Mann und cine Lltlichc Frau; aber
diese waren anständig gekleidct und lange genug
todt, um vollständig erstarrt zu sein. Sie wurden
wie Straßenkoth odcr Kohlen durch Umkippcn der
Karren auf das Pflastcr geschüttet und dann mit
dem Kopfe voran in das Loch geworfen, tn wel-
cheS fie mit etnem dumpfen Geräusche auf die ver-
moderndcn Knochen und Gerippe der früheren Iahre
hinabficlen. Der nächste war ein klciner Sarg und
enthielt die Letche etnes jungen MLdchenS, welcheö
schr hübsch gewesen sein mußte und nett, obgletch
dürftig gekletdet war. Der Kopf ruhte auf frischen
Blumcn. Was würden die Hinterlaffcnen, welche
diese Blumen gepflückt hatten, gesagt und gefühlt
haben, hätten sic dicsc Miethslcutc gcschen, wic
sie fich bückten, den Saum deS Kleides faßten unh

. *) Aus der „Schles. Zig.'
 
Annotationen