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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0137

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Mittwoch, II Februar


Auf die „Heidclberger
Zeitung" kann man fich
noch für dic Monate
Februar und März mit 36 Kreuzeru abon-
niren bei allen Postanstaltcn, den Boten und
Lrägern, so wie der Erpedition (Schiffgaffe
Rr. 4).

* Politische Umschau.

Die von der „Kafs. Ztg." angekündigte Un«
tersuchung gegen den Hauptmann Dörr ist
uunmehr eingeleitet.

Jn Beziehung auf die Antwort des Königs
hat sich gester» bas linke Centrum gegen jede
Erklärung des HauseS ausgesprochen. Die
Fortschrittspartei hat vorgestern nach mehr-
stündiger Berathung die Fortsetzung aus mor-
gen vertagt. — Die in der Fractionssitzung
der deutschen Fortschritispartei zur Entwerfung
cines Ministerverantwortlichkeitsgesetzes ge-
wählte Commtssion besteht aus den Abgeord-
neten Eberty, Zmmermann, von Kirchmann,
Klotz, Mellien, Schulze-Delitzsch und Waldeck.

Die »Bresl. Ztg." bringt solgendes Tele-
gramm aus Myslowitz vom 7. Febr., 10 Uhr
Abcnbs: Hier siud siiehende Ruffen in großen
Haufen angekommcn; schon über 500 wurden
cntwaffnet. Das benachbarte Gubernium ist
Vvn russischem Militär total gesäubert; die
Jnsurgenten habcn viel Cavallerie. (Das
dem preußischen Grenzorte Myslowitz benach-
barte Gubcrnium ist Radom.)

Die Unterzcichner des Aufruss zur Grün-
dung des Rationalfonds (v. Unruh und Ge-
nossen) wurden heute freigesprochen.

Bon 240 Mitgliedcrn des Herrenhauses
stimmten für dic Adreffe nur 96. Unter die-
sen besinden sich nur 2 Bertreter der Städte,
die Ober-Bürgermeister von Potsdam und
Frankfurt an der Oder, Beyer und Piper.
Die übrigen Vertreter der Stävte, sowic die
liberalen Mitglieder des Hauses, unter ihnen
der Zustizminister v. Bernuth, haben sich vvr
dcr Abstiuimung entsernt.

„Stampa" meldct, daß der Zntendant der
dem Kaiser Napoleon gehörigen Güter in Ci-
vita Nuova in den Marken im Namen des
KaiserS eine Summe von 5000 Fr. zu Gunsten
bcr Opser der Briganbage subscribirt hat.

Unter dcn Docnmenlen, welche dem engli-
scheu Parlament von der Regicrung' mitgetheilt
wurdcn, figurirt cine Depeschc Lorb Ruffells
an Lord Cowlep vom 3t. Oclober. Zn dieser
Depesche sagt Nuffcll, daß es Rom freibleiben
müsse, sich, wann es wolle, mit Jtalicn zu

verbinden. Die französtsche Occupation, welche
dies vcrhindere, müffe aufhören. Man dürfe
keine Aussöhnung des Papstes mit Jtalien er-
warten. Ein andercs bem Parlament mitge-
thciltes Aktcnstück ist eine Depesche Ruffclls
an Lord Cowlcy, Gesandtcr in PariS vom
29. Januar, in wclcher Lord Ruffell die Aeuße-
rung des sranzösischen Kaisers über das von
Obo Ruffell in Rom eingehaltene Verfahren
widerlegt. Er constatirt, daß der Papst am
25. Juli Odo Ruffell ruscn ließ und ihn po-
siliv sragte, ob er unter gewiffen gegebenen
Verhältniffen auf dtc Gastfreundschaft Eng-
lands rechnen köane. ES sei also der Papst
selbst gewesen, von dem die Jdee eines Asyls
auf dcr Jnsel Malta ausgegangen sei.

Auch heute ist nichtS Bemcrkenswerthes aus
Polen zu bcrichten. Daß ber Ausstand wächst,
ist, so lange ihm nicht hinlängliche Militär-
kräfte cntgegenstehen, nichts Unerwartetes,
ebenso wenig wie, daß die Jnsurgenten, wo
sie sich in großer Zahl auf vereinzelte PiquetS
werfen, diesc übcrwältigen und über die Grenze
dränge». Entscheibendes kann erst dann kom-
men, wenn die heranziehenden Ruffen an Ort
und Stelle sind; die im Lande besindlichen
Corps, welche die Städte nnd Festungen zu
halten haben, sind augenscheinlich dem Auf-
stande nicht gcwachsen. Unzwcifelhast ist es,
daß dieser bei den Volksmaffen überall An-
klang und Unterstützung finden und der Haß
gegen Rußland heule so lebendig ist, wie zu
irgend einer srühercn Zeit, und daß er als
Maßstab des DruckeS geltcn kann, den das
ungluüliche Volk zu erdulden hatte, um es zu
einem so besperatcn Versuch zu veranlaffen.
Es rächt sich dicr wie überall die schlimmc
That dadurch, „daß fic sortzeugend Unheil muß
gebären."

Es geht das Gerüchl von einem russisch-
chinesischen Vertrag, wornach die Ruffen Nan-
king und andcre Städte längs dcs grvßen Ca»
nals dcn Rebellen entreißen unb dafür die
Tschusa-Znseln erhaltcn soüen.

Aus Polen verlautet auch heute wenig Zu-
verläffiges. Die Jnsurgenten ziehen nunmchr
südwaris unb scheinen babei einen Zusammen-
stoß mit den Truppen, die von Norden heran-
ziehen, so lange als möglich vermeiben zu
wollen. Näheres über die Lage in Polen
werden wir wohl erst durch englische u. fran-
zösische Consulardepeschen erfahren.

Die Rachrichlen aus Polen schildern die
Lage als verzwciflungsvoll. Die unheimliche
Nähe der Ruffen, der Schrecken, in den sich
die Regierung hüllt, der desperate Versuch der

Znsurgentcn und die wilde Rache der rusfi-
jchen Lruppen, wo sie mit denselben zusam»
mentreffen und einen leichten Sieg erringen,
bringen ein Gefühl von FataliSmuS hervor,
der für Aües abstumpfl und die Nation vor-
bereitet, AlleS über fich ergchea zu laffen; in
den Städten herrscht stummc Verzweiflung;
auf dem Lande Schrecken durch die Banben
und Truppen. Die Einzelnhetten einer solchen
Lage haben geringen Werth; hier würgt eine
Znfurgentenbande ein russisches Piquet, dort
schmetlert ein größcres Corps eine Banbe
nieber; die Recruien scheinen das ihnen werth«
los gewordene Lcben wohlfeil hinzugeben. Da
wird wohl bald wieder bie Ruhc ves Kirch-
hoss in Polen hcrrschen, allein bei lauter
Kirchhöfen kann keine Regierung für die Dauer
bestehen.

Deutschtan-

Karlsruhe, 9. Februar. Se. Köntgl. Hoheit der
Großherzog haben Stch gnädtgst bervogen gefunden,
dem Geheimen Hofcath Dr. Zoseph Äeck tn Hetdetverg das
Ritterkreuz des OrdenS vom Zählinger Löwen, dem Posten-
fuhrer Mtchael Woifarlh tu Zestetten, in Änerkennung setner
langjährigen treuen Dtenste, die filberne Htvtlyerdienst-
medatlle zu verlethen.

KarlSruhe, 9. Febr. Das heute crschtenene Regbl.
Nr. 6 enthält (außer Personalnachrtchten):

I. Verfügungen und Lekanntmachungen der Mtntsterten.
1) Bekanntmachung des großh. Zuitizmintstertums. s) Dte
Verlethung von Änwaltschaften betreffend. Unterm L7.
v. M. wurde Neserendär Karl Hendrich von Mannheim
zum Rechtsanwalt sür gertchtlichc unb VerwaltungS^nge-
legenhetten mit dem Wohnsitz tn Mannhetm ernannt. b)
K)ie Wtederbefähtgung dcs frühern Schrtstverfaffers Emtl
Vacbo von Lanbeck zur Praxts und scine Ernennung zum
RechtSanwalt in Freiburg betreffend. 2) Vekanntmachun-
gen bes großh. Mtntsteriums des Jnnern. a) Dte StaatS-
genehmigung von Stiftungen tm Seckretse betr. b) Dte
Vornahme ciner Ersatzwahl für den aus der Zweiten Kam-
mcr der Ständeversammlung fretwilltg auSgetretenen Ab-
geordncten Lhoma betceffend. (,Mtt der Leitung alS ländes-
herrlicher Commtffär wtrd der großh. RegterungSdtrector,
Geh.-Rath Or. Schaaff tn Freiburg beauftragt.) e) Dte
Sttftung deS verstorbenen pensiontrten PfarrerS AnbreaS
Kreser von Mingolshctm bctreffend. (Letrag ungefähr
13,700 st.; zur Unterstützung armer katholischer SonntagS-
schüler und Sonntagsschülertnnen auö Mannhetm.) ä)
Die Errtchtung etner Erbgroßherzog-Frtedrich-Stiftung tn
Engeu betreffend. e) Die Prüfung der LehramtScandt-
daten betreffend. Von den zur Staatsprüsung für 1862
zugelaffenen wissenschaftlich gebtldeten Lehramtscandidatea
finb nachstehenbe unter die Zahl der Lehramtepraktikauten
aufgenommen wordeu: E. Lender vou Unterschüpf, H.
Metchelt von Karlscuhe, G. Vühler von Mannhetm, A.
Holder von Htldrtghausen, A. Garrecht von Wertheim, H.
Vihler von Fretburg, F. Steurer von Hetdelberg, L. Sevin
von Nonnenweter, A. Herrmann von St. Llasien, E. Kuhn
von Weier. 3) Bckanntmachungen deS großh. HandelS-
mintsteriums. a) Die Organtsation der sür Fortsetzung
des. EijendahnbaueS erforberltchen Stellen betr. b) Dte
Erthetlung von Erfindungspatenten betr. (Für die von
dem Kaufmann Alerander Devaur tn London erfundene,

Seemannslied.

Den Löglinzen Scr rnuischcn Icemannsschule in Ham-
durg gcwidmcl.

Frisch auf ihr Brüder! schnell zur Hand
DaS blankc Enterbeil,

Zum Schiffbau laßt unS eilen hin,

Rollt auf das große Scil.

Das Augc scharf, die Hand bereit,

Die Arbeit rasch zu faffen,

So wtrd der Mcistcr auch nicht lang
Das Lob erwartcn laffcn.

Dcr S-emann tst ein freier Mann,
Umfährt die ganze Wclt,

Von Nord nach Süd, von Ost nach West
Die Segcl find gcschwcllt.

Dcm Muthigen gchört die Welt,

Soll unstr Wahlspruch stin,

Wir halten uns bci Tag und Nacht,

Zm Sonn- und Mondcnschein.

Bei Sturmgeheul und Donnerschlag,

Wenn wir am Mastbaum stchcn,

Da denken wir dcr Lieben wohl,

Ob «rr sie «iederschen?

Wir Alle stnd in Gottcs Hand,

Auf Zhn nur fest gebaut,

llnd Hoffuung strahlt ins Herz hinetn,

Wie Stcrnlein mild und traut.

Wir mciden gern all eitcln Tanb
Und lcbcn unstrer Pflicht,

Der Weltlcut Treiben blcibt uns fern
Wir hanbeln treu und schlicht.

Den Lehrcrn sti viel Dank gesagt,

Da fie fich so bemüh'n,

Daß würbig wir bclehret find,

Wenn wir zn SOiffe ziehn.

Dem edlen Fürsten brtngt ein Hoch
Der BabenS Stolz und Glück,

Deß dcutscher Sinn auf uns gelenkt
Den hohen Gönnerblick.

0.

Die eigme Verurtheilung.

Etn stltener Crimrnalsall aus den Denkwürdig-
keiten eines Advocaten.

(Fortsttzung.)

Wir kommcn aus einer Dunkelheit zur andern.
Es hat eine Vergiftung stattgcfunden; die Aerztc,
wclche dtc Leiche untcrsuchten, behauptcn es. Aber
man hat sich kcineS gewöhnlichcn GisteS bcdient,
sondern einer gänz neuerlichcn Entdeckung der Wis-
stnschaft, eines eigenthümtichen Gistes, deffen Wtr-
kung ebenso schrecklich, als schncll unb unbegrcifltch
ist. Da dcr Blutumlauf unter dem Einfluffe dicsts
Giftes mtt etnem Male unterbrochen wird, s» zeigt
der Leichnam nicht dte mindcftc Spur von Gewalt-
rhat, unb kaum können die Leute der Kunst die
todtbringenden Elemente entdcckcn. Dieses Gtft
hat dcm Lcbcn des ZuwelterS Hetnrich Thomson
ein Ende gemacht. Man wird Zhnen Einzelheiten
vorlkgen, welchc diescs beweistn. Aber welche Per-
son hat ihn bas Gtft trinkcn laffen? Wie ist das
Verbrcchen vollzogen wordcn? War es eiu Selbst-
mord? Nichts tft unwahrscheinltcher. Man hat
 
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