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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0166

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wegung in Jtalien, Deutschland, Preußen und
Oesterreich als revoluiionär verdammt, die
pvlnische Revolution unter ihren Schntz nimmt.
Man hält hier dafür, daß die Pvien den Augcn-
blick schlecht gewählt haben: ohne Frankreichs
Unterstützung können sie nichts ausrichten, und
letztere fehlt ihnen für jetzt gänzlich. Warum,
so wird gefraqt, rührten sich die Polen nicht
während des KrimkriegeS? Anderseits ist zu
fagen, daß die französische Regierung eine
Einmischung Preußens zu Gunste» Rußlands
schwerlich gutheißen werde; Andeutungen in
diesem Sinne sind bereits in Berlin gemacht
wvrden, und das dvrtige Cabinet weiß, daß
es stch ernsten Verwicklungen mit den West-
mächten aussetzt, wenn cs den Planen der
iniervkntionssttchtigen Militärpartei Folge gibt.

Paris, 16. Febr. Der „Moniteur" be-
richtei aus Newpork: Der erwartete Angriff
der Unionisten auf Nord-Carolina sei erfolgt;
60,000 Mann, zu Newbern und Beaufort
ausgeschifft, bedrohien Wilmington und das
Znnere des Staates. 4 Panzerschiffe lagen
in Beaufork. Der Zweck dieser Erpedition
ist, der Armee der Conföderirten in den Rnckcn
zu kommen uud von dem Süden abzuschnei-
den. Ein Corps Conföderirter und Lee ist be-
reikS gegen dte bei Beaufort gclandeten Föde-
ralen von der Armee in Virginien detachirt
worden.

Zta lten

Wie die „Jtalie" meldet, hat der Betrag
von 700 Mill., den der Finanzmini'ster, um
den Ansorderungen der Lage genügen zu kön-
nen, für nöthig hält, einen tiefcn Eindruck
anf die Kammer gemacht. Die „Jtalie" glaubt,
obwohl der Kammerbcricht ni'chts darüber be-
sagc, daß das Anleihen ganz oder Iheilweisc,
auf ein Mal oder in mehreren Malen, nach
dem Ermeffen deS Finanzministers emitlirt
werden könne. Nach Mitlheilungen, welche
der „Diseuffione" von verschiedenen Seiten
zugehen, r'st eS wahrscheinlich, daß das Mini-
sterium nach Genehmigmitz bes Bubgcts unb
des Anlehens die Kammer auflösen und neuc
Wahlen ausschrciben wird.

Turi«, 11. Febr. Die auch nach dem
einfamen Caprera gelangte Kunde vo» ber
polnischen Erhebung und deren Ausdeh-
nung hat den Alten im Barte zu einem
Hülferuf veranlaßt, deffen Wirkung aber von
etwas nüchterneren Menschenkindern, als er
selbst ist, sehr in Zweifel gczogen wird. Ga-
ribaldi wendet sich troß so mancher Ent-
täuschungen neuerdings wieder an das eng-
lische Volk, für welches er eine ganz eigen-
thümlichc Art von Kultus im Herzen zu lra<
gen scheint. Sein Schreiben lautet wie folgl:
„Caprcra den 4. Febuar. Englisches Bolk!
Jch war vor einiger Zeit der Gegenstand dei-
ner Meetings, und dieses wird ber Stolz mei-
nes Lebens bleiben. Aber weißt du aüch,
welches der wahrc Zweck dieser hochherzigen
Versammlungen war? Es war eine den Ge-
setzen der Gerechtigkeit und der Menschiichkeit
dargebrachte Huldigung, kraft welchen, wenn
sie einmal von Allen anerkannt sein werden,

fie Andere um Rath. Die Kaiserin ist cine gute
.Freundin, deSwegcn hat fie auch vortrefflich eFreunde.
Mit lhrer erhabencn Scele licbt fie alle von Her- !
zen, aber es ist schwer, Freundin, Souvcrainin und ^
Mutter zu sein. Der Respect sctzt immer gcwtffe
Grenzen. Für alleS, «as ihr gcfällt, tst fie im
Anfange enthufiasmirt uno zeigt ein Vertrauen,
daS langc anhält, viellcicht bald schwindet. Sic
ltebt Dich schr, aber Du weißt, daß die Liebe zu
thren Ktndern momentan tn Mißtrauen und KLlte
übersprtngt. Am ersten Schmerz über mcincn Tod,
der inzwifchcn kein so schreckltchcr Veriust sein wird,
kann fie in Dtr wicder aufleben; alle Liebe, die fie
für mich hatte, wird sie auf Dich übcrtragcn, denn '
fie welß, daß Du meine Frcundin bist, daß ich Dich
liebe. AlleS wirb dann von Dir abhängcn. Dein
fcineS Gefühl «ird ihr wohl thun. Du kennst dic
Kaiferin, wic fie eS licbt, über alles, was ihr theucr
ist, waS fic interesfirt, und besonderS über ihrcKin- !
dcr zu sprcchen; nicht bios mit Lcuten, deren Stel-
lung ein solcheS Vertrauen vcrdient, sondern mit
dem Ersteu, der fich vorstellt. Wcnn diesc eS »er-
stchcn den Moment zu benützcn, können fic ihr oft
etwaS tn den Kopf setzen. Die Kaiserin ist schr ,

der Mensch Sibi'rienS den an den Ufern der-
Magellansstraße Geborenen Bruder iieniien
wird. Später hast du, britisches Bolk, durch
Arbiiismangcl selbst zu schwerem Nothleiden
verdammt, dein Elend verherrlicht, indem du
den Befreiern des schwarzen Sklaven Wvrte
der Theilnahme und der Anfmunterung zu-
sandtest. Heute, hochherziges Volk, wende
dcine Blicke nach Osten, wo der weiße Sklave
in einem Meer von Blut gegen die Knute
der Vertilgung ankämpft. Armes Polen!
Vergebens trugst du Traner für die gefalle-
nen Märtprer, deine Söhne ... „Geknechtet
oder todt," sprach der Herrscher, als ob ein
Volk sterben könnte, und die Gesätti'gten die-
ser Erde nennen dein VerzweiflungSröcheln
ein ungelegenes und unzeitiges. An dich,
Brite, richte ich im Namen GotteS und der
mit Füßen getretenen Mcnschenrechtc meinen
Hülferuf. Rufe die Völker zusammen und
Millionen werden dir folgen. Stelle dich,
du kannst es hcute, den Störern der Ord-
nung der Natur, den Mcnschenquälern, die
sich aus den Nationen eine Apanäge gemacht
haben, entgegen. Sage i'hnen, daß es Zeit
ist, zu enden, wenn sie nicht von dem gräß-
lichsten der Orkane niedergcworfen und zer-
schmektert werden wollen. Du hast die Welt-
ausstellungen cröffnet, eröffne auch ein Welt-
meeting, vor welchem die Uebermüthigen der
Erde zu erscheinen haben, auf daß die von
den wahren Goltesläugnern über die armen
Polen verhängten Qualen, eine Schande un-
seres Jahrhunderts, ein Ende nehmen. G.
Garibaldi." Der zweite Brief ist an die pol-
nische Emigratl'vn gerichtet und lautek: „Meinc
Waffengefährten! Jhr verlangt von mir ein
Wort, ich würde euch lieber Thaten bringcn.
Es ist nur billig, daß sich Jtalien, für dessen
Befreiung ihr auf den Schlachtfeldern euer
Blut verspritztet, sich erhebe. Der Kampf, in
den die Verzweiflnng euer unglückliches Va°
terland hincinriß, muß die öffentliche Mei-
nung zu Gunsten euerer unterdrückten Mit-
bürger hinlenken. Es ist kcln Mangel an
hochhcrzigen Menschen aus dieser Erde, die
euch die Hand reichen werdcn. Gott erhalte
Pvlen! Euer G. Garibaldi." (S. M.)

Turin, 15. Febr. Das zu Gunsten Po-
lens in Genua abgehaltene Meeting war schwach
besucht. Die Reden waren gemäßigt gehalten,
und alS ein Redner den Vorschlag machte,
der Jnsurrection mit materiellen Mitteln zu
helfen, befahl die Polizei die Auflösung dcs
Meeiing, die ohne Opposition vollzogcn wurdc.
Die Nuhe ist vollkommen in der Stadt. Ein
ähnlichcs Meeling war in Neapel angekündigt,
fand aber nicht statt. Gestern riefen etwa
hundert Jndividuen: „Es lebe Polen", allein
bei dem ersten Einschrciten der Polizei zcr-
streuten sie sich.

Nachrichten über Polen

Ueber die von russischer Seite gemeldete
Gefangeiinehmung deS polnischen Führers Leon
Frankowski bei Zawichwost am 9. d. verlau-
tet nun, die Ruffen hätien wobl einen ver-

lebhaft. Jhre crstcn Schritte sind oft verletzend,
abcr man kann sic milder machen, und milde wird f
fie, wcnn fie vom Kaiser oder ihren Kindcrn spricht. ^
Die zu große Lcbhaftigkeit ist ihr vornehmster
Fehlcr."

Jm Winter 1760 waren dte Prinzen Albcrt und
ClemenS von Sachsen, Söhne Friedrich August UI.
von Sachsen und Polcn, nach Wien gekommen und
tn die östcrreichische Armcc eingetrcten. ClcmenS
wurdc spätcr Geistlicher und saß zuletzt auf dem
erzbischöflichen Stuhle zu Tricr, Albert gedachte ^
durch die Gnade der Kaisertn Großmeistcr des dcut- f
schen OrdenS zu werden. Maria Theresia ging auf !
diescn Wunsch nicht cin, da fie die fraglichc Würde
bcreits ihrcm Schwager, dcm Herzog Karl von ^
Lothringcn, zugcdacht hatte; fie vcrsprach indcffen !
dem jungcn Aürsten ihre Freundschaft und dte Er- ^
«eisung müttcrlicher Sorgfalt in allcn Diensten. -
Er sollte erfahren, wie heilig fic thr Versprcchcn '
hiclt, denn sic gab ihm das Liebstc ihrcs Lebens,
ihrc Tochtcr Chrtsttne, und bereitete ihm eine Stel-
lung, wie er als apanagtrter Prinz ohne Land und
Lcute sie fich wohl nicht hättc träumen laffen.

(Kvrtsetzung folgt.) i

wundeten Frankowskk, doch nicht den polni-
schen Führer Leon Frankowski, sondern ei'nen
Schülcr der polptechiiischen Schule glei'chen
Namens aefangen genommen.

Modlin, 8. Fcb. Au gefangeuen Rebcücn
bcfinden sich in Modlin 4000, außer 54 mehr
oder weniger schwer Verwundeten, von denen
bereits 2 ihren Wunden erlegen sind. Dke
Schußwunden sind schrecklkch, der russische 6"'
Stutzer ekne fürchterliche, zerstörende Waffe;
entseßlkch sind dke Kopfwunden durch die kräf-
tkgcn Säbelhiebe der Kofacken, so daß sie biS
aufs Gehirn durchgedrungen und deffen Pul-
satkonen deutlkch erkennbar sind; eknem War-
schauer Schulmekster ist sogar ekn ganzes
Stück, wie der Deckel einer Theekanne, vom
Schädel ganz weggehauen. Vkele Berwundete
habenLanzenstkche, oft zu 3 — 5, aber alle mcist
von — hinten, im Gcgensatze zu den zucrst
gebrachten 19 Soldaten, deren Wunden alle
in Gesicht, Brust, überhaupt an der Vorder-
sekte sinb. — Allc Schußwunden der Soldatcn
sind mit Schrot bewkrkt und darüber stnd diese
höchst aufgebracht unv schwören, die Rebellen
bald zu überzeugen, daß ste trotz dem grauen
Klekde doch keine Hasen sind. Von bcn Ge-
fangenen sind bis jctzt 44 burch daS Kriegs-
gericht abgeuriheilt und von diesen 23 zum
Tode, wahrscheinlich durch Erschießen. Dies
Urthekl wird bcreits vollstreckt sein, sagt der
Corresp. der „Schles. Ztg.", ehe Sie noch diese
Zeilen lesen wcrden.

AuS Warfchau vvm 11. Febr., Abenbs,
wird der Nationalzeituug nnter Anberm ge-
schrieben: Man erzählt sich uncrhörte Grau-
samkciten von den russischen Truppen. So
soüen sie in ber Stadt Tomaszow (Lubliner
Gouvernement) 17 Beamte aufgehängt haben,
trotzdem, daß sich die Offiziere bieser Barbarei
widersetzlen. Die Kosaken plünbern die Ge-
sangenen und Todten bis auf's Hemde auS
und verkaufen ben Raub in den Städten.
— Jn den Städtchen Wonchock unb Su-
chednow haben die Truppen fürchterlich
gehaust und dic ruhigen Bewohner niederge-
metzclt. Die schöne Stadt Puiawp soll ge-
plündert wvrden seiu.

Warschau, 11. Febr. Hicr in Warschau
wird die Stimmung stündlich trüber, dic Be-
hvrde immer argwöhnischer und ängstlichcr.
Vorgestern Nachts wurde bei einem der ersten
hiesigen Banquiers, Herren Rawicz u. Cie.,
nach Waffen Haussuchung gehalten. Der Ver-
walter auf den bedeutenden Gütern dieses
Hauscs, ein Deutscher, unb der in dem an-
grenzenden Gute Altvorf (Stara Wies), eben-
falls ein Deutscher, welche dcn Aufständischen
Lebensmittel zugeführt haben soüeu, sind nach
der Citadelie gcbracht worden. Heutc wurde
ein Haus auf ber Senatorenstraße plötzlich
von Militär umringt und alle in demselben
sich besindenden Leute arretirt.

Petersburg, 11. Febr. Ueber die Be-
waffnungsail ber Jnfurgenten berichtet bie
„Akaremie-Zeitung" aus Grodno, daß dieselbe
ans Sensen und zweiläufigen Gewehren, dann
auS Hacken bestehc, wclche letztere, an Zwirn
! befeftigt, mit großer Geschicklichkcit geschleu-

Jm Circus Renz in Wicn producirt fich gcgcn-
wärtig der Löwcnbändiger Batty. Die „W. Ztg."
schreibt übcr dic Vorstcllungeii dcSselben: Ein mäch-
tiger eiftrner Gitterkäfig auf eincm Wagcn wtrd
tn dic Mittc des KLfigS gezogen, von allcn Seiten
durchfichtig, von unzweifethafter Solidität. Er be-
herbergt fünf Löwen,nicht phlcgmatischc Thierc mit
cincm Anfluge von Schwindsucht, wie fic in ben
meisten Menagerien zu schaucn, sondern Besticn in
dcr Blüthe ihrcr Kraft und Wildhcit. Hr. Thomas
Batty schwingt sich >n den Käfig mitten unter die
fünf Löwen, er beginnt gicich damit, dem größten
derselben ben Nachcn aufzurcißen und seincn Kopf
in diescm cine Minute ruhen zu laffen. Ein an-
dcrer Löwe fttzt mit furchtbarem Sprunge über ihn
einige Malc wcg, cin dritter erhebt sich am Gittcr
wic sprungfcrtig. Batty schlägt auf dic brüllcndcn
Thtere, die ihn wild bald umkreisen, bald über
ihn wegsetzen. Er wirft fich auf das eine, ein an-
dercs auf ihn, er fchießt auf fie und fie wälzen flch
sämmtlich durcheinandcr. Etn fabelhafteS Schau-
spiel, erlchütternd, daß es dcn Zuschauer kalt übcr-
läuft! WaS biSher von gezähmten wtlden Thieren
gesehen wordcn, ift Kinderspiel gcgcn diesen Batty
in ber Mitte seiner fünf Löwen.
 
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