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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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3L

Srscheint, Montags auSgenoinmen, taglich.
Preis vierteljährlich 54 kr.

Sonntag, L. März


L8«3.

^ Auf die „Heidelbcrger
Zeitung» kaun man sich
noch für de» Monat
März mit 18 Kreuzern abonniren bei allen
Postanstalten, den Boken und Trägern, sowie
der Erpedition (Schiffgaffe Nr. 4).

* Politische Umschau.

Die „Kammer« Corresp." schreibt vom 26.
Febr.: Die Ministerkrisis muß heute für be-
endet gelten; Herr v. Bismarck bleibt im
Amtc.

Rach dem „Rh Kur." ist fast er'n Dutzend
preuß. Unteroffiziere, die wegen ihrer Halkung
bei den Wahlen enilaffen worden, von dem
Komite, welches die prenßische Volkskaffe ver-
waltet, in chrenvolle» unb lucrativeren Stel-
lungen untcrgebracht worden. Die Negicrung
ist wiiihend und erschreckl darüber, und möchte
daher der Aolkskaffe mit schärferen Maßre-
geln zu Leibe gehen.

Die Gerüchle von der Entlaffung Bismarck's
haben stch nicht bestätigt; die VerhandlUngen
des preiißischen At'gcordnetenhausks beweisen
thatsächlich das Verbleiben des „Blut- und
Eisen"-Politikcrs an seinem Posten. Die N.
Fr. Z. sagl darüber: Der eigenen Volksver-
tretung will man auch uicht den Schein -einer
Concession gewähren, bem Auslanbe gegenüber
wird dagegen nicht bloö der Schein, sondcrn
in Wirklichkeit Dasjenige geopsert, was bas-
sclbe sordert: die fauwse Convention selbst.
Factisch ist dem Ruffenvertrage bcreits die
Spitze abgebrochen. Jn Deutschland läßt man
sich nicht „majvrisiren," von Seiien Napoleons
uiid Englanbs aber genügt ein Wink! Daß
ma» bei solcher Politik Haß und Spolt, abcr
keinen Dank erndtet, nicht einmal bei Rußland,
dem man Schergcndienste leistct, dies versteht
sich von selbst; und daß man sich mit jenen
eisenverschlingendkn Rcden im Jn- und Aus-
lande nicht furchtbar macht, sondern das Gegen-
theil, dieS dürste Jedermann klar sein, aus-
gcnvmmen die höchsten Kreise zu Berlin. Ze
kühner in Worte», desto — matter in der
That.

Die,,Köln. Ztg." schrcibt über die russisch-
preußische Convention, daß der russische Ge-
saiibte sich bei der englischen Regierung bitter
über Prenßen beklagt habe, daß es aüein die
Schulb an dem Abschluffe der Convciition
trage; i» Rußland habe man gar nichts von
eincr solchen Maßregel wiffen wollen und
habe nur dem Drängen bcs Hrn. v. Bisinarck-
Schönhausen nachgegebe»; am meisten habe

man sich zu diesem Schritte durch den von
Berlin aus in Aussicht gesteüten Beilritt
Oesterreichs bestimmen laffen. „Unsererseits
wird man also gegcn daS Aufgeben der Ueber-
einkunft nur wenig einzuwenden haben l" setzte
der russische Diplomat hinzu.

Die „Europe" bringt Mittheilungen über den
Jnhalt dreier Noten des Hrn. Droupn de
Lhuys, die russisch-preußische Ueber-
einkunft betreffcnd: 1) an den französischen
Gesandten zu Berlin zur Mittheilung an Hrn.
v. Bismarck, freundschaftlichst die Beachtung
des Grundsatzcs der Nichteiiimischung empfeh«
lcnd; 2) an das britische Cabinet, zu einer
Berständigung über die Haltung gegenüber den
möglichen Folgen der Uebereinkunst einladend;
3) an den französischen Gesandten zu Wien,
Oesterreich wegen seiner Haliung beglückwün-
schend, ni>d zu eiiler Vereinigung mit dcn
Westmächien einladend, um cinc dauernbe Be-
ruhigung Polens durch Zugeständniffc Nuß-
lanbs, beii Vcrträge» entsprechend, zu erwir-
ken. Ferner bringk das genannie Blatt bie
Jnhalisangabe einer vierten Note, nämlich
der Antwort des englischen Kabinets;
daffelbe will mit Freuden zu dem vo» dem
Tuilerienkabinet bezeichnetenZwccke mitwirken.

Das Lager von Chalons soü diescs Jahr
zwei Monate früher als bisher, am 15. April,
bezogen werben, und auch die jährliche Con-
scription um zwei Monaie früher stattfinben.
Preußen wird indcß, wie man allgeinein glaubt,
diese Demonstrativnen nicht abwarten, das
Offensive seiner Coiivention hinwegdemonstri-
ren und, wie immer, muthig, weil stark, zu-
rückweichen.

Der „Times" wird aus Paris geschriebcn:
„Jn bem Entschluß der sranzösischen Regie-
rung, zu Giinsten Polcns zu inicrveniren, ist
nach Allem, was ich hörc, kein Zweifel. Na-
türlich hofft sic, daß dicse Jntervention eine
diplomatischc bleiben wird, aber wenn Noten
und Vorstellungen nichts frommen sollten, u.
wenn Preußen im Enlschluß verharrt, Ruß-
land bei dem Versuch zur Zermalmung Po-
lens alö Gchülse zu dienen, so würde man
sich nicht wundern, eine französische Armee
am Rhein zu schcn. Die Anslieferung der
jungen Polen, die neulich vvn hier nach Po-
len gereist sinb, an die russische Polizei, hat
das Publikum so vollständig empört, daß jedc
Bewegung des Kaisers, untcr der Bedingung,
daß England dieselbe billigt oder sich ihr an-
schließt, in diesem Augendlick populär sein
würde.

Wien, 25. Febr. Ein erschütterndcS Drama,
deffcn Schauplatz vorgcstcrn Nachmittag das Wäld-
chcn in dcr Nähc des Brigittenaucr Jägerhauses
war, isl im gcgcnwärtigen Augenblick das TageS-
gespräch in drn vornehmcn Kreisen unscrcr Rcff-
dcnz. Graf Rcchtercn v. Rosardo, Secrctär
der nicdcrländischen Gcsandlschaft, der als ciner der
schvnsten Männer Wiens galt und gepriesen war,
wurve Nachmittags an der erwähnten Stellc, in
scinem Blutc schwimmcnd, als Leiche aufgcfunden.
Der junge Mann — er war crst 27 Jahrc alt —-
war als dekiagcnswerthcs Opfcr jcnes Vorurtheils
g-fallen, wclches die b-lcidigt gcglaubte Ehrc nur
mit Blut abwaschen hcißt. Es wurde zwar bei dem
Todtcn ein abgcschvffenes Tcrzervl und cin Zettel
vorgcfundcn, worin er sich als Sclbstmörder bekcnnt.
Allcin schon der Umstand, daß dic Kugcl, welchc
ihm in die Brust gcdrungcn war, vorher dcn rcch-
ten Arm gestreift hatte, fprach gegcn diefe Angabe;
zudem faud man auch hxj pcr Leiche das Schuß-
ziel, wclches durch Ziegel markirt war und unge-
sähr 18 Schritte betragen haben mochte.

Zu diesen beiden Umständen, an und für fich

schon hinreichcnd, um einen stattgcfundcnen Zw ci-
kampf zu constatircn, tritt aber noch die Aussage
cincs Augenzcugen. Es ist dieS ein Maurer, der,
von dcn Mitwirkenden unbemerkt, dqs blutige
Drama mit angesehcn hatte. Derselbe crzählt, daß
ihrer sechs Herrcn, darunter ein Cavallcrieoffijier,
in mehrcren Wagcn angcfahren kamen, und daß,
nachdem dcr scchste auf deN crsten Schuß gcfallcn
war, die übrigen fünf ihn licgen licßen, ohne sich
wcitcr um ihn zu kümmcrn, auf und davon fuhren.
Dcr Förster, welchcr glcich nach dem Schuß auS
dem Jägerhause auf den Schauplatz des unglück-
lichcn Ereigniffes geeilt war, will dic davonfahren-
den Wagcn noch bcmcrkt haben. Wer jcne fünf
Hcrren warcn, ist biS zur Stunde, da wir dicses
schreiben, noch nicht crmtttelt. Dic Sache macht, wtc
gkfagt, grvßeS Aufsehcn, und namentlich fpricht sich
allenthalben über dic bei Lhnlichcn Vorkommnissen
fast uncrhörte Art, wic Gegncr und Secundantcn
den Gefallenen scincm Schicksal überlicßcn, große
Entrüstung aus.

Die Kreisc, welche sich mit diesem Ereigniß be-
schäftigen, suchcn natürlich auch die unglückseligc
Vtraniassung desselben zu erforschen, und schon br-

Deutschlan d

Karlsruhe, 27. Februar. Das heutige
Reg.-Blatt Nr. 10 enthält 1) die aus Ansn-
chen ersvlgte Enthebung des Geh. Raths und
Dvmdekans v. Hirscher vom Amte eines Mit-
gliedes der l. Kammer und Ernennung des
Bundestagsgesandten Geh. Rath v. Mohl an
dcffen Stellc; 2) Verleihung des Zähringcr
Löwenorbens und zwar des Ritterkrcuzes an
Advocat Dalloz in Paris und des Comman-
deurkreuzes 2. Klaffe an dcn königlich preuß.
Obersten v. Briesen; 3) Erlaubniß zur An-
nahmc des preuß. Kronenordens 3. Klaffe an
Hoffinanzraih Kreidel; 4) Bckanntmachungen
von Ministerien: s. über die Civilrechtspflege
der Ainisgerichte; d. über die Beaussichtigung
und Leitung der Blindcn-Anstalt zu Freiburg
und der Taubstnmmen - Anstalt in Psorzheim
(durch den Oberschulrath); 5) Gestorben sind:
Psr. Dell von Jchenheim, Pfr. Utz v. Siockach,
Generalmajoc v. Etzdors und Oberarzt Dr.
Zipf dahier und Amtsarzt Schmidt iu Etten-
heiin.

Karsruhe, 27. Febr. Zn cinem officiö-
sen Ariikel sagt die „Karlsr. Zeitung": Die
„Neue Preußische Ztg." läßt sich von Karls-
ruhe schreiben, daß die Anerkennung des Kö-
nigreichs Ztalicn durch die großh. Negierung
nahe bevorstände, und knüpft daran außer an-
deren Betrachtungen, die wir ihr gönnen, die
Bemerkung, cs geschehe nur, um gegen Oester-
reich eine Demonstration zu machcu. Wir
haben keine Veranlaffung, uns darüber aus-
zusprechen, ob die Nachricht des preuß. Parkel-
blattes in der Sache begrünbet oder nicht.
Dagegen müffen wir wiversprechen, wenn der
Correspondenl außer vielsacher Entstellung dcr
Thatsachen auch die Zntentione» der großh.
Regierung in den Bereich seiner Speculation
zieht.

Karlsruhe, 26. Febr. Der Kronprinz
von Preußen ist heute Vormittag aus seiner
Re ise nach London zu einem kurzen Besuche
am hiesigen Hofe eingetroffen und im großh.
Schloffe abgestiegen.

Frankfurt, 24. Febr. Jn der gestrigen
Sißung dcr gesctzgebenden Vcrsammlung wurde
die Senalsvorlage, wonach noch etwa 45,000
fl. von bem Deficit des Schützenfcstes aufdas
Acrar übernommcn werdcn sollen, angeaommen.

Berlin, 23. Februar. Zn der heutigen
Sitzling des Hauses der Abgcordnelen wurde
über die Gesctzesentwürfe, bctreffend bie Er-
weiterung dcr Seniorenstiftung für die Jnha-
ber deS eisernen Kreuzes, die Erhöhung ber

zetchnet man eine gefeierte Schönhcit, wclche sehr
oft in dcn Logen unsercr Thcatcr glänzt, als dle
„Helcna", um bie der so unheilvoll gcwordenc Zwist
sich entsponnen hatte. Die Leichc des Grafcn Rech-
teren wurdc nvch Sonntag Rachts tn daS allgc-
meine Krankenhaus übertragen und tst dercn ge»
richtltche Section für hcute angeordnet. Als den
Gegncr deS Gefallcncn nennt man dcn k. spanischen
Legationssecretär Muruagay Nildosola, wel-
chcr indeß noch am Tage des DuellS die österrei-
chischcn Staaten vcrlaffen hnben soll.

Der Wundarzts welcher dcm Zweikampfe in der
Brigittenau beiwohnte, hat ftine chirurgischen Zn-
strumcnte in dem Fia.'erwagcn, in dem er vom
Kampfplatze zurückfuhr, vergeffen. Der Kutschcr
brachte die Jnstrumentc zur Polizei, und diese ge-
wann dadurch eincn Anhaltspunkt, um die bci dcm
tragischen Borfalle bctheiligten Persönltchkciten zu
crforschen. DaS Leichenbcgängniß des im Ducll ge-
fallencn Grafen Rechter en wird morgen Nachmit-
tag stattfinden.
 
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